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Schritte im Schatten (German Edition)

Schritte im Schatten (German Edition)

Titel: Schritte im Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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ausbreitete – aber er wurde zurückgestoßen, seine Arme wurden sanft wieder nach unten gezogen, während Jack ihm Erwachsenenfragen stellte, die Peter nicht anders als nüchtern und sachlich beantworten konnte. Derweilen musterte er Jacks Gesicht mit großen, begierigen Augen, in denen sich seine Überraschung spiegelte. So etwas war ihm noch nie widerfahren, von niemandem.
    Die Probleme zwischen Joan und mir waren nichts weiter als das Unvermeidliche zwischen zwei Frauen, die beide ihre Unabhängigkeit gewohnt waren und im selben Haus lebten. Wir kamen recht gut miteinander aus. Oft saßen wir an ihrem Küchentisch und klatschten über Leute, Männer, die Welt, die Genossen, Letzteres in zunehmendem Maße kritisch. Das Tratschen mit Joan am Küchentisch gehört zu meinen angenehmsten Erinnerungen. Wir konnten beide gut kochen, und bei den Mahlzeiten, die wir zubereiteten, standen wir in sanfter Konkurrenz. Unsere Unterhaltungen dabei fanden später Eingang in das
Goldene Notizbuch
.
    Eine Szene: Joan sagte, sie wolle mir etwas zeigen. »Ich sage dir nicht, was, komm einfach mit.« Zwei Gehminuten später fanden wir uns in einem kleinen, mit wertvollen Möbeln und Bildern vollgestopften Raum wieder. Vier Leute waren darin. Joan blieb mit mir in der Türöffnung stehen und winkte einer lethargischen Frau zu, die, mit einem dünnen Peignoir bekleidet, auf einer Chaiselongue lag. Ein Mann beugte sich über sie und offerierte ihr Champagner: Er war ein früherer Ehemann. Ein weiterer Mann, ihr gegenwärtiger Geliebter, tätschelte ihr die Füße. Ein sehr junger Mann, aufgeregt, mit gerötetem Gesicht, wartete anbetend auf seine Chance. Für uns war in dieser Szene erkennbar kein Platz, also verabschiedeten wir uns wieder. Im Hinausgehen rief uns die Frau noch hinterher: »Ihr könnt jederzeit wiederkommen, meine Lieben, ich bin hier immer so allein.« Sie litt unter einer mysteriösen Erschöpfung, die sie zum Liegen zwang, und wurde offenkundig von zwei früheren Ehemännern und ihrem gegenwärtigen Geliebten ausgehalten. »So, und nun sag mir«, sagte Joan lachend auf dem Weg nach Hause, »was machen wir falsch? Und sie ist nicht einmal besonders hübsch.« Was sollten wir anderes tun, als in unser sorgenreiches Leben zurückzukehren?
    Da waren wir also und erörterten zwei- oder dreimal die Woche unser Verhalten und das der anderen mit Mrs. Sussman. Wenn ich heute daran zurückdenke, erscheint mir all dies Wühlen nach den Wurzeln unserer Motive, was damals mit so viel Schmerzen und Schwierigkeiten verbunden war, viel weniger wichtig als: »Ich habe gerade Croissants gekauft. Möchtest du mitessen?« Oder: »Hast du die Nachrichten gehört – sie waren grauenhaft. Hast du Zeit zum Reden?« Am liebsten hörte ich ihr zu, wenn sie von den Künstlern und Schriftstellern erzählte, die sie durch ihren Vater und die Arbeit in der Partei kannte. Ich war immer beeindruckt von ihrem Wissen. Zum Beispiel über David Bomberg, der ihren Vater gemalt hatte; er wurde damals vom künstlerischen Establishment ignoriert: »Oh, mach dir deshalb keine Gedanken, das ist immer so, aber wenn er tot ist, werden sie einsehen, dass sie sich geirrt haben.« Dabei war sie ganz ruhig, während ich mich entrüstete. David Bomberg lebte sein ganzes Leben in Armut, nicht anerkannt, und als er starb, passierte genau das, was sie vorausgesagt hatte. Oder sie kam von einer Party zurück und erzählte, dass Augustus John dort gewesen sei und dass sie den jungen Mädchen gesagt habe: »Seid vorsichtig und lasst euch nicht dazu überreden, ihm zu sitzen«, denn zu jener Zeit war Augustus John bereits zu einer Witzfigur geworden. Oder sie war in dem Pub gewesen, in dem Louis NacNeice und George Barker Stammgäste waren, in der Nähe der BBC . Oder sie war in der BBC gewesen und hatte Reggie Smith, der jungen Autoren gegenüber immer aufgeschlossen war, dazu überredet, sich dieses oder jenes Manuskript anzusehen. Sie war eine der Organisatorinnen der Soho Square Fair 1954 , und es muss ihnen eine Menge Spaß gemacht haben. Ich höre ihr lautes, fröhliches Lachen und ihre Stimme die Treppe herauf: »Du wirst einfach nicht glauben, was passiert ist. Ich erzähle es dir morgen.«
    Es war Joan, die mich dazu überredete, meine »revolutionäre Pflicht« auf verschiedene Arten zu erfüllen. Ich organisierte eine Petition für die Rosenbergs, die wegen Spionage zum Tod auf dem elektrischen Stuhl verurteilt waren. Wie gewöhnlich widersprach meine

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