Schokoladenzauber - Roman
bedenken. »Aber ich bin dabei. Gehen wir das Risiko ein.«
»Ich lieber nicht, ich muss fahren«, sagte Poppy. »Übrigens, morgen findet die erste Sitzung des Gemeinderats mit Raffy als Vikar statt. Ich komme hinterher vorbei und erzähl dir, wie es war, Chloe.«
»Vorausgesetzt, dass ihn nicht noch ein Engel erwischt, und zwar richtig«, erwiderte ich.
In jener Nacht schlief ich nicht, sondern fiel in eine traumlose Dumpfheit, und als ich wach wurde, waren meine Lider wie Kissen aufgedunsen, und mein Kopf tat so weh, als wäre er ans Bett genagelt.
Ich stolperte zu meinem Beobachtungsposten hinter den Vorhängen der Werkstatt und kam gerade noch rechtzeitig, um Raffy mit seinem Hund zu sehen. Leider sah er nicht so aus, als wäre er beinahe von einem Engel erschlagen worden, doch unter seinen Augen zeigten sich die Spuren einer schlaflosen Nacht als tiefblaue Schatten.
Gut.
Als Jake im College war, ging ich zu Brummbart und holte das jüngste Teufelsbrut- Kapitel. Ich hoffte, dass das Buch bald fertig wäre; es kam mir ungewöhnlich lang vor. Aber jedes Mal, wenn sich die Story zum Abschluss schleppte, nahm sie in unerwarteter Richtung wieder an Fahrt auf.
»Was hältst du von dem neuen Vikar?«, fragte ich, während ich die losen Seiten einsammelte.
»Oh, überraschend intelligent. Er kann in einer Unterhaltung gut mithalten. Ich hätte nichts dagegen, wenn er mal wieder vorbeischaut … falls er dazu in der Lage ist.« Er rutschte in seinem Sessel herum und zuckte zusammen.
»Was ist los?«, fragte ich argwöhnisch.
»Nur ein leichter Hexenschuss. Was ist das?« Er befühlte die Kekse auf seiner Untertasse.
»Zitronensahnebeutel.«
»Ich kann keine Zitronensahnebeutel in meinen Tee tunken«, protestierte er.
»Natürlich kannst du, aber ein wenig sonderbar würde es schmecken«, erwiderte ich und ging.
»Zillah«, sagte ich auf dem Rückweg durch die Küche. »Gestern ist auf dem Friedhof beinahe ein Marmorengel auf den neuen Vikar gefallen, kurz nachdem er hier war: Hatte Brummbart etwas damit zu tun?«
Zillah saß in einem alten Sessel am Herd, vor dem Fernseher, Tabitha lag schlaff wie ein kleiner, von Motten angenagter Fellteppich über ihren Schoß drapiert.
»Wie sollte er so etwas bewirken können, auf einem Friedhof, auf geheiligter Erde?«, fragte sie, die unvermeidliche Kippe im Mundwinkel, die sich bei ihren Worten kaum bewegte.
»Bei näherer Betrachtung war das eine dumme Frage«, gab ich zu.
»Ich habe dem Vikar den Teesatz gelesen und die Tarotkarten gelegt – hat er dir gesagt, dass ich ihm die Karten in die Hand gegeben habe?«
Ich schüttelte den Kopf. »Woher weißt du, dass ich ihn gesehen habe?«
»Ich weiß alles«, erwiderte sie selbstgefällig. »Die Karten haben mir deutlich gezeigt, dass sein Herz von aller Sünde reingewaschen ist und er eine grundlegende Rolle bei den bevorstehenden Ereignissen spielen wird.«
»Sein Herz muss durch die Autowaschanlage gefahren sein«, sagte ich säuerlich und erzählte ihr dann, was am Vortag vorgefallen war. »Ich bin immer noch wütend auf ihn«, schloss ich, »weil er so leichtgläubig war und keinen einzigen Gedanken mehr an mich verschwendet hat. Er hat sogar mit Rachel geschlafen! Ich habe ihm nicht vergeben, obwohl es sicher eines Tages dazu kommen wird … in ungefähr einem Jahrzehnt.«
Dann fiel mir Zillahs Bemerkung wieder ein. »Außerdem, was soll das heißen: Er wird eine grundlegende Rolle spielen?«
Zillah zuckte mit den Achseln, der zitronengrüne Schal glitt ihr von der Schulter. Es hätte ziemlich gewagt ausgesehen, hätte sie darunter nicht die zwei Schichten rosa- und magentafarbener Jacken getragen.
»Als Vikar, vermutlich. Gregory sagt, wir müssen gegen Digby Mann-Drake alle unsere Kräfte bündeln, und das kann Raffy kaum, wenn er von einem Engel zermalmt wird, oder?«
»Das würde die Sache gewiss erschweren«, stimmte ich zu.
Kapitel einundzwanzig
Beigaben
A uf der Post erfuhr ich, dass seit der letzten Nacht Schilder an den Toren zum Strandbad und zu den Tennisplätzen hingen. Sie verkündeten, dass der Pachtvertrag im April auslaufen würde und der neue Besitzer, Mr Mann-Drake, vorhätte, die Öffentlichkeit von beiden Orten auszuschließen.
Es herrschte heller Aufruhr, und so machte ich auf dem Heimweg einen Abstecher zum Tennisplatz, um selbst das Schild zu lesen. In seinem leuchtenden Orange war der laminierte Zettel nicht zu übersehen, aber ich hatte trotzdem Glück, ihn zu entdecken,
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