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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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konnte.
    Â»Bernie Aylesworth«, sagte er und lächelte zu Laura hinab. »Ich hab in meinem letzten Semester Ihre Dante-Veranstaltung besucht. Das war 2001. Im Semester davor hatte ich keinen Platz mehr gekriegt.«
    Sie wusste, dass sie an der Uni beliebt war – ihr Dante-Seminar hatte sogar noch mehr Zulauf als die spektakuläre »Einführung in die Physik«bei Jeb Wetherby, der zur Veranschaulichung von Flugbahnen mit Kanonen Affen abfeuerte. Im kommentierten Vorlesungsverzeichnis der Fachschaft wurde sie als die Dozentin genannt, mit der die Studenten am liebsten mal ein Bier trinken gehen würden. Hatte Seth das gelesen? , dachte sie plötzlich.
    Â»Ich geb Ihnen nur eine schriftliche Verwarnung«, sagte Bernie, während er ihr lächelnd einen Zettel reichte. »Wo wollten Sie denn so eilig hin?«
    Nirgendwo hin , dachte sie, ich wollte einfach nur zurück . »Nach Hause«, erwiderte sie. »Ich will nach Hause.« Sie wartete, bis er wieder in den Streifenwagen gestiegen war, dann setzte sie den Blinker und fuhr zurück auf die leicht kurvige Straße.

    Â»Ich muss gleich wieder weg«, sagte Laura, sobald sie hereingerauscht kam. Daniel, der in der Küche Brokkoli fürs Abendessen klein schnitt, blickte auf. Auf dem Herd schmorte ein Hühnchen in Knoblauch.
    Â»Du bist doch eben erst gekommen«, sagte er.
    Â»Ich weiß.« Laura hob den Deckel vom Topf und schnupperte. »Riecht köstlich. Ich wünschte, ich könnte bleiben.«
    Früher hatte Daniel Laura geglaubt, wenn sie sagte, sie wäre lieber zu Hause geblieben – inzwischen entschuldigte sie sich nur dafür, dass sie wieder wegmusste, weil es von ihr erwartet wurde. »Was liegt denn an?«, fragte er.
    Sie drehte Daniel den Rücken zu und begann, die Post durchzusehen. »Diese Fakultätsgeschichte, von der ich dir erzählt hab.«
    Sie hatte ihm kein Wort davon erzählt, das wusste er genau. Sie band sich den Schal ab, zog den Mantel aus und hängte ihn über einen Stuhl. Sie trug ein schwarzes Kostüm und Sorel-Stiefel, die überall auf dem Küchenboden kleine Schmelzwasserpfützen hinterließen. »Wo ist Trixie?«
    Â»In ihrem Zimmer.«
    Laura öffnete den Kühlschrank und goss sich ein Glas Wasser ein. »Die irre Poetin plant eine Rebellion«, sagte sie. »Sie hat mit den Lehrstuhlinhabern gesprochen. Ich glaube, sie weiß nicht …« Plötzlich ertönte ein lauter Knall, und als Daniel herumfuhr, sah er das zersplitterte Glas auf dem Fliesenboden. Eine Wasserlache breitete sich aus und sickerte unter den Kühlschrank. »Mist!«, rief Laura und ging in die Knie, um die Scherben aufzuheben.
    Â»Ich mach das schon«, sagte Daniel und warf Küchenpapier auf die Pfütze. »Lass das, du blutest.«
    Laura blickte auf den Schnitt an ihrem Daumen, als gehörte er jemand anderem. Daniel griff nach ihrer Hand und wickelte ein sauberes Geschirrtuch darum. Sie knieten dicht voreinander auf dem Fliesenboden und sahen zu, wie das Blut durch den karierten Stoff drang.
    Daniel konnte sich nicht erinnern, wann er und Laura sich das letzte Mal so nah gewesen waren. Es gab viele Dinge, an die er sich nicht mehr erinnern konnte, zum Beispiel das Atmen seiner Frau, wenn sie allmählich einschlief, oder das zarte Lächeln, das ihr wie ein Geheimnis entwischte, wenn jemand sie überraschte. Er hatte versucht, sich einzureden, dass Laura viel zu tun hatte, wie fast immer zu Anfang eines Semesters. Er fragte nicht, ob da vielleicht noch etwas anderes war, weil er die Antwort nicht hören wollte.
    Â»Ich mach dir ein Pflaster drauf«, sagte Daniel. Ihr Handgelenk lag leicht und dünn in seiner Hand, zerbrechlich wie Porzellan.
    Laura zog ihre Hand weg. »Geht schon«, beteuerte sie und richtete sich auf. »Ist ja bloß ein Kratzer.« Einen Moment starrte sie ihn an, als wüsste auch sie, dass sie beide ein völlig anderes Gespräch führten, eines, das sie ganz bewusst gemieden hatten.
    Â»Laura.« Daniel stand auf, aber sie wandte sich ab.
    Â»Ich geh mich umziehen. Bin schon so gut wie weg«, sagte sie.
    Daniel sah ihr nach, hörte ihre Schritte auf der Treppe nach oben. Als ob ich das nicht wüsste , dachte er.

    Â»Bist du verrückt geworden?«, sagte Zephyr.
    Trixie schob die Ärmel hoch und starrte auf die Schnitte an ihren Armen, ein rotes Netz der Reue. »Ich fand

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