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Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Titel: Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lehmacher
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Heinrichshofen. Jetzt ebenfalls zu Ihnen unterwegs der Christoph 1.«
    »Zwischen Schmiechen und Heinrichshofen«, wiederholt Hardy knapp, und das Gleiche hört man von den anderen Fahrzeugen am Funk.
    Einen Moment später haben wir den Ortsausgang von Schmiechen passiert und sind auf der Bundesstraße unterwegs, ein gutes Stück vor uns fährt der Notarzt aus Haunstetten. Kurz darauf sehen wir am Horizont neben ein paar Bäumen mehrere Autos mit Warnblinker stehen, dann weitere Blaulichter, die von der anderen Seite auf den Unfallort zufahren.
    Während die Unfallstelle noch im gleißenden Sonnenlicht liegt, breitet sich dahinter eine schwarze Wolkenwand aus. Der Himmel zieht sich zu.
    »Barbara wollte am Nachmittag wieder nach Hause fahren …«, sagt Hardy.
    »Nun mal nicht gleich den Teufel an die Wand. An so einem Sonntag sind jede Menge Autos auf der Bundesstraße unterwegs.«
    Nur noch wenige hundert Meter zum Einsatzort, ich sehe vor mir nahe der Unfallstelle schon den Notarzt aus seinem Wagen steigen.
    Während ich nach einem Abstellplatz für mein Auto suche, der die nachfolgenden Rettungsfahrzeuge nicht behindert, streift Hardy schon die Untersuchungshandschuhe über.
    »Oh shit, das sieht nicht gut aus …«, sagt er und ist auch schon aus dem Wagen, um den Notfallkoffer zu holen.
    Erst als ich ebenfalls ausgestiegen und um den Wagen herumgelaufen bin, sehe ich den dunkelbraunen Minivan mit einem Aufkleber »Baby an Bord«, dessen Front und linke Seite komplett zerstört sind, die Fahrgastzelle jedoch scheint weitgehend intakt zu sein. An der Beifahrerseite lehnt ein junger Mann, das Gesicht in den Händen vergraben. Etwa zwanzig Meter weiter rennt Hardy auf einen auf dem Fußweg am Boden liegenden Mann zu, der vom Notarzt und seinem Sani bereits reanimiert wird. Die weiteren umstehenden Personen, an denen ich vorbeilaufe, scheinen dem ersten Anschein nach weitgehend unverletzt zu sein.
    »Wo bleibt das Scheißadrenalin …!?«, höre ich den Notarzt, der über dem Brustkorb des Patienten kniet, schon von Weitem rufen.
    Hardy schließt gerade den Sauerstoff an den Beatmungsbeutel an, jetzt will er gerade den Schlauch weglegen, um das Medikament aufzuziehen. »Ich mach das, mach du weiter!«, rufe ich ihm zu. Der Notarztsanitäter kniet mit dem Beatmungsbeutel am Kopfende des Patienten und versucht, irgendwie Luft in den Brustkorb zu bringen. Der Notfallkoffer der Haunstetter Kollegen ist schon offen, aber ich klappe unseren auf, in dem kenne ich mich besser aus.
    Ich ziehe das Adrenalin auf. Als ich dabei gerade die Ampulle in der einen und die Spritze in der anderen Hand vor mir habe, summt eine fette Bremse um meinen Kopf herum, setzt sich auf meine Wange und sticht mich. Ich schwitze, keine Hand frei, es ist egal. Erst als ich mit dem Aufziehen des Medikaments endlich fertig bin, fliegt sie davon.
    Am EKG sind nur noch einzelne Herzaktionen mit einer sehr niedrigen Frequenz zu sehen, Hardy macht alles bereit für eine Intubation. Der Arm des Patienten liegt in einer furchtbar entstellten Lage neben ihm, erst als der Notarzt mit der Intubation beginnt und der Notarztsani die Beatmungsmaske absetzt, sehe ich, dass auch der darunter liegende Kopf nicht nur blutverschmiert, sondern auch stark deformiert ist.
    »Scheiße, scheiße, scheiße!!!«, schimpft der Notarzt und sagt dann leiser: »Der ist doch sowieso schon tot …«
    Dann endlich scheint der Tubus zu sitzen.
    Ein Helikopter scheint sich zu nähern, aber es ist nur dieses tiefe, klopfende Geräusch in der Ferne zu hören, sehen kann man ihn noch nicht. Aus einem weiteren Rettungswagen kommen gerade drei Kollegen angelaufen.
    »Der Tubus sitzt«, sagt der Notarzt nur knapp, der Sani beatmet weiter mit dem Beutel, aber dann muss er absetzen, immer wieder ist der durchsichtige Tubus von innen her voll mit Blut.
    »Absaugen!«, schreit der Notarzt, aber ich bin sowieso schon dabei.
    Hardy macht den Beatmungsautomaten fertig, ich habe inzwischen auch Untersuchungshandschuhe an und übernehme die Herzdruckmassage. Hinter mir höre ich die Stimme von Maike, einer jungen Kollegin, die offenbar mit dem 33/04 gekommen ist.
    »Schaut ihr euch mal nach den anderen Unfallbeteiligten um«, sagt Hardy zu den Kollegen.
    Mehr unterbewusst nehme ich einen Mann wahr, der mit einer kleinen Kamera um uns herumläuft und immer wieder Fotos macht.
    »Komm – noch mal Adrenalin!«, ruft der Notarzt seinem Sani zu, der mittlerweile wieder beide Hände freihat, nachdem

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