Schritte im Schatten (German Edition)
erschienen waren. Einige schwächere Seelen gaben im Hyde Park auf, der einem Meer von Picknicks glich, aber manchmal gab es auch Festivitäten in gastfreundlichen Häusern. Im Haus von Peter Piper [30] und Anne Piper gab es Kessel voller Suppe und Sandwiches für, wie es schien, Dutzende von Leuten, von denen etliche unterwegs sehr unbequem in Schulen und Rathäusern geschlafen hatten. Die meisten von uns Älteren gingen nach Hause, um in ihren eigenen Betten zu schlafen, und fuhren dann mit dem Zug zu dem Ort, den der Marsch am Vorabend erreicht hatte. Ich habe über das Aldermaston-Phänomen in der
Viertorigen Stadt
geschrieben.
Inzwischen hatte sich das »Komitee der Hundert« gebildet, dessen Ziel es war, diese riesige und zusammenhanglose Bewegung in eine Waffe (ihr Wort) umzuschmieden, die atomare Einrichtungen und relevante Botschaften direkt angreifen, beschädigen und auf jede nur erdenkliche Art unterminieren und gegen die Polizei vorgehen sollte, wenn sie versuchte, dem Komitee Einhalt zu gebieten. Es war offensichtlich, dass diese Hunderttausende von Leuten, von denen viele nur ein geringes Interesse an Politik hatten, sich niemals für »direkte Aktionen« hergeben würden, und deshalb hätte es ebenso offensichtlich sein müssen, dass dies ein Plan war, die Bewegung für atomare Abrüstung zu spalten und zu zertrümmern. Mit anderen Worten, die Erben Lenins waren wiederauferstanden. Man braucht nicht Lenin gelesen oder auch nur von ihm gehört zu haben, um sein Erbe zu sein.
Es lag auf der Hand, dass die »Kampagne für atomare Abrüstung« schon sehr bald von Meldungen und Gerüchten über Gewalttätigkeiten in Misskredit gebracht werden würde, und es gab massenhaft Journalisten, die nur auf eine Gelegenheit warteten.
Es fand eine entscheidende erste Versammlung des »Komitees der Hundert« statt. Drei Arten von Leuten nahmen an ihr teil. Erstens ein paar Leute wie ich, die Kommunisten gewesen waren, der Partei den Rücken gekehrt hatten und jetzt herausfinden wollten, ob ihre schlimmsten Befürchtungen zutrafen. Zweitens Leute, die sich zwar über den Kommunismus keine Illusionen mehr machten, aber immer noch an der Idee der Revolution und Gewalt als »Waffe« festhielten. Und drittens waren da ein paar Unerfahrene, die zum ersten Mal Blut leckten. Einen von ihnen – er spielte jahrelang eine wichtige Rolle im »Komitee der Hundert« – habe ich kürzlich gefragt, was er heute von all diesem Schall und Wahn hält und was wir seiner Meinung nach erreicht hätten. Seine Antwort: »Wir haben einer ganzen Generation ein politisches Bewusstsein verschafft.« Mit anderen Worten, für ihn bestand die langfristige Leistung und Errungenschaft des »Komitees der Hundert« darin, dass es mehr Leute wie ihn selbst geschaffen hatte.
Das große Zimmer, bis auf den letzten Platz gefüllt, und die verschwörerische Atmosphäre waren mir nur allzu vertraut. Auch hier gab es wieder einen mächtigen und charismatischen Anführer, diesmal Ralph Schoenman, einen jungen Amerikaner. Er war es, der sprach, in diesem von der Geschichte selbst perfektionierten Stil, einer Kombination aus Idealismus und kalter, knapper Präzision und voller Verachtung für Gegner, die natürlich Feiglinge, Hasenfüße und moralisch völlig unzulänglich waren, denn die Menschen in diesem Zimmer trugen auf ihren Schultern die Verantwortung für die Zukunft der gesamten Menschheit.
Die Alte Garde saß da, hörte zu und ging frühzeitig. Ich saß zufällig neben Michael Ayrton, dem Bildhauer. Ich war ihm nie zuvor begegnet und sollte ihn auch nicht wiedersehen, aber unsere Beziehung war die zwischen zynischen alten Soldaten. Als wir uns auf der Straße voneinander trennten, sagte er: »Ich glaube, wir können sagen, dass wir das schon öfter erlebt haben. Es ist ein Jammer.«
Das im Lauf dieser Versammlung gegründete »Komitee der Hundert« gab sich nachdrücklich als der gesunde, ehrliche und
gute
Teil der Bewegung für atomare Abrüstung aus, und sein Leitstern war – aus Propagandagründen – Bertrand Russell.
Bei den verschiedenen Gruppen und Untergruppen wurde eine Menge Proselytenmacherei betrieben, und es wurden Versuche unternommen, die Unterstützung von Leuten wie mir zu gewinnen, denn ein Vertreter der Alten Garde ist wertvoll als Spender seines Namens für einen Briefkopf und – nicht zuletzt – als Spender von Geld.
In einem Buch mit dem Titel
The Protest Makers
, so etwas wie eine offizielle Geschichte dieser
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