Schokoladenzauber - Roman
noch mehr dazugeben.«
Die Schokolade muss eine Stunde lang erhitzt und gerührt werden, bevor man weitere Kuvertüretaler ins Bad geben kann, um die Schokolade herunterzukühlen, und wenn dieser Prozess einmal im Gang ist, kann mich nur ein Stromausfall stoppen.
»Nein, natürlich nicht, aber Raffy Sinclair war gerade hier, und ich dachte, das wolltest du gerne wissen.«
»Was, bei euch im Reitstall?«
»Ja, er hat uns mitten bei unserem zweiten Frühstück erwischt. Angeblich will er in den nächsten Wochen jeden Haushalt der Gemeinde aufsuchen und sich vorstellen, und er fängt mit Mr Lees und den Mitgliedern des Gemeinderats an. Bei Effie Yatton war er schon, und nach uns ist Felix dran.«
»Der hat es aber eilig – er ist doch gerade erst gekommen.«
»Der hat es sehr eilig. Er hatte auch schon ein Treffen mit dem Kirchenrat und hält jeden Morgen und Abend eine Andacht in der Kirche ab, was der arme alte Mr Harris nicht bewältigt hat, und alle seien ihm dabei willkommen.«
»Übt denn nicht Mr Lees am Nachmittag auf der Orgel?«
»Ja, aber abends ist er meist fertig und geht zum Essen nach Hause, nur manchmal spielt er noch spät, wenn er auf dem Rückweg vom Pub die Kirche abschließt. Es hat deswegen schon Klagen gegeben, aber Mr Lees hat sie immer mit den Worten abgetan, dass er als Blinder Tag und Nacht nicht unterscheiden könne.«
»Ich habe ihn auch schon bei offenem Fenster gehört, je nach Windrichtung. Aber ich hatte gedacht, unser Pinball Wizard von Sticklepond wäre taubstumm und blind?«
»O nein, er hört sehr gut, und er spricht auch, wenn er will – er will nur meistens nicht. Aber mit Raffy hat er wohl gesprochen, denn sie gehen heute Abend auf einen Drink in den Falling Star.«
»Was? Raffy kann doch nicht unseren Pub einnehmen!«, protestierte ich empört.
»Sie gehen in die hintere Bar, und daraus wird sicher keine Gewohnheit, das ist bloß eine nette Geste.« Poppy machte eine Pause und fügte dann entschuldigend hinzu: »Er ist wirklich warmherzig und freundlich, Chloe, obwohl es komisch war, mit ihm zu sprechen, nachdem ich alles weiß. Ich glaube, er hat gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt.«
Das konnte ich mir gut vorstellen: Über Poppys Miene zogen die Gedanken und Gefühle wie Wolken über den Himmel.
»Kaum war Mum weg, um Tee zu machen, hat er mir erzählt, er sei einer alten Bekannten von der Uni begegnet, Chloe Lyon, und Mr Merryman habe ihm mitgeteilt, dass wir befreundet sind! Angeblich war er völlig überrascht, dass du in Sticklepond lebst.«
»Mit Sicherheit!«
»Das habe ich auch gesagt, und dann ist ihm wohl bewusst geworden, dass du mir von ihm erzählt haben musst. Er hat behauptet, du hättest bei seinem Anblick ziemlich schockiert gewirkt, doch er würde davon ausgehen, dass du längst vergeben und vergessen und mit der Sache abgeschlossen hättest, so wie er.«
»Was soll das denn heißen, so wie er ?«, fragte ich wütend. » Mir wurde Unrecht getan – und abgeschlossen hatte ich ganz wunderbar, bis er ausgerechnet vor meiner Haustür aufgetaucht ist!«
»Er hat angenommen, dass du verheiratet bist, weil er dich an dem Morgen mit Jake gesehen und gedacht hat, das sei dein Sohn.«
»Aber wie kommt er denn darauf …«, fing ich an, doch dann fiel es mir ein. »Natürlich! Ich glaube, Jake hat mich tatsächlich Mum genannt, das macht er oft, um mich zu necken.«
»Ich habe ihm erklärt, dass du nicht verheiratet bist und Jake dein Halbbruder ist, den du praktisch alleine großgezogen hast, und da hat er sehr erstaunt gewirkt.«
»Da hast du’s, er hat also den Brief, den ich ihm geschrieben habe, nicht einmal angesehen , sonst wüsste er doch wegen Jake Bescheid! Und jetzt glaubt er wahrscheinlich, ich hätte ihm die ganze Zeit über nachgetrauert und deshalb nie geheiratet.«
»Aber nein, bestimmt nicht, Chloe! Ich habe ihm erklärt, dass du in den letzten Jahren ein sehr erfolgreiches Schokoladenunternehmen aufgebaut hast und er auf seiner Willkommensfeier sogar etwas von deiner Wunschschokolade gegessen hat.«
»Wäre sie ihm doch im Halse stecken geblieben.«
»Das meinst du nicht im Ernst, sein plötzliches Erscheinen hat nur alte Wunden wieder aufgerissen. Ich bin sicher, heute ist er ein ganz anderer Mann als der, der dich damals im Stich gelassen hat. Ein netter Mann.«
»Niemand kann aus seiner Haut.«
»Doch«, widersprach Poppy schlicht. »Auch der schlimmste Sünder kann bereuen. Und das hat er, sonst hätte ihn die Kirche
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