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Schneewittchens Tod

Schneewittchens Tod

Titel: Schneewittchens Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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inzwischen kühlen Temperaturen draußen halb geöffnet war.
    Sie fröstelte, die Arme vor der Brust verschränkt, den Blick zu den ersten Sternen gehoben. Jetzt hob auch er den Blick. Es war leichter, sich vorzustellen, dass all diese funkelnden Lichter kleine schimmernde Seelen waren, als gewaltige Feuerbälle, die dabei waren, sich gegenseitig zu verschlingen.
    Sie wandte ihm das Gesicht zu.
    »Warum interessieren Sie sich für mich?«
    Das sagte sie ganz direkt, ganz kalt.
    Warum? Nun …
    »Ich weiß es nicht.«
    »Gehören Sie zur Gattung der Aasgeier, die sich vom Unglück der anderen ernähren?«
    »Und Sie, gehören Sie zur Gattung der narzisstischen Bourgeoisie, die glaubt, alles nach ihren kleinen armseligen Maßstäben beurteilen zu können?«
    »Aasgeier und dazu aggressiv.«
    »Hm. Das hat mit meinem Minderwertigkeitskomplex zu tun. Sie wissen, meine Hautfarbe …«
    »Mir gefällt Ihre Hautfarbe.«
    Das hatte sie in einem Ton gesagt, wie sie hätte sagen können: »Reichen Sie mir bitte das Salz«, während ihre hellbeigen Ledersandalen Kreise auf die Fliesen malten.
    Er kam sich plötzlich vor, als schwebte er mit ihr, von den anderen durch eine dünne unsichtbare Membran getrennt, in einer Raum-Zeit-Blase, in der sie in einer Sprache kommunizierten, die sie allein verstanden.
    Quatsch, Chib. Sie manipuliert dich. Sie ist verrückt, Belle-Mamie hat schon Recht. Aber er hatte keine Lust, zu gehen. Er hatte Lust hier zu bleiben, sie zu berühren unter diesem sternenübersäten Himmel, der nach Flieder roch.
    Plötzlich trat der Priester zu ihnen.
    »Ach, Moreno! Sie, der sich für Ägypten interessiert … wir haben diesen Mittwoch eine Vortrag … >Amenophis IV. und die monotheistische Versuchung< von Pater Rosiere, einem unserer brillantesten Theologen, einem unermüdlichen Reisenden. Sie sollten kommen .«
    Mit einem Scheck für irgendein gutes Werk auf afrikanischem Boden, du wirst deine armen Brüder schließlich nicht im Stich lassen! Chib nickte.
    »Ich werde versuchen zu kommen«, sagte er.
    »Es findet um zwanzig Uhr im Kulturzentrum, Route des Ormeaux, statt. Blanche kennt es.«
    »Wir sind Mitglied des Vereins >Terre du Nil<«, bemerkte sie beiläufig.
    Ein Haufen Frömmler also, mit siebenstelligem Einkommen. Gut, er würde sehen. Er drehte sich um und stellte fest, dass die anderen Gäste sich langsam verdrückten. Es wurde Zeit, zu gehen.
    »Ich möchte mich jetzt verabschieden .«
    Dubois, der sich an Blanche gehängt hatte, nickte.
    »Und vergessen Sie nicht, Mittwoch, zwanzig Uhr!«
    Blanche hatte sich nicht umgedreht.
    Total verwirrt entfernte er sich, wäre beinahe mit Andrieu zusammengestoßen, der ihn zerstreut grüßte, schüttelte die trockene Hand von Belle-Mamie und trat nach draußen, mit dem Gefühl, einem verhexten Universum zu entkommen. Wie lebendig ihm sein Floride vorkam! Er ließ sich dankbar in den Ledersitz gleiten. Jedes Mal, wenn er von hier aufbrach, hatte er den Eindruck zu fliehen.
    Aber wovor fliehst du, Chib?

KAPITEL 7
    Gaelle hob den Kopf, strich eine Strähne aus der Stirn und legte Elilous Leber in ihr Kühlfach zurück.
    »Scheinbar nichts Anormales.«
    »Was suchst du denn?«
    »Spuren von Verletzungen in Folge von Schlägen. Wenn die Kleine Opfer schwerer Misshandlungen war, die den Tod hätten nach sich ziehen können - zum Beispiel eine Gehirnblutung -, hat ihr Folterer sie vielleicht getötet und dem Mord, um eine Autopsie zu vermeiden, den Anschein eines Unfalls gegeben, verstehst du?«
    »Glaubst du nicht, dass du da etwas zu weit gehst? Dass die Kleine auch ganz einfach die Treppe hat hinunterstürzen können?«
    »Hör zu, ich habe ein Praktikum zum Thema >Gewalt in der Familie< gemacht und kann dir versichern, dass es wirklich häufiger vorkommt, als man denkt.«
    »Okay, aber das heißt noch lange nicht, dass jeder Kindestod auf so was zurückzuführen ist.«
    »Im Fall eines kleinen achtjährigen Mädchens sollte man sich Fragen stellen. Zeig mal die Nieren.«
    »Verdammt, sollten wir nicht lieber an den Strand gehen?«
    »Hör auf zu meckern. Man könnte meinen, du bist Onkel Tom.«
    »Sehr nett. Hier. Viel Spaß.«
    »Glaubst du, ich werde mal so wie du sein, wenn ich älter bin?«
    »Du meinst charmant und wohlerzogen? Ich denke, die Chancen sind eher gering.«
    Sie lachte und glitt mit ihrem Skalpell in die tiefgefrorene Niere.
    Chib lag im Sand ausgestreckt und sah Gaelle beim Schwimmen zu, wie sie sicher und geschmeidig durchs Wasser

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