Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
Produkt auf der Reise vom Logistikstandort zum Dann-doch-nicht-Kunden und wieder zurück zum Logistikstandort unterwegs gewesen sei, desto schwerer sei es noch zum vollen Preis zu verkaufen. »Da sind wenige Tage Unterschied schon entscheidend. Wenn es zu lange dauert, kann die Ware angesichts der schnellen Wechsel der Modethemen nur noch mit Rabatt und somit geminderter Rendite verkaufen werden«, sagt ein Onlinemanager eines anderen Händlers.
Sollte das etwa der Grund dafür sein, dass »Sale«-Aktionen inzwischen auch bei Zalando ganz normal geworden sind? Nein, heißt es im Unternehmen: Im Sale gingen nur etwa zwölf Prozent der Produkte weg, angeblich weniger als die 20 Prozent des Branchenschnitts. Auch Zalandos langjähriger Marketing-Mann Meermann versteht die Aufregung um die 100-Tage-Garantie nicht: »Tatsächlich kommen 90 Prozent der Retouren ja innerhalb eines Monats zurück.«
Andere Online-Experten betrachten diese Aussage als glaubhaft. Jürgen Michelberger von Esprit und Ingo Heinrich, Chef und Gründer des Münchner Social Commerce-Portals stylefruits etwa halten die 100 Tage Rückgabefrist ohnehin vor allem für ein »Marketinginstrument« mit überschaubaren Folgen: »Im Online-Modehandel hat man die Retouren spätestens vier Wochen nach der Auslieferung wieder im Hause, oft schon nach 14 Tagen. Alles andere sind Ausnahmen«, sagt Heinrich. Sein Unternehmen bietet den Userinnen die Möglichkeit, aus Tausenden Artikeln der verschiedensten Hersteller passende Outfits zu kombinieren. Die werden dann auf der Seite hoch- geladen, andere Userinnen können darüber diskutieren. Und sie können die Teile selbstverständlich per Mouseklick bestellen. Für jeden Klick zu einem Onlineshop bekommt das Unternehmen eine Vergütung – auch von Zalando.
Und was sagt die Konkurrenz, die angeblich mit einer Retourenquote von 30 oder noch weniger Prozent auskommt, zur Frage, ob man Geld verdienen kann, wenn einem die Kunden jedes zweite Stück unbezahlt wieder zurückschicken? Welche Retourenquote kann man noch als langfristige Investition zur Kundenbindung akzeptieren, ab wann wird es ruinös?
»Mit 50 Prozent Retourenquote dauerhaft Gewinn erzielen zu wollen, ist zumindest sehr ehrgeizig«, sagt Deichmanns Onlineexperte Hackel. Genauer will er sich nicht äußern, weil er die Details von Zalando nicht kenne. »Über 50 Prozent wird es schwierig«, meint auch Bruno Sälzer, Chef der Damen-Luxusmarke Escada, die im Frühjahr 2013 ihren eigenen Webshop gestartet hat. »Um stabil in die Gewinnzone zu kommen, müssen sie Ihre Retourenquote eigentlich auf maximal 40 Prozent reduzieren. Das ist ziemlich sportlich.« Ähnlich sieht es der Mann vom anderen Ende der Preisskala: »Zalando sollte die Stückkosten herunterbekommen«, sagt C&A-Geschäftsführer Rothberger. Kay Hafner, lange Zeit Top-Manager im Handel und jetzt Unternehmensberater, wird noch deutlicher: »Retourenquote von 50 Prozent ist definitiv zu hoch. Ziel von Zalando muss es sein, die Quote auf 30 Prozent abzusenken«, sagt Hafner.
Zalando-Geschäftspartner Heinrich hält die Retouren-Diskussion für vollkommen überbewertet: »Das hat es doch immer gegeben: Lange vor dem Internet hatten die klassischen Katalog-Versender wie Quelle bei Jeans oder Eventbekleidung Retourenquoten von 70 oder 80 Prozent. Das war vollkommen normal.« Das bestätigt Kai Hudetz, der als Moderator oder Referent auf den meisten im deutschen Raum stattfindenden E-Commerce-Kongressen aufritt: »Damals hat nur kaum jemand außerhalb der Branche darüber geredet.« Er relativiert das Retourenproblem ebenfalls. »Solche Zahlen bedeuten nicht von vornherein, dass das Geschäftsmodell nicht funktioniert. Wenn die dahinter liegende Produktionskette darauf abgestimmt ist, kann das funktionieren. Das ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass sich jeder Prozentpunkt weniger Retouren überproportional positiv auf den Ertrag auswirkt.«
Dass diese Produktionskette bei Zalando hervorragend funktioniert, bezweifelt kaum jemand im Markt. Nicht einmal die Konkurrenten. Nur wollen die sich mit dem Lob für den »Branchen-Durcheinanderbringer« nicht zitieren lassen. Andere schon, allerdings in erster Linie solche, die mit Zalando zusammenarbeiten. Das mag für vertiefte Kenntnisse der Zustände bei Zalando sprechen, könnte aber auch die Objektivität leicht trügen. Immerhin werden die folgenden Aspekte, die ein wenig nach Lobdudelei unter Geschäftspartnern klingen mögen, hinter
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