Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Gesichtsausdruck an, als ob er sagen wollte: Haben Ihre Kinder diese eigenartigen Ideen von Ihnen?
»Haben Hühner Gefühle?«, fragt Adam.
»Das wirst du sehen, wenn ihr welche habt«, antwortet Guy, und leiser Humor blitzt in seinen Augen auf.
»Lucky hat Gefühle«, fährt Adam fort. »Er liebt schon jetzt sein neues Zuhause, aber baden mag er nicht.«
Als Guy wieder nach Hause geht, danke ich ihm für die Zeitung.
»Ich bin froh, dass Sie über unsere Meinungsverschiedenheiten noch einmal nachgedacht haben und wir sie klären konnten.«
»Ja«, sagt er und schaut mich an. »Sie und Ihre Kinder sind nicht ganz das, was ich erwartet habe.«
»Tja, vielen Dank, dass Sie mir das Haus verkauft haben – ich liebe es.«
»Ganz ehrlich, ich wollte nicht, dass Sie es bekommen«, sagt er schroff. »Der Gedanke, das Haus an eine reiche Städterin zu verkaufen, die keine Ahnung hat, wie die Dinge hier laufen, passte mir überhaupt nicht. Ich vertrete die Auffassung, dass die hiesigen Häuser von Einheimischen gekauft werden sollten. Das Problem ist nur, dass diejenigen, die hier geboren wurden, sich Häuser wie dieses nicht leisten können.« Er zögert. »Es gab noch einen anderen Bewerber für Uphill House, ein Bauunternehmer, der die Scheune ausbauen und weiterverkaufen wollte. Ich wollte auf keinen Fall, dass Uphill House in seine Hände fiel, und so waren sie und ihre Familie das kleinere von zwei Übeln.«
Was soll ich dazu sagen, denke ich. Ich wurde bisher noch nie als ein »Übel« bezeichnet.
Guy lächelt wieder, aber ich kann nicht zurücklächeln. »Danke für den Kuchen.«
Ich erwarte nicht von ihm, mich anzulügen, doch hätte er etwas taktvoller sein können. Ich bin ziemlich verletzt, und einen Moment lang wünsche ich mir, wieder in meinem alten Haus, in der Nähe meiner Freunde, zu sein. Dann erinnere ich mich, was Fifi zu den Gründen des Verkaufs von Uphill House gesagt hat, und langsam dämmert mir, warum das Ganze für ihn so schwierig gewesen ist. Das Haus zu verkaufen war für Guy nicht nur eine wirtschaftliche Entscheidung, sondern auch eine emotionale.
6
Marmeladenkuchen
Das Foto von mir in der jetzigen Ausgabe des Chronicle , auf dem ich in der Küche stehe und eine Schürze mit »Jennie’s Cakes« vorne drauf trage, sieht ausgesprochen kitschig aus, doch hoffe ich, mit der Anzeige Interesse zu wecken. Ich lasse die Zeitung auf der entsprechenden Seite auf dem Küchentisch liegen, in der Hoffnung, dass die Anzeige David ins Auge springen wird.
»Du musst dich bekannt machen, darum geht es«, sagt Mum mir immer am Telefon, doch für mich geht es um etwas anderes, um Aufträge. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Angst, meine Kreditkartenabrechnung zu öffnen. Im Stillen habe ich gehofft, Lucky würde vielleicht auf den Postboten mitsamt der Post losgehen, so dass ich es auf ihn schieben könnte, meinen Schuldenstand nicht zu beachten.
Wir sind seit zweieinhalb Wochen hier. Es ist Freitagabend, und David ist auf dem Weg, die Kinder abzuholen, um sie mit nach London zu nehmen, wo sie das erste Mal nach unserem Umzug das Wochenende mit ihrem Vater und Alice verbringen werden. Um mich abzulenken, habe ich mich in die Küche gestürzt. Da bin ich jetzt gerade und backe Kuchen. Die Kinder habe ich mit einer Tafel Knusperschokolade nach draußen geschickt. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, zum ersten Mal hier allein zu sein. Ich bin vernarrt in das Haus und liebe es, nach Lucky zu pfeifen und mit ihm in der Abenddämmerung einen Spaziergang über »das Anwesen« zu machen, wie wir es scherzhaft nennen, doch jetzt sehe ich nur zwei endlos lange Tage allein vor mir.
Als wir noch in London wohnten, konnte ich zumindest bei meinen Eltern vorbeischauen oder meine Schwester besuchen oder mit Summer einkaufen gehen, wenn die Kinder bei ihrem Vater waren … ich hole tief Luft. Ich muss mich an den Gedanken gewöhnen.
Die Kinder sind mit dem Essen fertig, als David – noch in Anzug und Krawatte – auf den Hof fährt, seinen Wagen parkt und zur Tür geht. Lucky bellt wieder, und so bringe ich ihn in den Garten, bevor ich die Tür öffne. Davids Gefühle gegenüber Hunden sind wie die gegenüber Gewichtsbegrenzungen von Freigepäck und Radarfallen – er mag sie nicht.
Ich hatte ihm vorgeschlagen, dass wir uns auch jetzt, beim ersten Mal, auf halber Strecke treffen, so wie wir es für die Zukunft vereinbart haben, doch er hatte darauf bestanden, den ganzen Weg nach Talyton zu fahren,
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