Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg
keinen Job mehr und echte andere Sorgen, als was
ein Manager so verdient.
Nicht umsonst ziehen viele Reiche, Unternehmer, Sportler und
andere prominente Köpfe aus Deutschland weg in Länder, in denen es keinen oder
kaum Neid gibt. Wie z.B. nach Amerika oder in die Schweiz. Umgekehrt kenne ich
keinen einzigen reichen Amerikaner, der freiwillig nach Deutschland gezogen
ist, weil er einmal Neid und Missgunst erleben wollte. Jungs und Mädels, es
gibt noch einiges zu tun für uns…
Wahrlich ich sage euch… dieses Wegstück hier ist nicht gut
für’s Gemüt!
So viel Wut und innere Aufruhr hatte ich ja schon… wenn
überhaupt schon mal… kann ich mich nicht erinnern, jemals gehabt zu haben. Als
würde mir die Seele überkochen! Und das Kilometer für Kilometer und mit jedem
Schritt wird es schlimmer. Das muss dieser Schatten sein, von dem ich schon so
viel gehört habe. So schön dieser Weg auch ist, der Schatten begleitet dich, ob
du willst oder nicht und es gibt keine Möglichkeit, ihn los zu werden. Im Leben
nicht, wäre ich auf die Idee gekommen, dass die katholische Kirche mein
Schatten ist, der mir hartnäckig an den Hacken klebt und mich mehrmals täglich
einholt. Muss was karmisches sein, aus vergangenen Leben oder so.
Hexenverbrennung könnte ich mir gut vorstellen. Aber ich kann mich an nichts erinnern
und in verschiedenen Rückführungen tauchte dazu nichts auf. Allerdings trage
ich heute an diesem, meinem Körper so viele „Hexenmale“, dass es für mehrere
Scheiterhäufen gereicht hätte. Wie dem auch sei, ich pilgere mit einem Schatten
auf dem Jakobsweg. Toll.
Dabei gibt es gar keinen theoretisch nachvollziehbaren
Grund! Mal wenigstens beim Thema Kirche. Im normalen Leben zu Hause juckt mich
die Kirche kein Bisschen. Ich geh da einfach nicht hin. Aber auf diesem Weg
heute, speziell auf dem „Camino duro“, habe jegliche Kontrolle über meine Wut
verloren. Sie hat mich regelrecht überwältigt! Es wird Zeit für eine Herberge
oder ein Hotel mit Dusche.
Nach 8 Stunden wandern und ohne eine größere Pause gemacht
zu haben, kehre ich in das nächstbeste Refugio ein, das mir begegnet. Es ist
mir gerade ziemlich wurscht, ob es im nächsten Dorf schöner ist oder nicht, ich
will heute ein sicheres Bett und nicht noch ewig an dieser Kackstraße entlang
müssen.
In diesem sehr bescheidenen Refugio an der Hauptstraße, ohne
Verkehr, herrscht Sitte und Ordnung, mein lieber Herr Gesangsverein! Nach einem
eindringlichen Einführungsritual, in dem mir mit strengem Ton knapp, aber
bestimmt, erklärt wird, was man hier darf, was nicht und wie viel es kostet,
bleibe ich mir selbst überlassen. Heute muss ich meine langen Haare waschen.
Dazu brauche ich eine Dusche, aus der genügend warmes Wasser fließt und Zeit.
Das alles gibt es hier und bevor der große Pilger-Run kommt, erledige ich mal
die Körperpflege und wasche die Wäsche von Hand am Wäschewaschbecken im Garten.
Zwei TShirts, Unterwäsche und Socken.
Nachdem die Sachen auf der Leine hängen, setze ich mich an
einen Tisch auf der Terrasse und schreibe die Ereignisse des Tages in mein
Notitzbüchlein. Dabei stelle ich fest, dass nicht Regen, Schnee und Sturm ohne
Aussicht auf ein trockenes Bett für mich „hart“ sind, auch nicht das alleine
pilgern oder der viel zu schwere Rucksack der mir auf die Füße drückt, sondern
ein langweiliger, öder Weg in praller Sonne auf nacktem Asphalt mit unkontrollierbaren
Emotionen, die gemeinhin nicht zu den beliebtesten gehören.
Camino duro, der Harte Weg, macht seinem Namen alle Ehre
Eine ältere Dame humpelt mir entgegen und setzt sich zu
mir. Wir stellen uns vor und beginnen uns zu unterhalten.
„Was ist mit deinem Bein?“, will ich wissen,
„Ach Rosa, es ist so fürchterlich. Seit einer Woche sitze
ich hier im Refugio fest und kann kaum einen Schritt gehen. Irgendetwas ist mit
meinem Knie. Es ist dick und tut weh. Ich war schon zweimal beim Arzt und
keiner kann mir helfen.“
„Oh je, du Arme!“ Hilde tut mir richtig leid. Hat so eine
zarte und liebenswerte Art an sich. Sie ist mir sofort sympathisch.
„Seit wann bist du denn schon unterwegs?“, frage ich sie.
„Seit zwei Wochen. Aber es wurde jeden Tag schlimmer und nun
geht gar nichts mehr. Ich bin so verzweifelt. Es kommen zwar jeden Abend ganz
liebe Menschen hier ins Haus und dabei sind richtige Engel, die mich aufbauen
und trösten, aber mein Knie wird einfach nicht besser.“
„Engel?“, frage ich sie und bin kritisch. Das klingt
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