Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
sein. Uahhh.« Der Beamte machte einen Satz, weil eine der Katzen sich schnurrend an seinem Bein rieb.
Kluftinger konnte sich schon vorstellen, dass es den Tieren hier gefiel: Die Wohnung war düster und muffig, vollgestellt mit Kartons, riesigen Papierstapeln und einem Sammelsurium aus Krimskrams, der aussah wie das, was in der Sperrmüllwoche immer an der Straße stand. Alles hier wirkte dreckig und verwahrlost. Ein Katzenparadies vielleicht – aber die Hölle für Übernachtungsgäste. Er verfluchte sich dafür, nicht hartnäckiger gegen das Angebot des Österreichers protestiert zu haben.
»So, jetzt legt’s einmal ab, und wenn ihr wollt, gibt’s noch eine kleine Jause als Betthupferl.« Mit diesen Worten ließ er die Katze auf den Boden fallen und verschwand in der Küche.
Sie zogen ihre Mäntel aus und blickten sich um. Eine Garderobe war nicht zu sehen, auch kein sonstiger Ablageplatz, der ihnen adäquat – sprich: sauber genug – erschien.
»Haut’s euer Sach einfach irgendwohin und nehmt’s schon mal im Wohnzimmer Platz«, rief ihr Gastgeber aus der Küche. Sie schauten sich achselzuckend an. Kluftinger wartete so lange, bis Maier seine Jacke auf einen Pappkarton voller alter, schimmliger Bücher legte, worauf er die seine auf Maiers platzierte, sorgsam darauf bedacht, dass sie nicht mit dem Karton in Berührung kam. Dann gingen sie ins Wohnzimmer und suchten sich in einem Durcheinander aus Kisten, alten Zeitungen, Pizzaschachteln, dreckigem Geschirr und Katzenfutterdosen einen Sitzplatz.
»Ich glaub, der hat ein böses Messie-Problem«, flüsterte Maier seinem Chef zu.
Der nickte nur und schob einen Stapel Fernsehzeitschriften zur Seite, um sich so einen Platz auf der zerschlissenen Ledercouch freizuschaufeln. Maier tat es ihm gleich und scheuchte eine der Katzen weg, die ihre Krallen gerade in sein Hosenbein schlug. Seine Augen waren bereits leicht gerötet, und er schniefte hörbar, was Kluftinger aber für eine theatralische Übertreibung seines tatsächlichen Zustands hielt.
»So, habt’s ihr’s euch schon gemütlich gemacht?«, fragte Bydlinski, als er sich mit einem Tablett zu ihnen gesellte. Mit dem Arm wischte er zerknüllte Papiertaschentücher und einige alte Tageszeitungen von dem kleinen Couchtisch und stellte dort das Tablett ab. Dann forderte er sie auf: »Greift’s zu, is eh nicht viel …«
Kluftinger besah sich das vor ihm aufgebaute Abendessen und vervollständigte leise: »… aber wenig.«
»Ha, du gfallst mir«, sagte Bydlinski grinsend und schlug dem Kommissar kräftig auf die Schulter. Dann schob er ihm ein Glas hin und füllte es mit Roséwein aus einer Tetra-Pack-Tüte. »Kein Österreicher, aber ganz passabel trinkbar!«, erklärte er. Maier winkte ab, als er ihm eingießen wollte. Anschließend stellte er vor jeden ein kleines Schüsselchen, riss eine Tüte mit der Aufschrift »Feinste krosse Schweinekrusten« auf und sagte: »Na hopp, bedient’s euch. Nur nicht so schüchtern.«
Als sie zögerten, schob er noch nach: »Wenig Cholesterin. Gesünder geht’s kaum.«
Kluftinger betrachtete die fettigen, blassen Chips, die wie angesengter Schaumstoff aussahen, und bezweifelte die letzte Aussage ihres Gastgebers ernsthaft. Er hatte sowieso nicht mehr viel Hunger, nachdem er vorher Maiers Blunzenportion mit verdrückt hatte. Der jedoch starrte hungrig auf das karge Mahl vor ihm und schien innerliche Kämpfe auszufechten, ob er nun dem Hunger oder der Vernunft nachgeben sollte. Schließlich entschied er sich gegen den Imbiss und gähnte demonstrativ.
»Was darf’s denn sein zum Trinken?«, fragte Bydlinski.
»Ich glaub, ich nehm einen Saft.«
»Au weh, mit Saft schaut’s ein bisserl dürftig aus in meiner Speisekammer. Ich hab leider nicht allzu oft weiblichen Besuch. Ich steh mehr auf den Gerstensaft – magst ein Flascherl Zipfer?«
Maier schüttelte den Kopf.
»Dann hab ich eh nur noch Eutersaft!«, verkündete der Österreicher.
Kluftinger und Maier sahen ihn erschrocken an.
»Eine Milch halt! Die lieben meine pelzigen Spatzerln doch so!«
»Ich bin eigentlich … überhaupt auch gar nicht durstig, danke!«, winkte Maier ab.
»Ich seh schon, des wird nichts mehr mit unserer Party, oder? Dann geh’n wir halt schlafen, wenn ihr mögt. Ich hau mich eh gleich hier auf die Couch.«
Kluftinger fragte sich ernsthaft, wie der Österreicher hier Platz zum Schlafen finden wollte, doch er fragte nicht nach, sondern trank den Rest seines Weins in einem Zug
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