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Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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verschluckt hat, entfaltet sie klopfenden Herzens das zerknitterte Stück Papier in ihrer Hand, auf dem nur zwei kurze Sätze stehen: » IN ZWEI STUNDEN HINTEN AM POOL .« Und: » SAG ’S KEINEM .«

Montag, 15 . Dezember
    1
    Eigentlich ziemlich makaber, eine Seniorenresidenz so dicht an einen Friedhof zu bauen, dachte Winnie Heller, als sie ihren Polo früh am nächsten Morgen die lange Auffahrt zur Residenz Tannengrund hinauf lenkte. Und der Friedhof hatte definitiv die älteren Rechte, so viel stand fest.
    Sie hatte schlecht geschlafen, schlecht gefrühstückt und war fürchterlich schlechter Laune, was sich noch steigerte, als ihr einfiel, dass sie vergessen hatte, Verhoeven zu bitten, seiner Tochter für heute Nachmittag abzusagen. Sie schaute auf die Uhr und zerrte ihr Handy aus der Tasche. Doch ihr Vorgesetzter ging nicht dran.
    Na toll!, dachte Winnie. Wahrscheinlich liegt der hohe Herr noch gemütlich im Bett, während ich hier frohgemut in den Frühdienst starte.
    Irén Theunes, eine gebürtige Ungarin, sprach akzentfreies Hochdeutsch. Sie war eine große, breit gebaute Frau mit strengen Augen und schulterlangem Pferdeschwanz. Trotz der Kälte trug sie lediglich eine hauchdünne Seidenbluse zu ihrem Businessrock und wirkte alles in allem eher wie eine Eventmanagerin als wie die Direktorin eines Seniorenheims. Aber wahrscheinlich erwarteten die betuchten Angehörigen der Bewohner von einer Frau wie ihr ein gewisses Auftreten.
    Sie instruierte Winnie in knappen, professionellen Worten, erklärte ihr den Aufbau der Stationen und in aller Kürze auch ihr Arbeitsgebiet. Dann gingen sie gemeinsam hinüber ins Schwesternzimmer, wo die Frühschicht gerade bei Brötchen und Kaffee die anstehenden Arbeiten besprach.
    »Das ist Frau Heller«, erklärte Irén Theunes, und sofort richteten sich sämtliche Blicke auf Winnie, die am liebsten auf der Stelle getürmt wäre. Dabei hatte sie sich sehr bewusst dafür entschieden, für diese Ermittlung ihren richtigen Namen zu benutzen. Sie war zwar eine ganz passable Schauspielerin, aber trotzdem schien ihr die Gefahr, auf einen fremden Namen vielleicht doch einmal nicht gleich zu reagieren, einfach zu groß.
    »Frau Heller hat bis zum Beginn einer Umschulungsmaßnahme noch ein paar Wochen zu überbrücken und wird in dieser Zeit ein Praktikum bei uns absolvieren.«
    »Na, phantastisch!«, fuhr die dralle Rothaarige am Kopfende des Tisches auf. »Wie schön, dass uns auch mal jemand informiert … Oder hast du das gewusst?«
    Ihr Blick suchte eine schlanke Mittvierzigerin im weiß-grün gemusterten Kasack, doch die Angesprochene schüttelte nur den Kopf.
    »Grit Backes, unsere Stationsleitung«, stellte Irén Theunes eilig vor. »Und die Dame mit dem Milva-Haar ist Nicole Freytag, eine unserer dienstältesten Kräfte.«
    Das Gesicht der Rothaarigen spiegelte noch immer Ablehnung. »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist«, bemerkte sie schnippisch. Dann schnappte sie sich eins von den Medikamentenbrettern auf dem Regal hinter sich und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer.
    »Nehmen Sie’s nicht persönlich«, sagte Grit Backes, die Winnie routiniert die Hand hinstreckte. Sie hatte raspelkurzes hellblondes Haar, das trotz seines außergewöhnlichen Farbtons eigentlich nicht den Eindruck machte, als sei es gefärbt. »Wir können hier grundsätzlich jede Hilfe brauchen, die wir kriegen können.«
    Ein Kompliment klingt anders, dachte Winnie, doch sie hütete sich, sich ihre Gedanken anmerken zu lassen.
    »Das sind Jörg Thalau und Keela D’Aabi«, stellte Grit Backes eilig auch die anderen beiden Kollegen vor, die mit am Tisch saßen.
    Winnie begrüßte eine hübsche Farbige, die etwa in ihrem Alter war. Dann blieb ihr Blick an einem teigigen Jungengesicht hängen, das sich bei näherer Betrachtung jedoch als gar nicht mehr so ganz taufrisch herausstellte. Winnie musterte es eine Weile und kam zu dem Schluss, dass der Mann, den die Stationsschwester ihr gerade als Jörg Thalau vorgestellt hatte, mindestens Mitte dreißig war.
    »Tja«, sagte Irén Theunes, die es mit einem Mal furchtbar eilig zu haben schien. »Dann nehmen Sie Frau Heller mal unter Ihre Fittiche. Und wenn Sie Fragen haben …«, wandte sie sich noch einmal an Winnie.
    »Wende ich mich vertrauensvoll an Sie«, lächelte diese, die nicht gerade besonders scharf darauf war, hier noch länger im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, und lieber sofort zur Tagesordnung übergehen wollte.
    »Dann ist

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