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Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Titel: Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Grünke
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Arbeitskorb schwankt ausladend hin und her. Und in dem Ding will er die restlichen Fugenarbeiten machen? Vollkommen bescheuert! Das wird ewig dauern.
    «Ja, das geht doch prima! Der kann noch höher, damit kommen wir überallhin», sagt Peter zufrieden, als er wieder unten ist. «So, dann probier du ma!»
    «Was? Ich habe so was doch noch nie gemacht. Und braucht man dafür keinen Führerschein?
    «Darfste mit ’nem normalen Führerschein fahren. Und wennde dich an die Joysticks und Knöppe gewöhnt hast, geht dat schon. Kann nix passieren. Der fängt an zu piepsen, wennde in eine Gefahrenposition kommst. Der blockiert, bevorde umkippen kannst.»
    Jaja, das habe ich ja eben gesehen, als Peter trotz des Warnsignals noch weiterfahren konnte.
    Ich klettere in den Arbeitskorb. Auf dem Schaltpult blinken jede Menge verwirrende gelbe und rote Knöpfe. Links und rechts befindet sich jeweils ein schwarzer Joystick. Einer für den Arm, einer für den Korb. Winzige Bedienungsskizzen kleben um die Schalthebel herum. Ich bewege den Stick für den Arm. Wie eine Ziehharmonika fährt der Teleskoparm aus und bringt mich unerwartet rasch auf die Höhe des zweiten Stocks. Etwas erschrocken, lasse ich die Steuerung ruckartig los. Zu ruckartig. Der Arm samt Korb schwingt heftig auf und ab.
    «Wuuoooh!»
    Mit meinen verschwitzten Händen klammere ich mich an der Metallstange fest.
    «Langsam, Mann! Du musst den Korb wieder in die Waage bringen!», brüllt Peter von unten.
    Vor lauter Aufregung realisiere ich erst jetzt, wie schief der Arbeitskorb in der Luft hängt. Ich stehe leicht vorgebeugt und völlig verkrampft über dem Schaltpult. Ganz behutsam ziehe ich den Korbjoystick nach hinten, und das Ding senkt sich langsam wieder ins Gleichgewicht. Auch ich gewinne meine Stabilität wieder, vor allem die geistige. Mein Ehrgeiz ist geweckt. Nach einer Weile werden meine Manöver sicherer.
    Dann fährt ein mir bekannter Renault mit aufgedrucktem «Fuks» auf die Baustelle zu.
    «Was ist denn hier passiert? Wo ist das Gerüst?»
    Fassungslos starrt unser Schweizer Fugenfuks auf den nackten Speicher.
    Das wird lustig. Ich fahre mit dem Korb wieder ein Stück runter, um die Unterhaltung besser mithören zu können.
    «Wir machen dat jetz mit der Hebebühne da. Da könnense von Fenster zu Fenster. Dat geht genauso schnell», sagt Peter mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht.
    «So ein Quatsch! Das wird doppelt so lange dauern. Erst muss ich ein halbes Jahr warten, bis die Wetterschenkel installiert sind, und nun fehlt das Gerüst? Das kann doch nicht wahr sein! Ich werde neu berechnen müssen, bei dem höheren Arbeitsaufwand!»
    «Gar nix müssen Sie. Wir haben einen Preis abgemacht!»
    «Herr Zwifka, der Preis bezog sich auf Arbeiten von einem durchgehenden Gerüst aus. Und ich hatte Ihnen im April gesagt, dass es sinnvoller ist, alles in einem Rutsch zu machen. Man hätte die blöden Wetterschenkel auch danach anbringen können!», verliert Herr Fuks leicht die Fassung und hat jetzt einen ähnlich roten Kopf wie der Fuchs auf seinem Auto.
    «Dann muss ich mir jemand anders suchen, der dat macht!»
    «Ja, das müssen Sie dann wohl!»
    Fluchend geht er zu seinem Wagen, schlägt die Tür zu und braust davon.
    «Ach, der kommt wieder! Am Ende brauchen se alle dat Geld! Ich kenn solche Kerle, erst die Klappe aufreißen und dann den Schwanz einziehen!»
    «Kann ich jetzt wieder runterkommen, Peter?»
    «Ja, gleich. Aber hör jetz ma auf mit den Spielereien und fahr dat Ding bis ganz nach oben. Du musst ausprobieren, ob du so arbeiten kannst.»
    Bis ganz nach oben? Ausprobieren? Aha. Ich versuche mich zu entspannen. Ganz ruhig. Konzentriere dich. Keine Panik.
    Meter für Meter steige ich höher in die Luft. Zweiter Stock, dritter Stock, vierter Stock, die Wolken kommen immer näher. Die Kanufahrer auf der Spree sind von hier oben nichts weiter als winzige schwarze Silhouetten. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken, und meine Knie werden immer weicher. Ich spüre Angstschweiß am ganzen Körper.
    Ich hatte nie zuvor Probleme mit Höhen, aber in einem zwei Quadratmeter großen Metallkorb zu stehen, der in über 20  Metern Höhe hin und her schaukelt, das ist eine neue Dimension! Mir wird leicht schwindelig, als ich durch das durchsichtige Gitter nach unten sehe. Ich suche verzweifelt nach einem Punkt in der Ferne, den ich fixieren kann.
    Der Alex! Der Fernsehturm wird zu meiner Rettung. Geradeaus gucken, tief durchatmen! Konzentriere

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