Schnupperküsse: Roman (German Edition)
mir«, sage ich und beiße die Zähne zusammen, während der Schmerz langsam nachlässt. Da mir meine eigene Dummheit peinlich ist und ich mir vorgenommen habe, so zu tun, als wäre nichts passiert, versuche ich meine Hand von dem Wasserstrahl wegzuziehen, doch Guy hält sie einfach noch fester, bis er denkt, dass genug Wasser darüber gelaufen ist und er das Wasser abstellt. Er nimmt ein Geschirrtuch, trocknet meine Finger ab und untersucht sie eingehend. Ich muss zugeben, ich habe nichts dagegen, so nahe bei ihm zu stehen, Körper an Körper. Während ich meine Augen schließe, nehme ich die Berührung noch mehr wahr, und mein Herz schlägt schneller … doch es darf nichts passieren.
Es kommt mir vor, als wären wir Teenager im Haus meiner Eltern, nur dass ich hier ein Elternteil bin und versuche, meinem Teenager aus dem Weg zu gehen.
Ich seufze frustriert. Ich sehne den morgigen Abend herbei – keine Kinder, nur ich und Guy und ein Abendessen im Barnscote Hotel.
»Das sollte sich besser ein Arzt anschauen«, sagt er und durchbricht den Zauber.
»Ich habe mich schon schlimmer verbrannt.«
»Dann lass mich die Hand wenigstens verbinden.«
Ich schaue nach dem Erste-Hilfe-Kasten und finde zwei Schachteln ohne Verband darin vor.
»Warum überrascht mich das nicht?«, sagt Guy grinsend. Er geht, holt Verbandszeug aus dem Kasten im Melkstand und verarztet meine Finger. »Mit dem Backen ist für heute Schluss!«
»Ich muss das hier aber noch fertig machen. Morgen ist der Bauernmarkt.«
»Das mache ich. Du musst mir nur sagen, wie.«
»Dann weißt du ja all meine Betriebsgeheimnisse«, necke ich ihn. »Obwohl ich etwas Hilfe gebrauchen könnte …«
Guy bleibt noch ein paar Stunden und unterhält mich eher, als dass er backt, doch ich schaffe den größten Teil dessen, was ich mir vorgenommen habe, und mein kleiner Backunfall inspiriert mich dazu, die Lebkuchenfiguren in Ärzte, Krankenschwestern und Patienten mit Bandagen und Stethoskopen zu verwandeln.
Die Mädchen lassen sich immer mal wieder blicken, um zu fragen, wo ihr Dad bleibt. Um halb elf schlage ich ihnen vor, die Schlafanzüge anzuziehen, die Zähne zu putzen und sich bettfertig zu machen. Fünfzehn Minuten später liegen sie in ihren Betten, ich gebe ihnen einen Gutenachtkuss und verspreche ihnen, sie zu wecken, sobald David da ist. Da David und ich es eher für schwierig hielten, uns zur gleichen Zeit auf der Hälfte der Strecke zu treffen, haben wir entschieden, jeweils einen Weg hin und zurück ganz zu fahren.
»Deine Mum hat ihren ersten Arbeitsunfall gehabt«, erzählt Guy Adam, als dieser gegen 23.00 Uhr auftaucht, um die Küche nach etwas Essbarem zu durchforsten. »Deshalb hab ich ihr angeboten, ihr zu helfen.«
»Ach so. Mum, wo ist Dad ?«, fragt Adam. »Hat er dich angerufen? Bei mir hat er sich nämlich nicht gemeldet.«
»Hast du es auf seinem Handy probiert?«
»Da nimmt er nicht ab. Ich habe ihm eine Nachricht auf seiner Mailbox hinterlassen.« Adam trommelt mit seinen Fingern auf die Küchenablage. »Glaubst du, es ist ihm was zugestoßen?«
»Mach dir keine Gedanken, mein Junge. Er steckt wahrscheinlich im üblichen Wochenendverkehr fest.« Ich zögere. »Würde es dir etwas ausmachen, mir noch ein paar Etiketten auszudrucken? Ich glaube, sie sind mir ausgegangen.«
»Muss ich?«
Ich neige meinen Kopf zur Seite.
»Na gut«, sagt er mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen und verschwindet in den Vorraum, um den Drucker zum Leben zu erwecken, so dass Guy mich ganz kurz umarmen kann.
»Morgen …«, murmelt er und streicht seine Lippen über meine Wange.
»Morgen«, wiederhole ich.
Ich bringe ihn – in gebührendem Abstand – durch den Vorraum in die Diele, wo er seine Stiefel anzieht.
»Tschüs, Jennie«, verkündet er laut, während er mich zu sich zieht und mir einen Kuss auf die Lippen drückt.
»Bis dann, Guy«, erwidere ich und unterdrücke ein Kichern über unseren Täuschungsversuch.
Als ich ihm die Tür öffne, taucht Adam auf und wedelt mit mehreren Blättern bedruckter Etiketten in der Hand.
»Ich brauche nur ein paar. Danke, Adam«, füge ich hinzu und nehme sie. »Du kannst mir helfen, sie aufzukleben, wenn du magst.«
»Nein«, erwidert er. »Ich versuche noch mal, Dad zu erreichen.« Er dreht sich um und verschwindet mit seinem Laptop und dem Telefon in seinem Zimmer. Währenddessen frage ich mich, ob ich mich vielleicht nicht mehr dafür interessieren sollte, was er da so genau auf Facebook
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