Schoener Schlaf
gefunden hatte. Da ging es auch um eine Anna, die war hinten wie vorne, was die Buchstabenfolge des Namens betraf. In dem Lied wurde auf den Dadaismus verwiesen, aber im Ursprung des Einfalls hieà es du bist von hinten wie von vorne. Und es ging um Regen, der über das Gesicht jener Anna lief, was der Sänger sehr romantisch und zugleich traurig fand.
Wenn Anna der Regen übers Gesicht liefe, würde er es in die Hände nehmen, die Regentropfen ablecken, ihr dabei immer wieder in die Augen sehen. Bleib auf dem Teppich, Kant, schalt er sich.
Es war entschieden zu schwül im Auto. Kant öffnete das Fenster.
»Danke«, lächelte Anna Stern. »Darf ich fragen, wohin es geht, Herr Hauptkommissar?«
»Zu einem Italiener. Ich habe drauÃen einen Tisch bestellt.«
»Das hört sich gut an«, meinte sie mit leisem Spott.
Die Abendsonne lieà ihr Haar warm glühen, als sie aus dem Wagen stieg.
Er griff ihre Hand und sagte: »Es ist schön, wie die Abendsonne Ihr Haar glühen lässt.« Jetzt hatte er diesen dummen Satz nicht nur gedacht, sondern auch noch gesagt.
Anna lächelte.
Er riss sich zusammen, schloss den Wagen ab und dirigierte sie in den Garten des Lokals. Der Kellner deutete zu einem Tisch im hinteren Teil der bewirtschafteten Fläche.
Die Einrichtung war toskanisch, Holzmöbel, Terrakottaböden, Lavendel und Kräuter in irdenen Töpfen, Lorbeerbäumchen artig zu Bällen gestutzt, Windlichter.
Sie erhielten die Speisekarten und wurden nach ihren Getränkewünschen gefragt.
»Zwei Prosecco zu Beginn«, sagte Kant, »und eine groÃe Flasche Wasser.«
»Danke«, meinte Anna. »Normalerweise bestelle ich meine Getränke selbst.«
»Tut mir leid. Ich dachte â¦Â« Er stockte.
»Schon gut. Warum interessieren Sie sich für Hans Sommerberg? Sie haben mich doch nur zum Essen eingeladen, um etwas über ihn zu erfahren, oder?«
»Ich habe Sie eingeladen, weil Sie mir gefallen.« Er sah sie an und erwartete einen spöttischen Satz.
»Sommerberg interessiert Sie also nicht mehr?«
Die Getränke wurden gebracht. Die schlanken Gläser waren von auÃen beschlagen und das Licht spiegelte sich in ihnen.
Kant hob das Glas. »Zum Wohl.«
»Wir sollten erst bestimmte Dinge klären«, schlug Anna vor. »Damit es keine Missverständnisse gibt. Es wäre doch schade um diesen schönen Sommerabend. Legen Sie einfach Ihre Karten auf den Tisch.«
Kant stellte das Glas ab, ohne getrunken zu haben. »Sommerberg hat die Geschichte meiner Familie beeinflusst. Mein Vater besaà eine Elektrofirma und hat für Sommerberg gearbeitet vor über zwanzig Jahren. Nur bezahlt hat Herr Sommerberg ihn nicht.«
»Dann sind Sie der Sohn eines seiner Gläubiger?«
»Ja, das bin ich«, antwortete er und trank den Prosecco an. »Mein Vater war damals so stolz, dass er diesen GroÃauftrag ergattert hatte. Sein Angebot war günstiger als das von groÃen Firmen, aber er hatte ziemlich knapp kalkuliert. Und dann bezahlte Sommerberg ihn nicht.«
»Das tut mir leid. Aber Hans will alles wiedergutmachen.«
»Wiedergutmachen?« Er lachte bitter. »Vater ging pleite und hat sich das Leben genommen. Was will er da wiedergutmachen?«
»Das ist eine sehr schlimme Geschichte«, sagte Anna leise. »Aber es ist lange her und Menschen ändern sich.«
»Haben Sie damals von der Sache etwas mitbekommen?«, fragte er. »Sie müssen noch ein Kind gewesen sein.«
»Ich war knapp achtzehn«, erklärte Anna. »Sommerberg ist der Bruder meiner Mutter. Onkel Hans.«
»Wohin ist er verschwunden?«, fragte Kant.
»Nach Italien. Das wusste meine Familie damals aber auch nicht. Und jetzt ist er erst seit ein paar Monaten wieder in der Stadt.«
»Was will er hier?«
»Er will sein Leben ordnen.«
»Sein beiseitegeschafftes Vermögen verprassen?«
»Er hat kein Vermögen beiseitegeschafft«, erklärte Anna. »Er will reinen Tisch machen. Es befinden sich noch einige Gemälde in seinem Besitz. Die wird er verkaufen und seine Schulden begleichen.«
»Die Ansprüche meines Vaters bestehen nicht mehr. Ich habe damals das Erbe ausgeschlagen, weil die Elektrofirma nur noch aus Verbindlichkeiten bestand. Auf diese Weise habe ich auch keine Forderungen geerbt.«
»Was wollen Sie dann?
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