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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Nicki und Kaffee nebst Zigarette für mich wurde es langsam Zeit, an den Rückweg und vor allem an den bevorstehenden nächsten Reinfall zu denken. Auf Edeltraud Schmitts Versicherung, mich würden lauter nette ältere Leute erwarten, gab ich nicht viel. Sie hatte geglaubt, mich nach der gestrigen Pleite trösten zu müssen, doch inzwischen hatte ich ja gewisse Erfahrungen mit Seniorenclubs. Ein psychiatrisches Krankenhaus gab es in Joachimsthal aber nicht, das zumindest stand fest. Nicki wollte sogar mitkommen. Nicht zur Lesung, nein, so weit ging die Liebe denn doch nicht, aber nach Joachimsthal. Auf der Karte hatte sie gesehen, dass es in oder an diesem Ort Wasser gibt; in welcher Form, war nicht genau festzustellen, aber ob Teich, Bach oder See ist egal, wo Wasser ist, gibt es Wiesen, und wo Wiesen sind, kann man sich sonnen! Decke, Handtuch und Badeanzug lagen im Kofferraum, nur ihre Notizen hatte Nicki nicht dabei. »Macht nichts«, sagte sie nach einer flüchtigen Kontrolle der Rücksitze, »dann werde ich mich heute mit der geistigen Entwicklung des Kindes nach Piaget befassen. In das Buch habe ich überhaupt noch nicht reingeguckt.«
    »Brauchst du auch nicht«, sagte ich sofort, »darüber weiß ich mindestens genauso gut Bescheid wie Herr Piaget! Vor allen Dingen musst du wissen, dass sich Kinder unterschiedlich langsam entwickeln.«
    »Wie meinst du das?«
    »Steffi war schon mit zweieinhalb Jahren sauber, du hast noch mit vier gelegentlich in die Hosen gemacht!«
    Anscheinend waren die Erfahrungen mit meinem eigenen Nachwuchs doch nicht so ganz das, was sie wissen wollte oder vermutlich wissen
musste,
jedenfalls drehte sie das Radio an, schob eine Kassette in den Recorder, und damit erübrigte sich sowieso jede Unterhaltung. Gegen die
Prinzen
und ihren »Mann im Mond« hatte ich keine Chance.
    Frau Schmitt winkte schon, als wir in die Goethestraße einbogen. Neben ihr stand ein Korb. »Für Oma«, sagte sie, »Winteräpfel aus unserem Garten. Garantiert naturbelassen. Papa spritzt nicht. Wollen Sie einen?« Na, und ob! Ein bisschen verschrumpelt sah er ja aus, gar nicht so schön glattpoliert, wie sie in unseren Supermärkten ausliegen, aber ein Aroma hatte er … Als wir in Joachimsthal ankamen, kaute ich gerade am dritten.
    »Wenn Sie noch’n Stückchen gradeaus fahr’n, seh’n Sie links schon die Badestelle«, erklärte Frau Schmitt, nachdem uns Nicki vor einem langgestreckten Flachbau ausgeladen hatte. Nur ein Feldweg und ein breiter Grünstreifen trennten uns von dem Flüsschen, das leise glucksend vor sich hinplätscherte.
    »Wann soll ich euch denn wieder abholen?«
    Ich sah Frau Schmitt fragend an. »Na, so ungefähr in anderthalb Stunden«, meinte sie, und als sie mein skeptisches Gesicht sah: »Noch früher kommen Sie nich weg! Ick hab schon mal durch det Fenster jelinst, die Bude ist rammelvoll!«
    Von außen machte die »Bude« nicht viel her, doch innen sah sie recht gemütlich aus. Das merkte ich aber erst, nachdem die stürmische Begrüßung vorbei war und die drei Dutzend Anwesenden sich wieder hingesetzt hatten – rund um eine bereits liebevoll gedeckte Tafel. »Kuchen gibt’s erst nach der Arbeit, aber eine Tasse Kaffee können Sie schon bekommen«, sagte eine Dame in Spitzenkleid mit hochgeschlossenem Kragen. Nicht zuletzt auch wegen ihrer altmodisch hochgetürmten Frisur erinnerte sie mich sofort an die damalige Vorsitzende von Omis Königin-Luise-Bund. Deren Mitglieder hatten auch immer so gediegen ausgesehen, und meine Mutter, die für diese Kaffeekränzchen nie etwas übrig gehabt hatte, pflegte die monatlichen Zusammenkünfte insgeheim als »Geisterstunde der Damen à la Potsdam« zu bezeichnen. Nicht ganz unberechtigt, die älteste Teilnehmerin war immerhin schon über neunzig gewesen.
    So alt war keine der hier Anwesenden, einige schienen sogar viel zu jung für eine Mitgliedschaft im Seniorenclub, doch wie ich später erfuhr, konnte zu dieser Veranstaltung jeder kommen, der wollte. Angeblich hatten noch viel mehr gewollt, nur hätte man dann wegen Platzmangel auf den geplanten Kaffeeklatsch verzichten müssen.
    Dieser Nachmittag versöhnte mich wieder mit den Enttäuschungen der letzten Tage, denn als Nicki auf die Minute pünktlich draußen hupte, hatte ich gerade das Buch zum endgültig letzten Mal zugeklappt. Nach der vierten Zugabe! Meinen Kuchen hatte ich mir jedenfalls redlich verdient, den wollte ich jetzt auch haben! Außerdem hätte mich mein Auditorium ohnehin

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