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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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plötzlich da.

37
    In der U-Bahn kam die erste Panikattacke, dabei war das Abteil nur spärlich besetzt. Zuerst wurde ihr übel, dann begann das Herz zu rasen. Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn. Nein, sie würde nicht sterben. Nicht jetzt. Nicht hier. Nicht so. Vor Angst.
    Raus!
    Sie musste hier raus! Tunnelwände jagten am Fenster vorbei. Endlos. Grau! Grau! Grau! Sanne sprang auf, ging durch den Wagon. Leute starrten sie an. Schweiß lief ihr über die Stirn. Die Bluse unter dem Mantel wurde feucht. Zitternd blieb sie vor der Tür stehen. Dunkelheit draußen. In der spiegelnden Scheibe ihr weißes Gesicht. Die U-Bahn verlangsamte ihre Fahrt, fuhr in die Station ein. Die Türen öffneten sich. Sanne stolperte hinaus. Marienplatz. Ist Ihnen nicht gut? Der mitfühlende Blick einer älteren Dame. Sanne wehrte ab und setzte sich auf eine Bank. Langsam ebbte die Angst ab, beruhigte sich ihr Herzschlag. Ein Taxi. Sie würde jetzt ein Taxi nehmen. Erleichterung breitete sich in ihr aus. Und einen Moment später Wut. Nein! Sie würde sich kein Taxi nehmen. Wenn sie damit anfing, würde sie über kurz oder lang weder S-Bahn noch U-Bahn fahren, und irgendwann wäre es so weit, dass sie das Haus nicht mehr verließ. Sie wollte sich von dieser unsinnigen Panik nicht in ihr Leben pfuschen lassen. Ihr Herz war gesund. Sie würde nicht tot in einer U-Bahn umfallen. Sie hatte Platzangst. Das war alles.
    Ein paar Minuten ruhte Sanne sich auf der Bank aus, dann fuhr sie mit der Rolltreppe zum S-Bahnsteig hoch und hatte Glück. Sie musste nicht lange warten. Ihre S-Bahn kam in einer Minute. Das war doch ein gutes Zeichen.
    Etliche Leute stiegen aus. Sanne fand einen Fensterplatz in Fahrtrichtung. Ein weiteres gutes Zeichen. Die Türen schlossen sich, der Zug fuhr an. Grauer Beton wischte vor den Scheiben vorbei. Pass auf dich auf. Das hatte Uli gesagt. Warum fiel ihr das jetzt ein? Uli machte sich Sorgen und fand Sannes Angst nicht unbegründet. Was ja wohl hieß, dass sie begründet war. Sie hatte allen Grund, Angst zu haben. Sollte sie zur Polizei gehen und auf die Verbindung zwischen Jens und Martina hinweisen? Die Parallelen waren so offensichtlich. Und Lydia. Liefen in der Gruppe die Fäden zusammen? Suchte der Mörder dort nach Opfern?
    Unwillkürlich schüttelte Sanne den Kopf. Das war so absurd. Das hatte nichts mir ihr zu tun. Ihr Name stand auf keiner Liste. Sie versuchte sich zu entspannen. Es gelang ihr nicht. Wieder stieg diese Übelkeit in ihr auf. Nein. Sie wollte nicht. Nicht schon wieder. Ihr Herz begann zu rasen. Schweiß brach ihr aus allen Poren. Der Zug fuhr im Ostbahnhof ein. Sanne stürmte hinaus, lehnte sich an eine Säule. Sie war klatschnass geschwitzt, fror erbärmlich und kapitulierte.
    Ein Taxi brachte sie nach Hause. Kurz nach drei war sie daheim, bezahlte den Fahrer und sperrte die Tür zu ihrem Häuschen auf. Mantel und Tasche warf sie achtlos auf die Ablage im Flur. Sie fühlte sich völlig kraftlos, wie heruntergedimmt, und fror in den nassen Sachen.
    Herr Kater kam aus der Küche gelaufen und strich ihr um die Beine. Als sie ins Wohnzimmer ging und sich aufs Sofa fallen ließ, folgte er ihr und legte sich neben sie. Erwartungsvoll stupste er sie mit dem Kopf an. Erst zog sie die Wolldecke über sich, dann streichelte sie Herrn Kater. Sein weiches Fell und das wohlige Schnurren ließen sie entspannen. Alles würde ins Lot kommen. Irgendwie. Herr Kater spitzte die Ohren und sah hoch, als wollte er fragen, ob alles in Ordnung sei. »Ich sollte mich umziehen, sonst hole ich mir noch eine Erkältung. Das ist alles.« Er schien das zu verstehen, denn er rollte sich wieder zusammen.
    Der alte Cellobogen lag seit Tagen in der Werkstatt und wartete darauf, restauriert zu werden. So langsam sollte sie damit beginnen. Aber vorher musste ihr warm werden. Noch immer fror sie. Kein Wunder, mit den klammen Klamotten am Leib.
    Sanne nahm ein heißes Bad, kochte sich dann Früchtetee und betrat mit einem Becher in der Hand ihre Werkstatt. Höchste Zeit, mit der Arbeit zu beginnen.
    Doch das Klingeln des Telefons hielt sie davon ab. Sanne stellte den Tee beiseite, ging ins Wohnzimmer und meldete sich. Ein leises Knacken klang durch die Leitung. »Möbus«, wiederholte sie. Der Anrufer blieb stumm. »Hallo. Wer ist denn da?« Im Hintergrund war sehr leise Musik zu hören. Kaum wahrnehmbar. Was sollte der Mist? Dachte jemand, er könnte ihr Angst einjagen? Jetzt hörte sie seinen Atem. Kein obszönes Stöhnen,

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