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Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Titel: Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Grünke
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Fahrertür. Mit einer Hand presst er sich ein nasses Handtuch an den Hinterkopf, um die Blutung zu stillen. Rainer lehnt am Auto und raucht.
    Peter stürmt aufgebracht heran.
    «Wat is passiert? Ich hab oben dat Chaos gesehn!»
    «Bin die Leiter runtergeknallt. Passiert manchmal, so ’ne Scheiße! Kennst dat ja.»
    «Jaja, wo gehobelt wird, da fallen Späne. Aber geht wieder, oder wat?»
    «Sollen wir dich nicht besser ins Krankenhaus fahren?», mische ich mich ein, denn Volker sieht wirklich besorgniserregend aus. Sein Gesicht ist kalkbleich und das Handtuch inzwischen blutgetränkt. Schweißperlen stehen ihm auf der Stirn. Auf mich wirkt Volker so, als könnte er jeden Moment zusammenklappen.
    «Ach, Quatsch. Geht schon. Muss mich nur kurz ausruhen.»
    Ich habe keine andere Antwort erwartet. Peter und ich ziehen von dannen.
    «Wat fürn Scheiß! Alles ist voll mit Farbe! Dat kriegen wir nie wieder von den Fenstern ab. Wie kann der denn von der Leiter fallen?»
    «Er ist vorwärts runter mit zwei vollen Eimern. Aber zumindest geht’s ihm halbwegs okay. Hoffe ich.»
    «Ja, gut, dat nix Schlimmes passiert ist», stimmt Peter pflichtgemäß zu, um dann gleich nachzulegen. «Trotzdem ein Idiot! Vorwärts die Leiter runter! Und dann noch mit Eimern! Is selbst schuld.»
    «Was ist denn jetzt mit unserem Gerüst?»
    «Keine Sorge, ich hab da wat improvisiert. Is schon alles feddich aufgebaut. Matze is schon am Kleben. Ich hab jetzt ’n Treffen mit den Architekten.»
    Als er schon fast am Auto ist, brüllt er mir hinterher:
    « UND NICK , PASST JA AUF DA OBEN ! SEGELT MIR DA NICH AUCH NOCH RUNTER !»
    Mit diesen Worten im Ohr trifft mich der Schlag, als ich oben im Dach Peters Konstruktion sehe. Nicht nur, dass die Arbeitsfläche ungesichert am höchsten Punkt des Gerüsts eingehakt ist. Nein, auf dieser sechs Meter hohen Plattform befindet sich noch eine wackelige Trittleiter, auf der Matze in diesem Moment auf Zehenspitzen steht! Er muss seinen Körper komplett strecken, um die Holzkante zu erreichen.
    Das ist der blanke Wahnsinn! Vor ein paar Minuten bricht Volker sich fast das Genick, und jetzt lässt Peter uns hier wie Zirkusartisten arbeiten. Vieles auf der Baustelle ist mittlerweile Routine geworden, aber an diesen Leichtsinn kann ich mich einfach nicht gewöhnen.
    «Muss halt feddich werden», würde unser Leprechaun nun sagen. Und wenn Material fehlt, geht das eben auf Kosten der Sicherheit.
    «Bring die andere Folie mit, wenn du hochkommst», ruft Matze runter.
    Mit der Folie in einer Hand klettere ich an den Gerüstsprossen hoch. Das ist etwas kompliziert. Ich muss die Rolle immer wieder in die Sprossen klemmen und dann mit der rechten Hand umgreifen. Bloß nicht nach unten schauen! Je höher ich komme, desto heftiger schwankt das Gerüst. Scheiße, das ist wirklich verdammt hoch!
    Oben auf der Arbeitsplatte fühlt es sich noch viel schlimmer an. Keine Streben als Sicherheit! Allein beim Gedanken ans Stolpern bricht mir der Schweiß aus. Denn hier runterzustürzen, wäre lebensgefährlich.
    Matze steht schon wieder ganz unbekümmert auf der Trittleiter. Ich kann das gar nicht mit ansehen. Meine Handflächen sind nass, als ich die Folie abrolle.
    «Mann, wie kannst du so ruhig auf dem Ding stehen und kopfüber abkleben?»
    «Hab dir doch gesagt, ich war mal bei ’ner Gerüstbaufirma. Alles ’ne Frage der Gewohnheit.» Leicht gleitet sein Messer durch die Folie.
    Wir kleben und tackern Bahn für Bahn. Das Gerüst ist nur 2 , 50  Meter breit, das gesamte Gebäude etwa 50  Meter lang. Was bedeutet: Wir müssen ständig herunterklettern und das Gerüst verschieben.
    Rainer und Rolf schlendern herein. Beide haben die Hände in den Hosentaschen, Rainer pfeift eine Melodie. Klingt wie
We are the champions.
    «Wollten ma gucken, wie weit ihr seid. Wir sollen hier Montag eigentlich anfangen zu lackieren.»
    «Vergiss es. Das dauert hier noch länger.»
    Matze, Rolf und Rainer stecken sich eine Zigarette an. Okay, Pause ist gut.
    «Wie geht’s euerm Chef?», frage ich.
    «Der ist nach Dresden gefahren.»
    «Wie?»
    «Ja, der wollt nach Hause. War ’n bisschen blass um die Nase, der Alte.»
    «Hätte der nicht die Eimer getragen, wäre das vielleicht …»
    «Hätte, hätte, Fahrradkette!», fällt Rainer mir ins Wort, bläst einen Schwall Qualm aus und wechselt unvermittelt das Thema. «Am Wochenende is wieder Reggae-Festival in Polen! Da geht einmal im Jahr die Post ab! Da boxt der Papst im Kettenhemd!»
    «Is ja

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