Schokoladenzauber - Roman
Ortsansässigen waren gekommen, sogar Katholiken und Methodisten, und in den Gängen drängten sich die Neugierigen aus dem Umland. Laut Poppy hatten sie wie die Sardinen gestanden, und falls jemand von der Hitze all der Körper in Ohnmacht gefallen wäre, hätte er nicht mal mehr umkippen können.
Felix war dort gewesen, Janey war mit Mags gekommen, und wäre meine Mutter da, sie wäre sicher auch gegangen, schamlose Sünderin oder nicht. Selbst Jake war gemeinsam mit Kat aufgebrochen – er hatte auf der Grundschule kurz mit der Kirche geliebäugelt und sich taufen lassen und sah daher keinen Grund, der Messe fernzubleiben. Mr Lees hatte alle mit einer populären Fuge eingestimmt, die Gemeinde zum Erstaunen aller jedoch mit einer übermütigen Interpretation von »I Do Like to Be Beside the Seaside« entlassen. Irgendetwas war über ihn gekommen, vermutlich Raffy.
Nach dem Gottesdienst waren Jake und Kat in der Kirche geblieben, um sich umzuschauen, weil sie sich beide für Geschichte interessierten und die Kirche sehr alt war. Offenbar hatte sie ein nahezu einzigartiges Buntglasfenster aus dem frühen sechzehnten Jahrhundert mit einer Darstellung des Jüngsten Gerichts und besaß noch eine Reihe anderer interessanter Kunstwerke.
Dann war Raffy wieder in die Kirche gekommen, hatte sich mit ihnen unterhalten und sie ins Pfarrhaus auf einen Kaffee eingeladen, während Maria Minchin sein Mittagessen verbrannte. Er hatte ihnen auch das Haus gezeigt, und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich Jake ausquetschte wie eine reife Zitrone.
»Nun ja, das Haus ist nicht so groß, wie man von außen denken könnte, es ist zwar breit, aber nicht sehr tief«, erzählte er. »Der Salon ist riesig, an der Rückseite liegt ein Esszimmer mit einer angeschlossenen Terrasse, die er in eine Art Wintergarten umwandeln will. Einen Teil der Garderobe hat er zu einer Mini-Küche umbauen lassen, damit er sich etwas zu essen oder zu trinken machen kann, ohne die Minchins zu stören.«
»Das ist sicher überlebenswichtig, wenn Maria Minchins Kochkünste so miserabel sind, wie es heißt. Weiter, was noch?«
»In dem Ecktürmchen befindet sich eine Bibliothek, und oben liegen vier oder fünf Schlafzimmer. Die Arbeiter sind gerade fertig, und jetzt kommen die Inneneinrichter, deshalb drängen sich überall die mit Tüchern abgedeckten Möbel, aber Raffy meint, er hätte noch nicht genug an Einrichtung, weil die Sachen aus seiner Wohnung in Notthing Hill nicht ins Haus passen würden.«
»Dann wohnt er immer noch im ehemaligen Dienstbotentrakt?«
»Ja. Nächste Woche kann er in einen Teil des Haupthauses ziehen, und die Minchins können sich auch ein wenig ausbreiten. Ihre Wohnung ist wohl ziemlich vollgestopft. Das ist alles, für den Garten war keine Zeit mehr, obwohl Raffy viel darüber gesprochen hat.«
Offenbar hatte Raffy vor, den Großteil der Gartenarbeit selbst zu übernehmen, wenn die Wildnis erst einmal gebändigt war. Angeblich wollte er sogar Obst und Gemüse anbauen, was nicht ganz dem Rock-and-Roll-Lifestyle entsprach, auf den Jake gehofft hatte. Trotzdem war er von Raffy Sinclair hellauf begeistert – was für alle galt, nur nicht für mich.
»Ich habe ihm gesagt, dass ich weiß, dass ihr früher einmal zusammen wart«, gestand Jake. »Und dass ihr das nach der langen Zeit sicher vergessen hattet, bis ihr euch hier wieder begegnet seid.«
»Ja, unsere Liebe war schon unter den Sedimenten der Geschichte begraben«, bestätigte ich.
»So etwas hat Raffy auch gesagt. Übrigens wollen Kat und ich im Frühling dem Tennisclub beitreten. Dann sollte der Platz vom Pfarrhaus fertig sein.«
»Du spielst doch gar nicht Tennis!«
»Ich spiele Squash, warum sollte ich nicht Tennis spielen? Kat spielt Tennis.«
Vermutlich hätte er sich auf weit schlimmere Weise beschäftigen können.
Mittlerweile kamen wir zu spät zu dem sonntäglichen Mittagsmahl, das wir immer gemeinsam mit Brummbart und Zillah einnahmen, aber zum Glück war auch Zillah mit dem Entenbraten, den Erbsen und Bratkartoffeln in Verzug.
Zum Abschluss gab es Zitronencreme, meinen Lieblingsnachtisch, und danach war ich so vollgestopft, dass ich mich kaum aus dem Haus und in Davids Auto schleppen konnte. Als wir eine Teepause von unserer Häusertour machten, konnte ich erst recht nichts essen.
Seltsamerweise war mir nie aufgefallen, dass David immer nur über sich sprach. Wir führten nie Unterhaltungen, es handelte sich einzig und allein um Monologe! Mir war
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