Schule der Magier - Astaroths Angriff - Neff, H: Schule der Magier - Astaroths Angriff - The Tapestry Trilogy 2 - The Second Siege
Blick auf das überschattete Gesicht eines gewaltigen, in schwere Felle gekleideten Riesen zu werfen. Er musste zehn Meter groß sein, mit geflochtenem schwarzem Haar und mehreren Augen, die auf seiner zerklüfteten Stirn funkelten wie Halbedelsteine. Kopf und Gliedmaßen des Riesen waren massig und grob, als sei er aus einer kochenden Masse urzeitlichen Tons gekrochen und abgekühlt, bevor er seine richtige Form erhalten hatte. Er war das Abscheulichste, was Max je gesehen hatte.
»Was ist das?«, fragte David und eilte in den hinteren Teil der Kabine, um einen zweiten Blick auf das Schild des Riesen zu werfen.
»Ein Fomorian-Riese«, antwortete ein desinteressierter Dr. Rasmussen. »Durch und durch viehisch und glücklicherweise ausgestorben. Wir haben dieses Exemplar im 16. Jahrhundert von Solas gekauft.«
Max sah Cooper an, aber der starrte geradeaus. Sie waren bereits an mehreren Vitrinen mit verschiedenen Riesen, Ogern und Trollen vorbeigekommen, als Miss Boon plötzlich rief: »Entschuldigen Sie bitte, aber hat diese Lamia gerade geblinzelt?«
»Ah, Lilith ist ein großer Liebling der Schulkinder«, kicherte Dr. Rasmussen und brachte die Kabine zum Stehen. Die Kabinentür glitt auf, und er trat beiseite, um sie hinauszulassen. Sie blieben in respektvoller Entfernung vor dem drei Meter hohen Glaskasten stehen. Die überschatteten Augen der Lamia musterten sie voller Geringschätzung. Sie hatte das Porzellangesicht und den Oberkörper einer schönen Frau, jedoch den Unterkörper einer grünhäutigen Riesenschlange, der sich in einer Reihe von Windungen unendlich langsam bewegte.
»Sie halten hier lebendige Exemplare?«, fragte Cooper.
»Gewisser Geschöpfe, ja«, antwortete Dr. Rasmussen abwehrend. »Sie sind für unsere Forschungen von größter Bedeutung. Ohne diese Forschungen hätten Sie keinen Simulator, mein Freund.«
»Sie haben den Simulator gebaut?«, fragte Max.
»Natürlich haben wir das getan«, erklärte Dr. Rasmussen stolz. »Nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand der Technik, aber ich schätze, er erfüllt noch immer seinen Zweck für euch – selbst für eure Topagenten.«
Cooper nickte und trat näher an die Glasscheibe heran.
Der Schlangenleib der Lamia schlang sich jetzt um ihren Körper. Blutrote Lippen lächelten und teilten sich, um dreieckige weiße Zähne zu entblößen.
»Ist Ihnen schon mal eins entkommen?«, wollte Cooper wissen.
Dr. Rasmussen lachte spöttisch auf.
»Niemals. Unsere Behälter sind undurchdringlich. Eine Lamia stellt kein großes Problem dar. Schließlich verwahren wir Afriten, Mariten und alle möglichen diaboli minora auf ähnliche Weise.«
»Sie machen Witze«, sagte Miss Boon mit aschfahlem Gesicht.
»Ganz und gar nicht«, entgegnete Dr. Rasmussen und deutete auf ferne Reihen bronzefarbener Vitrinen. »Ihre eigenen Gelehrten haben, so glaube ich, Mitte des 19. Jahrhunderts die ursprünglichen Pentakel eingeritzt.«
»Zum Kuckuck mit alledem!«, kreischte Mum und wedelte ungeduldig mit den Händen. »Wo ist die Hexe?«
»Zwei Gänge und drei Vitrinen weiter«, murmelte Dr. Rasmussen.
Mum spurtete davon und schlitterte um das glänzende Exponat einer erst halb ausgewachsenen Schimäre herum.
Wenige Sekunden später schwoll ein grauenerregendes Heulen wie eine zerbrochene Sirene zu einem verzweifelten Wehklagen an, bevor es zu mitleiderregendem Schluchzen verklang. Die Gruppe eilte zu Mum hinüber, die sich am Fuß eines hell erleuchteten Exponats zu einem weinenden Ball zusammengerollt hatte. In der Vitrine befand sich eine besonders blässliche, zahnlückige Hexe in einem geblümten Sommerkleid mit einer großen gewebten Handtasche. In ihren erstarrten Zügen stand der Ausdruck angewiderten Entsetzens. Max warf einen Blick auf das Namensschild: PEDIVORE TERRIBILIS.
»Mörder!«, heulte Mum. »Oh, meine arme Gertie. In der Blüte ihres Lebens hingemetzelt.«
»Mein Beileid«, bemerkte Dr. Rasmussen naserümpfend.
Mum rappelte sich hoch und stürzte sich auf Dr. Rasmussen. Mr McDaniels fing die geifernde, fluchende Hexe ab.
»Wir sollten Mum besser zurück auf unser Zimmer bringen«, sagte Miss Boon leise.
»Eine Transportkabine ist bereits unterwegs«, erklärte Dr. Rasmussen und tippte dabei auf einen durchscheinenden Bildschirm auf seiner Armbanduhr. Dann warf er einen verärgerten Blick auf Mum, die sich jetzt wie ein untröstlicher Koalabär an Max’ Vater klammerte. Während der nächsten Minute breitete sich ein unangenehmes Schweigen
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