Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
Vom Netzwerk:
der Kühe. Bessi, mit dem warmen, feuchten Maul. Eine Weile blieb er dort, kam runter von all dem Ärger und klingelte bei Frau Flade.
    Eine Postkarte, wie Alois sie beschrieb, hatte ihr Mann nicht bekommen. Ganz sicher nicht. In den vergangenen Wochen war sie zu Hause geblieben. Probleme in der Schwangerschaft. Sie musste sich schonen. In dieser Zeit hatte sie die Post raufgeholt. Eine derartige Karte wäre ihr aufgefallen.
    Alois verabschiedete sich und suchte Flades Büro auf. Am Empfang saß, wie bei seinem letzten Besuch, Merle Reiner, ein richtiges Eyecandy. Alois stellte seine Frage und verließ drei Minuten später das Büro in der Gewissheit, dass Flade keine Karte erhalten hatte. Merle machte die Post, und eine Ansichtskarte mit einem so verschwurbelten Spruch hätte sie nicht vergessen. Und überhaupt waren in letzter Zeit gar keine Karten gekommen. Die Urlaubszeit war ja auch vorbei.
    Alois überlegte, was er nun tun sollte. Die Sache mit der Postkarte war abgehakt und für ihn damit klar, dass Tinos Theorie nicht stimmen konnte. Obwohl natürlich die Ähnlichkeiten schon verblüffend waren. Aber manchmal mischte der Zufall eben doch mit. Tino interpretierte die Fakten falsch. Diesmal irrte er sich. Das sollte er langsam mal einsehen. Doch weder ein Gefühl der Genugtuung noch der Schadenfreude wollte sich einstellen. Etwas nagte an Alois, eine bisher nicht gekannte Unruhe.
    Was, wenn er derjenige war, der sich irrte?
    Noch einmal würde er sich nicht vorführen lassen. Eine Art innere Stimme riet ihm, noch einmal mit Lenas Mutter zu reden. Er hielt am Straßenrand und gab ins Navi die Adresse von Franziska Meinhardts Arbeitsplatz ein. Auf dem Weg nach Pasing fragte er sich, warum er das tat. Hatte er sich jetzt mit dem Dühnfort-Virus infiziert, der Sorge, einmal etwas zu übersehen?
    Die neurologische Gemeinschaftspraxis gehörte vier Ärzten. Entsprechend voll war der Empfangs- und Wartebereich. Mit Raumteilern, Tischchen und jeder Menge Grünzeug waren kleine Inseln geschaffen worden. In jedem dieser Eilande saßen nur einige Wartende. So versuchte man offenbar den Eindruck zu erwecken, es würde nicht lange dauern, bis die Patienten drankamen. Alois hatte da so seine Zweifel. Er zog seinen Dienstausweis und ging an der Reihe der Patienten vorbei, die vor dem Tresen anstanden. Murren wurde laut. Eine der Sprechstundenhilfen, die hinter der Theke ihren Dienst versah, blaffte ihn an, er solle sich hinten anstellen. Alois zeigte ihr den Ausweis und fragte nach Franziska Meinhardt.
    »Keine Ahnung, wo die ist. Warten Sie einfach hier. Irgendwann wird sie schon auftauchen.« Alois lag schon eine Antwort auf der Zunge, als er Franziska Meinhardt aus einem der Behandlungszimmer kommen sah. Er holte sie vor einem Laborraum ein. »Hallo Frau Meinhardt. Haben Sie einen Augenblick Zeit für mich?«
    »Was wollen Sie denn noch?«
    Wenn ich das wüsste, dachte Alois. »Es gibt noch ein paar Fragen zu Jens Flade.« Im schwarzen Kaschmirpulli hatte sie ihm besser gefallen als im weißen Laborkittel. Er ließ sie noch blasser erscheinen, als sie ohnehin war.
    »Also gut. In einer Viertelstunde habe ich Pause.«
    Er setzte sich solange in eine der Warteinseln, blätterte zuerst in einer Autozeitschrift und dann in einer über Geldanlagen. Ein Thema, das ihn eigentlich nicht interessierte. Er sparte nichts von seinem Gehalt, investierte alles in seinen Lebensstil. Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Das sagte seine Oma immer. Vermutlich hatte sie recht. Aber man lebte nur einmal, und wenn man das ausgerechnet in München tat, blieb vom Gehalt eines Kriminaloberkommissars nichts übrig. Es sei denn, man schränkte sich ein.
    Fünfzehn Minuten später kam Franziska Meinhardt. Über den Kittel hatte sie eine Strickjacke gezogen. »Lassen Sie uns ins Treppenhaus gehen. Da können wir ungestört reden.«
    Er folgte ihr am Lift vorbei zu einem Fenster. Zugluft strich durch den Gang. Es war kalt und ungemütlich. Mit einem Ruck öffnete sie einen Fensterflügel. Während sie sich eine Zigarette anzündete, musterte sie ihn. »Jens Flade. Es gibt noch Fragen.« Abwartend sah sie ihn an.
    Alois lehnte sich an die Wand. »Haben Sie ihn eigentlich jemals kennengelernt?«
    »Seltsame Frage.«
    Es war die erstbeste gewesen, die ihm einfiel. »Weshalb seltsam?«
    Sie zog an der Zigarette und blies den Rauch aus dem Fenster. »Weil sie unlogisch ist. Natürlich habe ich ihn kennengelernt . Am Tag, als es passiert

Weitere Kostenlose Bücher