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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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antwortete er, und Trixie fuhr in dem dunklen Klassenraum herum. Ihr Herz pochte, aber sie konnte niemanden sehen.
    Dann blickte sie zu Joseph hinunter. Er hatte das breite, markante Gesicht eines Yupik und weißes, völlig verfilztes Haar. Seine Hände waren auf der Brust gefaltet, und Trixie dachte, dass sie so ganz anders aussahen als die ihres Vaters – Josephs waren kurz und schwielig, die ihres Vaters waren glatt und langfingrig und voller Tintenflecke.
    Â»Ach, Nettie«, murmelte er und schlug die Augen auf. »Ich bin zurückgekommen.«
    Â»Hier ist keine Nettie«, sagte Trixie und trat zurück.
    Joseph blinzelte. »Wo bin ich?«
    Â»In Tuluksak. Sie wären fast erfroren.« Trixie stockte. »Sie waren betrunken und sind auf dem K-300-Trail eingeschlafen, und ein Musher hat sein Rennen abgebrochen, um Sie hierherzubringen. Er hat Ihnen das Leben gerettet.«
    Â»Die Mühe hätte er sich sparen können«, murmelte Joseph.
    Irgendwas an Joseph kam ihr bekannt vor, und sie betrachtete die Falten um seine Augen und den Schwung seiner Brauen genauer.
    Â»Bist du eine von diesen Friedenscorps-Leuten?«
    Â»Nein, bin ich nicht.«
    Â»Wer bist du dann?«
    Gute Frage. Es war nicht damit getan, ihren Namen zu nennen, dachte Trixie, weil das überhaupt nichts erklärte. Sie konnte sich auch nicht genau erinnern, wer sie eigentlich früher gewesen war. Wenn sie jetzt an sich hinunterschaute, konnte sie sagen, wie verwundert sie war, so weit gekommen zu sein, und wie seltsam die Entdeckung war, dass Lügen ihr so leichtfiel wie Atmen. Was sie jedoch nicht in Worte fassen konnte, war das, was dazwischen geschehen war, was sie zu einem anderen Menschen hatte werden lassen.
    Â»Bist du wirklich nicht Nettie?«, fragte Joseph, als Trixie nicht antwortete.
    So hatte er sie genannt, als er wach wurde. »Wer ist sie?«
    Er drehte das Gesicht zur Wand. »Sie ist tot.«
    Â»Dann kann ich ja wohl nicht Nettie sein.«
    Joseph blickte überrascht. »Hast du noch nie von dem Mädchen gehört, das von den Toten zurückkam?«
    Trixie verdrehte die Augen: »Sie sind ja immer noch betrunken.«
    Joseph sank auf die Matte zurück. »Vielleicht bin ich ja auch schon gestorben«, sagte er.

    Â»Es ist nicht zu kalt für einen Spaziergang«, sagte Aurora Johnson zu Laura und blickte sie erwartungsvoll an.
    Vielleicht wollte Aurora mal mit jemandem reden und traute sich nicht zu fragen. Das konnte Laura gut nachvollziehen. Sie stand auf und nahm ihre Jacke. »Darf ich mitkommen?«
    Aurora lächelte und zog einen Mantel an, der ihr bis zu den Knien reichte und sich auch über ihrem hochschwangeren Bauch schloss. Sie stieg in dicke Stiefel und trat zur Tür hinaus.
    Wegen der Kälte schlug sie ein flottes Tempo an, und Laura fiel neben ihr in Gleichschritt. Daniel war seit zwei Stunden fort, und inzwischen war der Nachmittag stockdunkel – es gab keine Straßenlampen, die ihnen den Weg erhellten, kein Leuchten von einem Highway in der Nähe. Dann und wann erhob sich der bläuliche Lichtschein eines Fernsehers wie ein Gespenst in einem Fenster, doch die meiste Zeit war der Himmel eine ununterbrochene dunkelblaue Samtbahn, auf der die Sterne zum Greifen nah saßen.
    Auroras Haar war braun mit orangefarbenen Strähnen. Es wehte seitlich aus ihrer Parkakapuze hervor. Sie war nur drei Jahre älter als Trixie, und doch würde sie bald ein Kind gebären. »Wann ist dein Termin?«, fragte Laura.
    Â»Ab dem zehnten Januar muss ich in Bethel sein.«
    Â»In Bethel?«
    Â»Ja«, erklärte Aurora. »Schwangere, die in den Dörfern wohnen, müssen rund sechs Wochen vor dem errechneten Termin ins Geburtshaus in der Stadt. Dann sind sie schon da, wo die Docs sie haben wollen. Sonst muss das Ärztezentrum bei möglichen Komplikationen einen Blackhawk anfordern, der die Frau ausfliegt. Kostet die Nationalgarde jedes Mal zehntausend Dollar.« Sie sah Laura kurz an. »Haben Sie nur das eine? Kind, meine ich?«
    Laura nickte und senkte den Kopf, als sie an Trixie dachte. Sie hoffte, Trixie hatte es warm, wo auch immer sie war. Dass jemand ihr was zu essen gegeben hatte und eine Decke. Sie hoffte, dass Trixie Wegmarkierungen hinterließ, so wie sie es bei den Pfadfindern gelernt hatte.
    Â»Minnie ist meine zweite Mom«, sagte Aurora. »Ich wurde praktisch zur Adoption freigegeben. So sind die Familien

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