Schokoladenzauber - Roman
– aber das reicht! Es sind schon die wildesten Gerüchte im Umlauf.«
»Das legt sich bald wieder«, beruhigte ich ihn. »Und wenn dich jemand darauf anspricht, leugne einfach, dass du das bist.«
»Das tue ich schon. Aber ich wollte dich bitten, mir meine Dummheit zu verzeihen, und dir sagen, dass ich meine Lektion gelernt habe. Ich habe mich offenbar mit den falschen Leuten umgeben; wenn ich auf dich gehört hätte, wäre nichts von alledem geschehen.«
»Aber selbstverständlich verzeihe ich dir – es gibt nichts zu verzeihen«, sagte ich fröhlich. »Und du wirst dich bestimmt auch wieder mit Mel vertragen.«
»Das glaube ich nicht«, widersprach er schroff. Offensichtlich war sie dramatisch in Ungnade gefallen, obwohl sie ihn garantiert zurückerobern konnte, wenn sie nur wollte.
Dann lächelte er mich an, küsste mich auf die Wange und sagte: »Du bist so nett und großzügig, das habe ich gar nicht verdient – und dass wir uns nicht mehr so häufig sehen können, war ja auch nicht ernst gemeint, sondern bloß wegen meines dummen Benehmens mit Mel. Aber jetzt …«
Hinter mir ging die Tür zum Museum auf, und dann rief Raffy zaghaft: »Chloe, bist du da? Dein Großvater will wissen …«
Bei Davids Anblick verstummte er. Die beiden Männer beäugten einander. Dankbar für die Unterbrechung sagte ich: »Kennt ihr euch? David Billinge, Raffy Sinclair, unser neuer Vikar. Und jetzt musst du mich wohl entschuldigen, David, ich habe Brummbart versprochen, ihm heute Nachmittag im Museum zu helfen.«
»Ja, natürlich, und – sind wir wieder Freunde?«, fragte er.
»Natürlich«, sagte ich, scheuchte ihn hinaus und schloss mit einem erleichterten Seufzer die Tür.
»Tut mir leid wegen der Störung«, entschuldigte sich Raffy und ergänzte düster: »Ich wünschte, du könntest mir so einfach vergeben.«
»Aber ich habe dir längst vergeben – das habe ich dir doch gesagt«, beharrte ich, aber er suhlte sich so in seinen Schuldgefühlen, dass er mir noch immer nicht glaubte. »Hat Brummbart dich hergeschickt? Und was machst du überhaupt hier? Poppy sagt, Vikare hätten um diese Jahreszeit alle Hände voll zu tun!«
»Das stimmt, aber dein Großvater hatte das plötzliche Verlangen, über die heidnisch-christliche Bedeutung von Ostern zu sprechen, allerdings muss ich jetzt wirklich weg.«
»Hattest du Glück mit dem Esel für die Palmsonntagsprozession?«, fragte ich, als wir zu Brummbart ins Museum gingen, und Raffy grinste plötzlich, wieder mehr er selbst.
»Offenbar ist der Esel keine Pflicht. Ich hoffe, ihr kommt alle und macht mit. Ich werde am Pestfriedhof ein besonderes Gebet sprechen.«
»Klingt gut«, sagte Brummbart, aber was hieß das schon bei ihm?
Dann brach Raffy auf, aber ich hatte eines begriffen: Ich musste etwas unternehmen und ihm beweisen, dass ich ihm wirklich vergeben hatte, sonst würde er ewig in seinen Schuldgefühlen gefangen sein.
Und so holte ich nach dem Essen, als Jake in seinem Zimmer war, zu laute Musik spielte und angeblich mit Kat für die Schule lernte, die beiden Hälften des großen Engels hervor, die ich mit der restlichen Schokolade unserer Verkostung gemacht hatte – die mit dem Extrapepp.
Ich schrieb eine Nachricht auf einen Zettel, legte ihn in die eine Hälfte und fügte den Engel mit geschmolzener Schokolade zusammen. Sie war nicht temperiert, aber der Engel würde sicher nicht so lange intakt bleiben, dass sich eine weiße Naht abzeichnete.
Dann rief ich zu Kat und Jake hinauf, dass ich noch einmal weggehen würde und sie nichts Unerlaubtes tun sollten. (Warum sagte ich immer so einen Blödsinn?) Vielleicht hatten sie bei der Musik auch gar nichts verstanden, aber sie würden mich ohnehin kaum vermissen. Ich zog meinen Mantel an und machte mich auf den Weg zum Pfarrhaus.
Ich wollte meinen Friedensengel in seiner goldenen Schachtel vor Raffys Tür stellen. Zu klingeln und so schnell wie möglich wegzulaufen schien mir die beste Idee zu sein. Dann konnte er die Schokolade und meine Botschaft in Ruhe verdauen.
Kapitel zweiunddreißig
Engelkunde
I ch nahm den Hauptweg zum Pfarrhaus, um mich zu vergewissern, dass Raffy nicht in der Nähe war, wenn ich die Auffahrt hinaufschlüpfte und den Engel auf die Schwelle stellte.
Leider hatte mich Maria Minchin gesehen, denn sie schoss in dem Moment aus der Tür, als ich die Schachtel abgesetzt und geklingelt hatte. Sie war eine recht imposante Erscheinung, und dass sie ein Nudelholz schwenkte, war auch kein
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