Schokoladenzauber - Roman
helfen.«
»Was, ich ? Ich habe bisher noch nicht einmal den Friedhof betreten.«
»Wirklich nicht? Allein aus historischer Perspektive ist die Kirche einen Besuch wert, und der Friedhof ist wie eine Geschichtsstunde über Sticklepond und seine Familien, mit sehr interessanten Inschriften.«
»Das hat Jake auch gesagt.«
»Außerdem gibt es dort wirklich schöne Engelskulpturen – die solltest du sehen. Du hast doch selbst gesagt, dass du keiner bestimmten Religion anhängst, also gibt es keinen Grund, weshalb du nicht in eine Kirche gehen solltest, oder?«
»Oma ist manchmal zur Messe gegangen, aber ich hatte immer den Eindruck, dass ich zu viel von Brummbart abbekommen habe und der Turm einstürzen oder die Fenster zerspringen würden, wenn ich eine Kirche betrete.«
Er lachte. »Ich glaube nicht, dass du viel von deinem Großvater abbekommen hast – außerdem bin ich derjenige, auf den Dinge stürzen, sogar Engel.«
Ich errötete schuldbewusst, obwohl Brummbart nicht wirklich hinter diesen Vorfällen stecken konnte. »Zillah ist zu deiner ersten Messe gegangen, oder? Sie gehört nicht zu Brummbarts Zirkel, obwohl sie zu den Freilufttreffen immer Thermosflaschen mit heißem Tee mitgenommen hat, so wie Oma früher, um hinterher alle aufzuwärmen.«
»Wirklich?« Raffy schien fasziniert.
»Brummbart ist Naturist, aber im ganz harmlosen Sinne – er glaubt einfach, dass man den Kräften der Natur näherkommt, wenn man unbekleidet ist. Oma hat das nie etwas ausgemacht, allerdings hat sie der Sache einen Riegel vorgeschoben, als Brummbart Mum und später mich initiieren wollte, und ich habe das Gleiche bei Jake getan. Glücklicherweise interessiert Jake die Magie nur unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten – er will Geschichte studieren.«
»Das gilt auch für mich, mich interessiert, wie die Religionen ineinandergreifen – zumindest die guten Aspekte. Erst der Mensch interpretiert die religiösen Lehren so, dass sie anderen Schmerz oder Elend zufügen können.«
»Ist das nicht eine etwas heikle Ansicht?«, fragte ich.
»Überhaupt nicht. Ich will dir nur beweisen, dass es keinen Grund gibt, warum du mir nicht beim Verstecken der Ostereier helfen solltest.« Er sah mich ernst an. »Es sei denn, die Vorstellung wäre dir zuwider, dann werde ich dich nicht länger bedrängen.«
»Du bedrängst mich nicht, aber deine vielen Fans in der Gemeinde würden sich bestimmt überschlagen, dir einen Gefallen zu erweisen.«
»Ich glaube, sie gewöhnen sich allmählich an mich, obwohl sie alle sehr nett sind – zu nett, in manchen Fällen. Du hast ja gesehen, wie es Maria angesichts der Unmengen von Essen geht. Sie hält das für einen Angriff auf ihre Kochkünste.«
»Wie sind ihre Kochkünste denn?«
»Sehr bescheiden, aber das meiste ist zumindest genießbar. Allerdings würde ich sie gerne auf diplomatischem Wege zu einem Kochkurs schicken.«
»Poppy hat erzählt, die Messe sei immer noch viel besser besucht als bei Mr Harris, wenn auch nicht mehr ganz so gut wie am Anfang.«
»Und wenn erst einmal alle merken, wie langweilig ich bin, werden noch weniger kommen. Aber hoffentlich nicht so wenige wie zuvor.«
» Du würdest auch nicht mehr in die Kirche gehen, wenn jede Messe mit einer Fuge eröffnet und beendet würde«, sagte ich. »Poppy hat mir von Mr Lees erzählt, und je nach Windrichtung kann selbst ich ihn manchmal hören.«
Raffy lachte. »Ach, er ist großartig! Ich habe ihm gesagt, dass Fugen zur Einstimmung gut seien – vorausgesetzt, es handelt sich nicht um eine Hochzeit –, doch ich habe auch dafür plädiert, dass er zum Ausklang etwas Heiteres spielt – was er sich offenbar zu Herzen genommen hat. Wie gut, dass er früher im Blackpool-Tower-Ballsaal die Hammondorgel gespielt hat.«
»Das wusste ich gar nicht! Aber Miss Winter wird das vermutlich durchgehen lassen, solange du nicht Gitarre spielst und die Leute zum Klatschen animierst. Dafür hätte sie Mr Merryman beinahe auf dem Schandkarren durchs Dorf gejagt.«
»Ich spiele nie in der Öffentlichkeit Gitarre, nur hier, wenn ich komponiere – ich schreibe auch heute noch Songs für andere.«
Einen Moment lang dachte ich voller Bitterkeit, dass ich mir seit unserer Trennung Lieder anhören musste, die er für andere geschrieben hatte. Dann riss ich mich zusammen: Schluss mit der Vergangenheit!
»Wenn ich dir Ostereier machen soll, musst du auch etwas für mich tun«, sagte ich, nahm die Schokoladenreste aus der Schachtel,
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