Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
vorgehaltener Hand auch von Konkurrenten und Skeptikern als Pluspunkte für Zalando akzeptiert:
»Zalando arbeitet viel stärker als Amazon mit Emotionen und versucht, die Kundin auf dieser Ebene abzuholen. Das passt sehr gut zum Fashion- und Schuhmarkt und funktioniert gut«, sagt Hudetz. Und: »Ich bin gespannt, ob Amazon auch ins Modesegment gehen will. Wenn sie da Vollgas geben, wird das auch Zalando zu spüren bekommen.«
Ingo Heinrich indes sieht die Zalando-Maschinerie als Benchmark in Europa: »Es funktioniert einfach, es gibt eine hohe Usibility, man findet die Produkte, die man sucht, sehr schnell. Wenn auf der Seite steht, dass das Produkt da ist, ist es in dem Augenblick auch in der angefragten Größe und Farbe da. Darauf kann sich der Kunde verlassen. Das macht es sehr einfach, dort einzukaufen.« Zalando optimiere fortwährend alle Tools, das sei gut für das Einkaufserlebnis. »Zalando ist einfach exzellent gemanagt«, lobt Heinrich.
Warum Zalando durch den Markt geht wie ein heißes Messer durch die Butter, dafür hat Heinrich eine plausible Erklärung: »Zalando hatte den Vorteil, alles komplett neu aufzusetzen und sofort auf die Bedürfnisse der Kunden des Jahres 2008 abzustimmen, während viele klassische Versender das Geschäft oft noch zu sehr durch die Brille der Logistik sehen. Zalando dagegen hat wie auch Amazon vor allem die User im Blick.« Etwas komplett neu aufzubauen – das hört man auch bei anderen Kennern der Branche – ist oft leichter, als eine jahrzehntelang gut funktionierende Organisation auf ganz neue Anforderungen umzupolen.
»Sie haben einen hoch professionellen Shop, der exzellent funktioniert«, lobt Michelberger, »technisch und in den Abläufen ist Zalando fast perfekt, das geht in Richtung Amazon-Niveau, damit sind sie besser als fast alle anderen Onlinehändler.«
»Zalando ist ein Vermittler von Markenartikeln«, sagt Dieter Holzer, Chef der Hamburger Tom Tailor Group. »Für diese Aufgabe muss man richtig gut sein, denn der Kunde ist heute so umfassend informiert wie nie zuvor. Und Zalando ist darin gut.« Die Berliner arbeiten nach seiner Ansicht »sehr rational, sie haben sehr klare Vorstellungen vom passenden Sortiment und machen das meiste richtig.«
Jobs bei Zalando: Christoph Lange
Der Mann, der aus Zalando einen Waren-Automaten gemacht hat
29, Chef Technology
Die einen schreiben auf ihrem Laptop in der Berliner U-Bahn E-Mails, andere lesen etwas für die Uni oder gucken Fotos. Und Christoph Lange fährt mal eben die Server von Zalando wieder hoch. »Ja, das kam öfter vor. Und im Sommer hatte ich den Laptop auch im Park dabei – für den Fall, dass die Server down gehen.« Und dann war genau das sein Problem, denn er war und ist der CPO von Zalando, der Chief Product Officer. Heute, da Zalando Europas größter Online-Fashionhändler mit zwei bis drei Millionen Besuchern und vielleicht zweieinhalb Millionen Euro Umsatz täglich ist, kann man sich kaum noch vorstellen, dass da ein junger Mann alleine in der rumpelnden BVG-Linie U 2 mit seinem Klappcomputer das System am Laufen hielt. So war es aber damals, im Jahr 2009.
Besonders als die ersten selbst gestrickten Zalando-Werbespots im Fernsehsender ntv liefen, war Langes Einsatz zu jeder Tages- und Nachtzeit gefragt. Denn oft wurden die Spots um 22 Uhr oder noch später gesendet. Dann waren die Werbezeiten günstiger im Wirtschaftsfernsehen. Und gerne gingen die Server danach in die Knie. Nach der Erstausstrahlung hatte es genau 30 Sekunden gedauert, bis nichts mehr ging. »Der Traffic auf unserer Website stieg oft schlagartig um das 30- oder 40-fache. Das war zu viel für unsere Infrastruktur damals.«
An der Sparte des 29-Jährigen, der Technology, lässt sich exemplarisch die Entwicklung von Zalando deutlich machen: Immer gab es zu wenige Kapazitäten, immer wuchs das Unternehmen schneller als erwartet, ständig musste erweitert oder nach komplett neuen Lösungen gesucht werden. Auf der Warenseite funktionierte die zum Ziel erklärte »Skalierung« halt so gut, da mussten die Technikleute des Ansturms irgendwie Herr werden. Meistens machte Langes Truppe am Ende alles selber, statt es fertig von Dienstleistern zu kaufen. Und zwar nicht unbedingt wegen des Geldes: »Wir wuchsen immer viel schneller, als die Dienstleister entwickeln konnten. Oder uns waren die Produkte zu sehr standardisiert, zu wenig auf Zalando abgestimmt und nicht flexibel genug.« Wie bei einem großen Softwareanbieter, dessen
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