Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
könntest du Recht haben.“ Peter wollte zu einer Erklärung ansetzen, als sein Handy klingelte. „Was gibts Neues, Chef? – Was? – Scheisse, habe ich doch glatt vergessen. Ich komme.“ Noch nie hatte er eine Sitzung vergessen, gar nie. Wurde er jetzt senil? Dement? War das ein erstes Anzeichen für Alzheimer?
„Pfister, Pfister“, sagte der Schreiner und schüttelte nachdenklich den Kopf. „Werde jetzt nur nicht nachlässig in deinen letzten Tagen, sonst kürzen sie dir noch die Rente!“ Lautes Gelächter, während Peter aufstand, zahlte und zur Tür ging. Ihm war übel; der Tag hatte schlecht angefangen und schien nicht besser werden zu wollen.
Etwas verloren sassen Nick Baumgarten und Urs Meierhans am Sitzungstisch. Der grossgewachsene, schlanke Kriminaltechniker fasste die Auswertungen von Guido Bärs Handy und Laptop zusammen: es gab nichts zu berichten, was auf den ersten Blick auffällig war. Der Laptop enthielt Texte, Fotos, Mails und Tabellen, die üblichen Dokumente eines Mannes, der viel schrieb, viel fotografierte und alles elektronisch und mit Sorgfalt archivierte.
„Er war sehr konsequent in seiner Dokumentation, hat zum Beispiel jedes Foto angeschrieben mit Datum und Gegenstand. Wir können also davon ausgehen, dass alles da ist, was er besass, und zwar in thematischer Ordnung. Innerhalb eines Themas sind die Sachen chronologisch angeordnet, was uns wiederum hilft, sein Leben zu rekonstruieren. Ihr werdet noch einige Stunden damit verbringen müssen, das Material zu durchforsten, vielleicht findet sich ja doch ein Hinweis.“
„Es wäre einfacher, wenn wir wüssten, wonach wir suchen“, sagte Nick. „Was hat das Handy ergeben?“
„Es ist ein Smartphone der neusten Generation, aber er scheint es nur selten zum Telefonieren und für SMS gebraucht zu haben. Er hat ein teures Abo abgeschlossen, auch für Datentransfer, Mails und so, aber diese Funktionen hat er praktisch nie genutzt. Die gespeicherten Kontakte sind alle auch auf seinem Laptop zu finden. Interessant ist möglicherweise der Kalender; wir haben auf seinem Schreibtisch keine Agenda gefunden, er muss seine Termine elektronisch geführt haben. Allerdings ist auch hier festzustellen, dass in den letzten Tagen nichts Besonderes notiert ist, er scheint ausser seinem Zahnarzt seit letztem Mittwoch niemanden getroffen zu haben. Auch das Handy wurde nicht benutzt seit Donnerstag, und da hat er bei Beniak in der Praxis angerufen. Ich habe die Verbindungsdaten des Festnetzanschlusses angefordert, vielleicht ist da etwas zu finden.“
„Vielleicht“, antwortete Nick mit einem ironischen Lächeln. „Es soll ja Leute geben, die lieber für wenig Geld von zuhause aus anrufen.“ Er schob die Unterlagen von sich weg und lehnte sich zurück. Ein Gedanke war ihm plötzlich durch den Kopf gegangen, und er wunderte sich, dass er nicht schon früher darauf gekommen war. „Sag mal, Urs, du kennst uns jetzt schon seit fünf Jahren, und wir haben immer sehr gut zusammen gearbeitet. Hättest du nicht Lust, zu uns zu wechseln, als Ersatz von Peter Pfister?“
Meierhans zögerte zwei Sekunden, dann schüttelte er den Kopf. „Ich habe ehrlich gesagt erwartet und gehofft, dass du mir diese Frage stellst, Nick. Es bedeutet für mich, dass du mit mir und meiner Arbeit zufrieden bist. Ich habe mir meine Antwort lange überlegt und bin zum Schluss gekommen, dass ich bei meinen Leisten bleiben will, wie es so schön heisst. Ich bin der Mann fürs Detail, sammle Fakten, suche akribisch nach winzigen Spuren. Diese Fakten analysiere ich auch bis zu einem gewissen Grad, aber die Interpretation, die liegt bei dir und deinem Team. Ich glaube nicht, dass ich diese Fähigkeit besitze oder sie genügend entwickeln könnte; ich fühle mich am wohlsten, wenn ich euch mit meinen Befunden unterstützen kann und ihr dann das grosse Bild zusammenfügt.“
„Du unterschätzt dich, Urs. Du hast uns schon so oft einen entscheidenden Hinweis geliefert, ohne den wir den Fall nicht hätten lösen können. Du bist durchaus in der Lage, deine Funde zu interpretieren, du spürst, was wichtig ist und was nicht. Und du würdest gut zu Angela und mir passen.“
„Danke, Nick, aber ich bleibe bei meinem Nein. Ich würde die Arbeit im Labor zu sehr vermissen, der Tüftler in mir hätte kein Betätigungsfeld mehr. Und noch etwas: es ist für mich eine grauenhafte Vorstellung, jeden Tag mit neuen Menschen in Kontakt zu treten, sie zu befragen und zu verhören. Ich bin eher
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