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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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habe, hätte die Führung
in der zweiten Stufe an jemand anderen abgeben müssen. Und die Marktführer
dieser zweiten Stufe seien in der dritten allenfalls noch Mitläufer gewesen.
Den Alleskönner über Evolutionsstufen hinweg habe es noch nie gegeben. »Genau
so, wie der größte Radio-Unternehmer nicht auch der größte TV-Unternehmer
geworden ist und (Zeitungszar) Rupert Murdoch nicht auch der größte
Internet-Unternehmer geworden ist. Otto, der mit Mail Order (Katalogversand) so
viel Geld verdient hat, war nicht zuvor schon der größte Supermarktbetreiber.«
Also kann Otto nach der Samwer-Theorie wohl auch keine ernst zu nehmende
Konkurrenz für Zalando sein.
    Und dann muss sogar Gott in der Argumentationskette für die
These herhalten, dass jetzt das Zeitalter der Rocket Internet-Firmen beginnt.
»Wir glauben, Gott ist am Ende relativ fair: Er gibt nicht allen Leuten das
Beste von allem. Claudia Schiffer ist nicht auch IT-Crack. Er gibt dem einen
etwas mehr Schönheit, dem anderen etwas mehr Innovationsfähigkeit. Dem
Zuckerberg gibt er Facebook, dem Bezos von Amazon Execution Power und uns hat
er auch ein bisschen davon gegeben.«
    Samwer hat sich so richtig in Schwung geredet. Jetzt macht er
den Allmächtigen auch noch zu einer Art global tätiger Kartellbehörde: »Gott
ist am Ende fair«, sagte Samwer beim e-day, »denn er stattet jeden nur mit
einer großartigen Idee aus.« Als irdische Erklärung schiebt er nach, dass
derjenige, der die Eiscreme auf den Markt brachte, »nicht auch noch Nutella
erfunden hat.« Das gibt Samwer offenbar die Hoffnung, dass jetzt er mal dran
ist mit seiner ganz großen Idee.
    Und wenn denn nun das himmlische Zeitalter der Samwerschen
Unternehmen bevorsteht, muss der Herr zwangsläufig auch reichlich Manna auf die
Auserwählen herniederregnen lassen: »Warum muss der reichste Europäer ein Spanier
sein«, fragt Samwer mit Blick auf den Gründer der Modekette Zara, Amancio
Ortega, »warum kann das nicht ein Deutscher sein?« Das Publikum lacht mit
Verzögerung. Warum müsse der reichste Möbelverkäufer – Ikea-Gründer Ingvar
Kamprad – Schwede und »warum muss der reichste Büroklammerunternehmer ein
Amerikaner« sein? Warum kann das nicht ein Deutscher sein? Warum kann das nur
der Albrecht oder der Haub sein? Warum kann das nicht der Robert Gentz, der
Rubin Ritter von Zalando sein?« fragt er in ungewohnter Zurückhaltung.
    Nach seinem Vortrag hätte man an dieser Stelle allerdings einen
ganz anderen Namen erwartet. Nämlich: Oliver Samwer.
    3
 
Online einkaufen – wer braucht denn so was?
Oder:
Wie sich unsere Shoppingwelt
verändert
     
    Manchem stationären Händler mag dieses Onlineshopping wie
ein schleichendes Gift vorkommen. Denn seine Wirkung tritt langsam ein, in den
vergangenen Jahren allerdings immer schneller. Und die Auswirkungen sind weder
zu übersehen noch zu stoppen. Sie reichen bei denen, die Online als Bedrohung
sehen, von Ratlosigkeit über leichten Umsatzrückgang bis zu Existenzangst und
Geschäftsaufgabe.
    Schon 1995 war Amazon – heute der »Über-Konzern« des weltweiten
E-Commerce – als kleiner Buchhändler in den USA Online gegangen. Wer, zumal in
Deutschland, ahnte schon, was daraus einmal werden sollte? 1997 ging Gründer
Jeff Bezos mit Amazon bereits an der Börse, nicht ganz erfolglos. Es gab also
genügend Leute, die an dieses neue Geschäftsmodell glaubten und bereit waren, ihr
Geld für Anteilsscheine zu geben. Dabei war Amazon nach klassischen Maßstäben
gemessen immer noch eher ein Hoffnungswert denn ein Unternehmen, das nach
klassischen Bilanzkriterien Erfolge vorweisen konnte.
    Einkaufen über das Internet? Das war für die meisten
Konsumenten damals noch sehr weit weg. Ganz besonders in Deutschland, wo es
eine unglaublich hohe Ladendichte gab. Brauchte man hier einen
Onlinebuchhändler? Jeff Bezos gab die Antwort und tauchte im Jahr nach dem
Börsengang im Land der Dichter und Denker auf, als Amazon den »ABC
Bücherdienst« übernommen hatte. 1998 betrug der Umsatz aller Onlinehändler
zusammen in Deutschland laut Versandhandelsverband bvh gerade 100 Millionen
D-Mark, 1999 waren es immerhin schon 328 Millionen D-Mark. Das war angesichts
eines Einzelhandelsumsatzes von 750 Milliarden D-Mark im Jahr 1999 nicht nur
eine Nische, es war sogar eine sehr kleine Nische. Und für viele Händler
vielleicht ein Grund mehr, diese neue Bewegung nicht ernst zu nehmen.
    Im Umsatzanstieg von 1998 auf 1999 manifestierte sich bereits
der

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