Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
schicken? Oder besser zu einer Psychologin, ein Gespräch von Frau zu Frau wäre vielleicht eher am Platz? Er verwarf den Gedanken gleich wieder, er glaubte ja gar nicht daran, dass diese sogenannten Experten einem wirklich helfen konnten. Und überhaupt, sie hatte ihn zum Schweigen verpflichtet, und genau das würde er tun.
„Was ist los mit Angela? Sie ist draussen an mir vorbeigerauscht und hat mich kaum gegrüsst.“ Urs Meierhans kam ins Teambüro und stürzte sich sogleich auf die Croissants. „Zuviel Arbeit?“
„Vielleicht etwas übernächtigt“, murmelte Peter und tat so, als ob er sehr beschäftigt wäre.
Meierhans machte sich einen Espresso. „Nick hat angerufen, Sitzung in einer Stunde. Angela soll vorher die Liste der Kursleiter mit den Empfängern von Literaturpreisen des Aargauer Kuratoriums vergleichen – ah, hier kommt sie. Guten Morgen, Angela, gut geschlafen?“ Er grinste.
„Mässig, danke der Nachfrage, lieber Urs.“ Sie nahm ein Croissant und setzte sich an ihren Schreibtisch. „Wie genau lautet der Auftrag von Nick?“
Souverän, dachte Peter, man merkt ihr nichts an. Sie wird es überleben.
„Ausser den Fakten von unserem Kriminaltechniker hier haben wir wenig bis gar nichts.“ Nick schaute in die Runde. „Die Todesursache ist klar, K.O.-Tropfen beziehungsweise Rohypnol in Kombination mit dem Narkosegas Isofluran führten zum Ersticken. Guido Bär starb zwischen neun und elf Uhr abends. Das Rohypnol wurde ihm spätestens eine Stunde vor dem Tod verabreicht, in einem alkoholischen Getränk, dann wurde er in die Tierarztpraxis geschleppt, wo man ihm eine Narkosemaske aufsetzte und ihn ersticken liess. Mehr wissen wir nicht, wenn man es genau nimmt.“
„Doch, natürlich wissen wir mehr“, sagte Peter. „Sein Lebenspartner ist Tierarzt, hat also Zugang zu allen Medikamenten und weiss, wie man das Narkosegerät bedient. Das gilt übrigens auch für die Kleine, wie heisst sie, die Arztgehilfin...“
„Ihr Name ist Carola Biedermann“, warf Angela bissig ein, „der Beruf nennt sich medizinische Praxisassistentin.“
„.. ja, die meine ich. Sie hat ebenfalls Zugang zum Giftschrank, aber bei ihr ist kein Motiv auszumachen. Beniak hingegen hatte alles: Gelegenheit, Mittel und Motiv. Er hatte Streit mit Bär, und weil er so jähzornig ist, hat er ihn umgebracht. Das ist meine Theorie, und ihr könnt damit machen was ihr wollt.“
Nick schüttelte den Kopf. „Es stimmt einfach nicht überein, überleg doch mal. Wenn Beniak Bär im Jähzorn getötet hätte, hätte er nicht diese ausgeklügelte Methode gewählt. Er hätte ihn erstochen oder erschossen, oder vielleicht erschlagen oder mit blossen Händen erwürgt. Aber der Mord war geplant, da bin ich ganz sicher.“ Nick schaute seinem Mitarbeiter tief in die Augen. „Und noch etwas. Streit kommt in den besten Ehen vor, man kann daraus nicht einfach so ein Mordmotiv konstruieren.“ Peter presste die Lippen zusammen und schwieg, Nick auch.
Angela räusperte sich und wechselte das Thema. „Die Geschichte mit dem Aargauer Kuratorium ist wirklich interessant, hört mal. Zwei Mal im Jahr werden die förderungswürdigen Autorinnen und Autoren von einer vierköpfigen Jury ausgewählt. Sie erhalten entweder einen Projektbeitrag, oder sie können ein paar Wochen gratis und mit Spesenentschädigung in einer Wohnung im Ausland leben, zum Beispiel in Brasilien oder Wien, und dort ungestört schreiben. Ist doch toll, oder? Sie machen etwas Ähnliches auch für Musik, Film und bildende Kunst, aber uns interessiert ja nur die Literatur. Mir ist aufgefallen, dass es ein halbes Dutzend Autoren gibt, die immer und immer wieder Geld bekommen, neben einer Anzahl anderer, die in zehn Jahren nur einmal auf der Liste erscheinen. Man muss zwei Jahre warten, bis man wieder ein Gesuch einreichen kann, aber diese Leute sind regelmässig alle zwei bis drei Jahre auf der Seite der Empfänger. Es handelt sich offenbar um die besten Schriftstellerinnen und Schriftsteller des Kantons Aargau. Mein Problem ist nur, dass ich die meisten nicht kenne, obwohl ich viel lese.“
„Aber nicht das Richtige“, schmunzelte Nick. „Von meinem Experten weiss ich, dass es grosse Unterschiede gibt zwischen Unterhaltungsliteratur und den Texten, die mit Preisen und Beiträgen ausgezeichnet werden. Er hat von sprachlicher Dichte und Qualität gesprochen, aber davon verstehe ich nichts.“ Er berichtete von seinem Besuch bei Cuno von Ottenfels und verbarg dabei sein
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