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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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klang leise Musik. Irgendetwas Klassisches. Vermutlich zur Beruhigung. Flades Frau tat ihm leid. Hochschwanger zur Witwe zu werden, das war schon ein Schlag. Sie hatte ihm erzählt, dass es ein Junge wurde. Paul. Paul würde seinen Vater nie kennenlernen. Wenn er sich vorstellte, dass Simon ohne ihn …
    Das Klingeln des Handys riss ihn aus diesen ungewohnten Gedanken. Verena meldete sich. »Dank EDV schon gefunden. Jens Flade war im November 2006 in einen tödlichen Verkehrsunfall verwickelt. Ein kleines Mädchen riss sich von der Hand der Mutter los und lief zwischen einem PKW und einem Lieferwagen auf die Straße. Flade konnte sie nicht sehen. Der Lieferwagen versperrte ihm die Sicht, er hatte keine Möglichkeit zu reagieren. Sie ist ihm direkt ins Auto gelaufen und noch an der Unfallstelle verstorben.«
    »Okay. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Das heißt, man konnte ihm nichts am Zeug flicken?«
    »Es war ein schicksalhafter Unfall. Das Gutachten hat gezeigt, dass Flade weder zu schnell gefahren war noch eine Chance hatte, den Zusammenstoß zu verhindern. Blutalkoholgehalt null Komma null Promille. Auch Drogen oder andere verbotene Substanzen waren nicht im Spiel. Eine grausame Verkettung unglücklicher Umstände. Eine schreckliche Fügung. Aber dafür sind wir nicht zuständig. Flade traf keine Schuld. Er hatte nichts falsch gemacht.«
    »Ein Albtraum.« Alois blickte auf die Wand von Aktenordnern. Ein knappes Dutzend wartete noch auf ihn. »Wie haben die Eltern des Kindes die Einstellung des Verfahrens aufgenommen?«
    »Keine Ahnung. Das steht nicht in den Akten. Soll ich sie dir schicken?«
    Konnte ja nicht schaden, auch wenn er nicht glaubte, dass sich aus diesem Unfall ein Mordmotiv ableiten ließ. Er war fünf Jahre her. Wer sich rächen wollte, wartete nicht jahrelang. Dennoch bat er Verena um die Unterlagen. Sie wollte sie mit Dienstpost schicken. Seine Einladung zum Essen schlug sie aus. So wie es aussah, gab es einen anderen Mann in ihrem Leben. Einen, der in die Zukunft blickte und dabei sie an seiner Seite sah.
    Seltsamerweise gab es Alois einen kleinen Stich. »Schön für dich.«
    Er widmete sich weiter dem Chaos in Flades Ordnern. Gina, klar, sie würde sich an seiner Stelle in der Akte vergraben, mit den Eltern des verunglückten Kindes reden, die Zeugen von damals befragen und am Ende feststellen: vergeudete Zeit, was ja eigentlich von Anfang an klar gewesen war.
    Zwei Stunden später war er durch und hatte nichts weiter gefunden. Doch das Gefühl eines Triumphs wollte sich nicht einstellen. Tino würde sich ebenso in die fünf Jahre alte Geschichte verbeißen wie Gina. Er musste sichergehen, dass dort kein Hund begraben war.
    Bettina Flade lag auf dem Sofa im Wohnzimmer. Sie hatte ein Wollplaid über die Beine gezogen und blickte auf, als er eintrat. »Sind Sie nun fertig?«
    »Beinahe.« Er wollte nicht, dass sie vor Schreck vorzeitig Wehen bekam, und pirschte sich an die Frage an, ob sie von dem Unfall vor sechs Jahren etwas wusste. Erst erzählte er von seinem Sohn, was für ein Pfundskerl der war, und äußerte dann die Vermutung, dass ihr Paul ein großer Trost für sie sein könnte, um schließlich auf das allgemeine Thema der Sorge um Kinder zu kommen und die Eltern immer begleitende Angst, dass den Kleinen etwas zustoßen könnte. Wie schrecklich es war, wenn ein solches Unglück sich ereignete. Nicht nur für die Eltern, sondern auch für den Verursacher oder andere Beteiligte. Bettina Flade reagierte nicht darauf. Sie wusste also von nichts. Im Laufe des Gesprächs erfuhr er, dass sie Jens erst zwei Jahre kannte und er den ersten Hochzeitstag nicht erlebt hatte. So wie es aussah, hatte Flade seiner Frau diesen Teil seiner Vergangenheit vorenthalten.
    Alois verabschiedete sich und rief vom Auto aus Sandra Gottwald an. Sie hatte den Besuch im Seniorenstift beendet und war gerade in ihr Auto gestiegen, als er sie erreichte und fragte, ob Flades Mutter eine Vermutung hatte, was hinter dem Mord an ihrem Sohn stecken könnte.
    »Wenn man ihr so zuhört, dann könnte man glatt die Idee bekommen, Jens sei ein unfehlbarer Engel gewesen. Sie zieht es vor, an einen Unfall zu glauben, und versteht nicht, weshalb wir wegen Mordes ermitteln.«
    Willkommen im Club, dachte Alois. »Hat sie einen Unfall erwähnt, in den Flade vor fünf Jahren verwickelt war?«
    »Hat sie. Jens hat darunter gelitten und sich mit Vorwürfen gequält, obwohl er sich nichts vorzuwerfen hatte. Die Mutter des

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