Schottische Ballade
einen von ihnen hinab zu mir in die Halle.“ Der Beschließer verbeugte sich vor ihr, dann vor Lady Glenda und ging zur Tür.
„Einen Augenblick, Donald“, rief ihm Lady Glenda nach. „Ich habe einige Anweisungen, die ich dir für morgen geben muss.“ Sie wandte sich Rowena zu. „Genießt Euer Bad und schlaft wohl. Morgen könnt Ihr mir mehr darüber erzählen, welche Herausforderung Euch bevorsteht.“
„Vielen Dank, Mylady, Ihr seid überaus freundlich.“
Glenda lächelte geschmeichelt. „Wenn ich auch nicht weiß, was zwischen euch liegt, so weiß ich doch, wie ärgerlich es sein kann, sein Leben von einem starken Mann geordnet zu wissen. Gleichgültig, wie gut es gemeint ist. Es erfreute mich, Euch kennen zu lernen. Und ich habe das in den vergangenen drei Monaten zu herzlich wenigen Menschen gesagt. Ich freue mich auf unsere Unterhaltung morgen.“ Sie verließ die Kemenate mit der Anmut und Würde einer Königin.
Rowena seufzte. Sie war erschöpft und fühlte sich von den Ereignissen des Tages erschlagen. Die Stille des Raumes umfing sie wie ein heilsamer Balsam. Wie glücklich war sie, diesen Hafen zu haben.
Lion hat dies angeordnet, neckte eine innere Stimme. Dachte er daran, das Gemach mit ihr zu teilen, da fortzufahren, wo sie sechs Jahre zuvor aufgehört hatten? Nun, er sollte bald merken, dass sie nicht mehr das dumme, leichtgläubige Mädchen von einst war.
Mit diesem festen Entschluss trat Rowena an die Wanne heran und legte die schmutzige Kleidung ab. Erleichtert seufzend ließ sie sich in das heiße Wasser gleiten. Es vertrieb den Schmerz und die Kälte aus ihren müden Gliedern.
Während Rowena ihr Bad nahm, kehrten ihre Gedanken immer wieder zu Lion zurück.
Er hatte sie vor sechs Jahren im Stich gelassen, und doch blieb er die ganze Zeit an ihrer Seite, als sie Harry versorgte.
„Da sind Dinge, die du wissen solltest“, hatte er gesagt.
Welche Erklärung konnte er ihr geben, die seine Tat entschuldigte? Wenn sein Vater die Pläne geändert hatte, hätte Lion sie treffen können, um es ihr zu sagen. Hatte er gefürchtet, sie würde weinen, ihn anflehen, zu bleiben oder sie mit sich zu nehmen?
Aber das alles zählte nun nicht mehr.
Sie ließ aus einem Eimer Wasser über ihren Kopf laufen, um die Seife abzuspülen. Könnten meine Schwierigkeiten doch ebenso leicht hinweggespült werden, dachte sie, als sie dem Zuber entstieg und sich mit einem Tuch aus Leinen abtrocknete, das man beim Feuer für sie bereitgelegt hatte.
In ein warmes Nachtgewand gehüllt, kroch sie ins Bett und lehnte sich in die Kissen zurück. Sie starrte ins Feuer und fuhr mit einem hölzernen Kamm durch das zerzauste Haar. Ihre Gedanken waren beim nächsten Morgen. Sie würde beizeiten aufstehen, das beste Kleid anziehen und zusehen, dass sie den Earl beim morgendlichen Mahl zu Gesicht bekäme. Mit ein wenig Glück hatte Eneas noch keine Möglichkeit gehabt, den Earl zu sprechen und ihm die Ohren mit Lügen zu füllen.
Obgleich sie müde war, fand Rowena keinen ruhigen Schlaf. Bilder aus ihrer Vergangenheit verfolgten sie. Bilder von Lion.
Hatte er dafür gesorgt, dass sie dieses Gemach bekam, damit er mit ihr beisammen sein konnte? Der Gedanke war erschreckend und erregend zugleich.
„Oh, es ist so gut, frei zu sein. Weg von dem verdammten Ort, selbst wenn es nur für ein paar Stunden ist“, stellte Bryce fest, als sie von Blantyre davongaloppierten und sich den Hügeln zuwandten.
„Ja“, antwortete Lion. Ein schmaler Mond erhellte ihren Weg, die Luft roch frisch. Es war nicht leicht gewesen, unbemerkt an den Wachposten vorbeizukommen. Doch schon bald nach ihrer Ankunft auf Blantyre hatte sich Lion einen Nachschlüssel für die Nebenpforte anfertigen lassen. Erst einmal aus der Burg, waren er und Bryce ins Dorf gegangen und hatten ihre Pferde von Roderick, einem Sutherland, der als Helfer des Schmiedes arbeitete, geholt.
Lion wäre dankbar gewesen, wenn er das ganze Geschehen von Ränke und Bestechung hinter sich lassen könnte, doch er war besorgt um Rowena. Das Mädchen war immer starrköpfig gewesen. Obwohl er sie gewarnt hatte, Alexander fernzubleiben, und Red Will zurückgelassen hatte, um sie zu beschützen, hatte er kein gutes Gefühl.
Sie nach all den Jahren wieder zu sehen, war unfassbar. Als er neben ihr in der Halle saß und dabei ihre veränderten Gesichtszüge betrachtete, hatte ihn dieses Gefühl von neuem erfasst. Rowena war hier. Frei von Padruig, frei, einen anderen Mann zu
Weitere Kostenlose Bücher