Schockwelle
der
Bounty
.«
»Nicht ganz. Zwei Jahre später bauten Käpt’n Scaggs und der überlebende Seemann – zum Glück handelte es sich um den Schiffszimmermann der
Gladiator
– ein Boot aus den Überresten einer französischen Korvette, deren Besatzung umgekommen war, als sie von einem Sturm auf die Felsen geworfen wurde. Sie ließen die Sträflinge auf der Insel zurück und segelten über die Tasmansee nach Australien.«
»Scaggs hat Dorsett und Fletcher im Stich gelassen?«
»Aus gutem Grund. Sie zogen das paradiesische Leben auf einer zauberhaften Insel der Hölle vor, die sie im Straflager an der Botany Bay erwartete. Und da Scaggs wollte, daß die Überlebenden in Ruhe gelassen wurden, weil er das Gefühl hatte, er verdanke Dorsett sein Leben, erzählte er den Behörden der Strafkolonie, daß sämtliche Sträflinge auf dem Floß umgekommen seien.«
»Worauf sie ein neues Leben anfingen und sich vermehrten.«
»Ganz genau«, sagte Perlmutter. »Jess und Betsy wurden von Scaggs getraut und hatten zwei Söhne. Die beiden anderen Sträflinge zeugten ein Mädchen. Sie bauten eine kleine Ansiedlung und belieferten die Walfangschiffe, die im Laufe der Zeit auf ihren langen Fahrten regelmäßig Zwischenstation auf Gladiator Island machten, wie die Insel später genannt wurde, mit Nahrungsmitteln.«
»Was wurde aus Scaggs?« fragte Pitt.
»Er fuhr wieder zur See und befehligte einen neuen Klipper, der einer Reederei namens Carlisle & Dunhill gehörte. Nach etlichen weiteren Fahrten zum Pazifik zog er sich in den Ruhestand zurück und starb zwanzig Jahre später, im Jahr 1876.«
»Wann kommen die Diamanten ins Spiel?«
»Nur Geduld«, sagte Perlmutter in schulmeisterlichem Ton.
»Erst ein paar Hintergrundinformationen zum besseren Verständ nis der Geschichte. Zunächst einmal sind Diamanten, auch wenn sie der Menschheit mehr Leid und Leidenschaft bereitet haben als jedes andere Mineral auf Erden, nichts anderes als reiner, kristallisierter Kohlenstoff. Chemisch gesehen, sind sie mit dem Graphit und der Kohle verwandt.
Diamanten, so nimmt man an, sind vor rund drei Millionen Jahren im Erdmantel entstanden, und zwar in einhundertzwanzig bis zweihundert Kilometern Tiefe. Unter unglaublicher Hitze-und Druckentwicklung wurden reiner Kohlenstoff sowie Gase und flüssiges Gestein durch Vulkanschlote, die man gemeinhin als Explosionsröhren bezeichnet, an die Erdoberfläche gepreßt.
Als dieses Gemisch nach oben geschleudert wurde, kühlte der Kohlenstoff ab und kristallisierte zu äußerst harten, durchsichtigen Steinen. Diamanten zählen daher zu den wenigen Rohstoffen, die aus dem tiefsten Erdinnern an die Oberfläche gelangten.«
Pitt starrte zu Boden und versuchte sich die Entstehung der Diamanten bildlich vorzustellen. »Bei einem Querschnitt durch die Erde würde man vermutlich einen Schlot sehen, der sich nach oben zum Trichter erweitert und durch den die Diamanten an die Oberfläche wandern.«
»Oder eine Karotte«, sagte Perlmutter. »Im Gegensatz zur reinen Lava, die hohe Vulkankegel aufwirft, wenn sie an die Oberfläche gelangt, ist diese Mischung aus Diamanten und flüssigem Gestein rasch abgekühlt und zu breitflächigen Hügeln erstarrt. Man bezeichnet sie gemeinhin als ›Kimberlit-Pipes‹, so genannt nach der südafrikanischen Diamantenstadt Kimberley.
Manche wurden durch die Erosion abgetragen, wodurch die sogenannten ›sekundären‹ oder angeschwemmten Lagerstätten entstanden. Einige erodierte Explosionsröhren haben sogar Seen gebildet. Der Großteil der Steine jedoch blieb in den unterirdischen Schloten oder ›primären‹ Lagerstätten.«
»Laß mich raten. Die Dorsetts haben auf ihrer Insel einen dieser diamantenreichen Vulkanschlote entdeckt.«
»Immer mußt du mir vorgreifen«, beschwerte sich Perlmutter ungehalten.
»‘tschuldigung«, versetzte Pitt.
»Die schiffbrüchigen Sträflinge stießen, ohne etwas davon zu ahnen, in den an der Nord- und Südspitze der Insel gelegenen Vulkankegeln nicht nur auf eine, sondern auf zwei sagenhaft ergiebige Explosionsröhren. Die im Laufe der Jahrhunderte vom Regen und Wind ausgewaschenen Steine, die sie fanden, waren für sie einfach ›hübsche Dinger‹, wie Betsy Fletscher sie in einem Brief an Scaggs bezeichnete. Und nicht verarbeitete und ungeschliffene Diamanten wirken in der Tat stumpf und haben keinerlei Feuer. Sie sehen nicht selten aus wie ein merkwürdig geformtes Stück Seife. Im Jahr 1866 jedoch, nach dem amerikanischen
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