Schottische Ballade
Gemach.“ „Genau genommen ist es nicht dein Gemach. Schon gar nicht dein Bett, obwohl ich zugeben muss, es war nicht ganz ohne Reiz, als die Bewohnerin die schöne Lady Anne war. Indes, ich habe niemals mit ihr das Bett geteilt“, fügte er hinzu.
„Es kümmert mich wenig, mit wem du das Bett teilst.“
Er lächelte und wunderte sich über die Veränderung, die die Jahre an ihr vollbracht hatten. Bereits mit fünfzehn versprach sie, eine Schönheit zu werden. Nun war sie voll erblüht. Es war Vergnügen und Qual gewesen, sie im Schlafe zu betrachten, die Sehnsucht, sie zu berühren, und doch zu wissen, es durfte nicht sein. Nicht jetzt.
„Ich hielt es für das Beste, wir sprechen alleine“, sagte er sanft. „Ich möchte überhaupt nicht mit dir sprechen. Wie bist du denn hereingekommen?“
Sie war bezaubernd. Den Blick fest auf sie gerichtet, ergötzte er sich an dem Spiel der Gefühle, die sie nicht verbergen konnte. Sie war immer lebensfreudiger gewesen als jedes andere Mädchen, das er kannte. Vielleicht hatte sein Herz sich deshalb geweigert, sie zu vergessen, auch wenn sie mit einem anderen vermählt gewesen war. „Durch das Fenster. Du schläfst immer noch bei offenen Läden.“
„Wie ich schlafe, geht dich nichts an.“ Ihre Bewegungen waren l fahrig, als sie das Laken um ihre Schultern schlang, um das Betthemd zu verbergen.
„Ich habe dich schon mit weniger gesehen“, erinnerte er sie. „Fang nicht damit an.“ Die Worte klangen scharf, schneidend, doch unter ihrem Zorn flammte etwas anderes auf, eine Verwundbarkeit, die ihn mehr bewegte als ihre Wut.
„Ich weiß, ich habe dir wehgetan ...“
Sie hob ihr Kinn. „Ja, ich war so verletzt, dass ich mich kaum zwei Wochen später vermählte.“
„Ja, das hast du getan.“ Ungewollt strich er über die wulstige Narbe, die sich an seiner Seite entlangzog. Er hatte sich noch nicht wieder erholt von der beinahe tödlichen Wunde, als er von Rowenas Vermählung erfuhr. Die Nachricht hatte fast vollendet, was der Angreifer nicht vermochte. Tagelang war sein Wille zu leben gebrochen. „Das hat auch mir wehgetan. Doch ich durchschaute deine Absicht. Schließlich habe ich dir vergeben, da ich wusste, weshalb du dich mit Padruig vermähltest.“
„Du wusstest es?“ Die Farbe wich aus ihren Wangen.
„Du wolltest es mir heimzahlen, dass ich ohne ein Wort von dir ging. Du bist immer schon ein rachsüchtiges Mädchen gewesen. Lass mich dir erklären, warum ..."
„Denkst du, das zählt noch?“
Wann hat sie das gelernt? fragte er sich und sehnte sich nach dem ungestümen Mädchen zurück, dessen launische Zunge ihm oftmals Ärger eingebracht hatte. Ärger, aus dem er sie beide viele Male befreien musste. Und hier war er wieder, um sie zu retten, ob sie nun wollte oder nicht.
„Vielleicht hast du Recht. Die Vergangenheit ist vorbei, doch mit der Gegenwart gilt es fertig zu werden.“ Er hob den Kopf. „Was machst du auf Blantyre?“
„Ich kümmere mich um meine Angelegenheiten, und ich schlage vor, du tust ein Gleiches.“
„Das kann ich nicht.“ Er lehnte sich lächelnd zurück. „Einmal der Beschützer von Mylady, immer der Beschützer von Mylady.“ Sie kniff die Augen zusammen. „Ich brauche keinen Beschützer. Nun geh, oder ich schreie, dass man es in der ganzen Burg hört.“
„Nein. Das wirst du nicht tun.“ Um sich dessen zu versichern, setzte er sich neben sie auf das obere Bettende, legte beide Hände um ihre Hüften, ehe sie mehr tun konnte, als wutschnaubend Luft zu holen. „Wahrscheinlich würde ohnehin niemand kommen. Wie du letzte Nacht gesehen hast, ist der Hof von Alexander Stewart ein gottloser und gesetzloser Ort.“
Sie roch nach frischem Heidekraut. Oh, wie sehr begehrte er sie! Das Verlangen wurde immer quälender bei der Erinnerung, wie es einst zwischen ihnen gewesen war. Der Funke war noch immer da, die Anziehung, die sie beide zusammengebracht hatte.
„Lass das“, flüsterte sie, als er die Hand hob, um ihr Haar zu streicheln.
Lion ließ die Hand zurück auf das Laken sinken. „Dann hör mir wenigstens zu. Ich weiß nicht, warum du nach Blantyre gekommen bist, doch du musst fort von hier. Heute noch. Das ist kein Ort für dich.“
„Ich werde gehen, wenn meine Angelegenheiten geordnet sind.“
„Und welche sind das?“
Ihre Brüste hoben und senkten sich unter der Bettdecke, als sie Atem holte. „Ich möchte, dass der Earl mich empfängt.“ Sie zögerte. „Mein - mein Gemahl starb
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