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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Das entspricht also ungefähr sechshunderttausend Menschen, die am Tatort gewesen sein könnten.«
    Â»Das heißt aber auch, dass neunundneunzig Komma neun Prozent der Weltbevölkerung nicht da war.«
    Â»Richtig. Zumindest stammt das Haar, das Sie am Tatort gefunden haben, definitiv nicht von ihnen.«
    Bartholemew starrte sie an. »Und Trixie Stone gehört nicht zu diesen neunundneunzig Komma neun Prozent?«
    Â»Nein.«
    Â»Dann kann ich Trixie Stone nicht ausschließen?«
    Â»Nicht unter mitochondrialen Gesichtspunkten.«
    So betrachtet, sah doch schon alles viel besser aus, fand Bartholemew. »Aber Max hat gesagt …«
    Â»Ich will Max ja nicht zu nahe treten, aber kein Gericht der Welt würde einer Analyse, die auf dem menschlichen Auge beruht, mehr Gewicht geben als einem wissenschaftlichen Test, wie ich ihn durchgeführt habe.« Skipper lächelte ihn an. »Ich denke«, sagte sie, »Sie haben Ihre Verdächtige.«

    Die Johnsons besaßen zu Lauras Erstaunen eine Satellitenschüssel, einen Fernseher mit Flachbildschirm, eine PlayStation, einen Gamecube, ein DVD-Videogerät und eine Stereoanlage. Roland, Elaines ungeselliger Bruder, hatte das alles in diesem Jahr mit seinem Scheck vom Alaska Permanent Fund gekauft – den Öldividenden, die jeder Einwohner Alaskas seit 1984 vom Staat ausgezahlt bekam. Von den 1100 Dollars, die Charles erhalten hatte, konnten die Johnsons ein ganzes Jahr leben, weil sie zusätzlich Karibu jagten und im Sommer Lachse fingen und für die Wintermonate trockneten. Roland hatte Laura erzählt, dass die Bewohner von Akiak sogar Anspruch auf einen kostenlosen Internetzugang hatten, weil sie als ländlich lebende Ureinwohner die Bedingungen für staatliche Technologiesubventionen erfüllten. Für den dazu erforderlichen PC wollte allerdings keiner den jährlichen Scheck vom Permanent Fund verwenden.
    Als Laura die Gameshows, die die Johnsons fasziniert verfolgten, nicht mehr ertragen konnte, zog sie ihre Jacke an und ging nach draußen. Sie war sofort überwältigt von der makellosen Stille. Das hier war ein Ort, an dem du hören konntest, wie die Zahnräder im Kopf rotieren, wenn du Gedanken zusammenfügst und versuchst, dein Handeln darauf abzustimmen.
    Laura konnte sich nicht erklären, warum ihre Tochter weggelaufen war, wo sie doch so genau wusste, dass Trixie Jason nicht ermordet hatte. Hatte Trixie einfach nur Angst? Oder wusste sie mehr darüber, was in jener Nacht geschehen war, als sie gesagt hatte?
    Laura fragte sich, ob es möglich war, für immer wegzulaufen. Daniel war das offenbar gelungen. Sie hatte gewusst, dass seine Kindheit fremdartig gewesen war, aber so karg hatte sie sich das alles hier nicht vorgestellt. Wenn sie schon geglaubt hatte, dass der Mann, den sie damals kennengelernt hatte, nicht mehr viel mit dem heutigen Mann an ihrer Seite zu tun hatte – nun, die Spaltung zwischen dem Daniel von damals und dem Daniel, der hier gelebt hatte, war auf alle Fälle noch größer. Es weckte in ihr die Frage, wo die vielen abgelegten Daniel-Persönlichkeiten geblieben waren. Es weckte in ihr die Frage, ob man einen Menschen immer nur für den Moment kennen konnte, weil er ein Jahr später oder schon einen Tag später vielleicht ganz anders war. Es weckte in ihr die Frage, ob sich nicht jeder unaufhörlich neu erfand.
    Wenn sie endlich ehrlich sein wollte, musste Laura zugeben, dass auch Trixie sich verändert hatte. Sie hatte glauben wollen, ihre Tochter würde hinter der geschlossenen Kinderzimmertür noch immer mit den Bewohnern ihres Puppenhauses spielen. Doch in Wahrheit hatte Trixie Geheimnisse gehütet und Grenzen ausgelotet und sich in jemanden verwandelt, den Laura nicht wiedererkannte.
    Daniel dagegen hatte über Trixies Metamorphose gewacht. Der Gedanke, dass ihre Tochter älter wurde, sich der Welt stellte und von ihr übermannt werden könnte, hatte ihm große Angst gemacht. Und dann war Trixie in dem einen Augenblick erwachsen geworden, in dem Daniel sich abgewandt hatte, weil er durch die Untreue seiner Frau abgelenkt worden war.
    Erschreckend war nicht das, was man über den geliebten Menschen nicht wusste, sondern das, was man an sich selbst nicht sehen wollte.
    Als die Tür aufging, fuhr Laura zusammen. Charles kam pfeiferauchend die Stufen herunter. »Wissen Sie, was es bedeutet, wenn man rausgeht und

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