Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
daran, gedachte nun aber, sein so beschwerlich erworbenes Wissen gegen ihn zu verwenden. »Ja, eine geheime Aktion. Bitte fahren Sie weiter, sonst bringen Sie alles in Gefahr.«
Langhammer sah sich nach allen Seiten um, konnte jedoch nichts entdecken, was Kluftingers Geheimniskrämerei rechtfertigen hätte können. »Kann ich Ihnen vielleicht irgendwie helfen?« Auch er hatte die Stimme nun gesenkt.
»Gott bewahre … ich mein: Das wär viel zu gefährlich. Was meinen Sie, was da passieren kann!«
Langhammer ließ nicht locker. »Sie wissen ja, ich habe einige Einblicke in das Gebiet der Kriminalistik gewonnen, davon haben nicht zuletzt Sie profitiert, als wir gemeinsam …«
»Ich weiß, ich weiß.« Kluftinger reagierte auf Worte wie »gemeinsam« und »wir« in Zusammenhang mit Langhammer besonders allergisch. »Aber das hier ist anders. Gefährlich … und eben streng geheim. Das heißt …«
Langhammer schöpfte wieder Hoffnung. »Ja?«, fragte er eifrig.
»Na ja …«, setzte der Kommissar verschwörerisch an, »Sie könnten vielleicht auf dem Heimweg schauen.«
»Schauen? Wonach denn?«
»Wonach? Ja … Dings halt, das … ist schwer zu erklären. Nach Verdächtigem halt … schauen. Wenn Sie’s sehen, werden Sie es wissen. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen, ohne die Sache zu gefährden.«
Jetzt grinste Langhammer ihn an. »Verstehe. Ich bin Ihr Mann. Und wenn ich was sehe, melde ich mich unverzüglich.«
»Unverzüglich, ja, ja.«
»Also, ich nehme Witterung auf.« Mit diesen Worten zog Langhammer die Tür zu und brauste davon.
Kluftinger strich sich über sein schmerzendes Knie und sah dem Wagen halb erleichtert, halb wehmütig nach. Eigentlich wäre er doch gerne mitgefahren.
»Also dann, mach es mal gut«, riefen ihm die beiden Männer noch nach, als er fast eine Stunde später am Altusrieder Marktplatz aus dem Auto stieg.
»Ja, Sie auch. Und alles Gute!« Er verzog die Lippen zu einem erleichterten Lächeln. Er hatte sicherheitshalber nicht nachgefragt, warum die Männer gemeinsam hier Urlaub machten, warum ihr Parfüm so aufdringlich roch, warum sie gegenseitig als »mein Mann« voneinander sprachen und warum im Autoradio bei so jungen Männern Musik von Marianne Rosenberg lief. Er war zwar froh, dass die beiden ihn mitgenommen hatten, aber noch glücklicher, dass er wieder hatte aussteigen können und jetzt endlich fast zu Hause war.
Die kurze Strecke von der Hauptstraße bis zu seinem Haus genoss er in vollen Zügen – jedenfalls bis ihm der erneute Gedanke an sein gestohlenes Auto den schönen Spätsommerabend vergällte. Zu allem Überfluss rief dann auch noch Langhammer auf dem Handy an und berichtete ihm von mehreren Entdeckungen, die er während der Fahrt nach Altusried gemacht habe. Kluftinger verstand zunächst nicht, als ihm der Doktor dann aber seine »verdächtigen Beobachtungen« mitteilte – eine Milchkanne, die ungewöhnlich nahe am Straßenrand stand, eine dicke Frau auf einem nagelneuen Mountainbike und ein Bauer, der mit einem Heuwagen ohne Nummernschild auf der Hauptstraße fuhr –, war ihm klar, dass er Kluftingers »Ermittlungsauftrag« todernst genommen hatte. Ihm war schleierhaft, wie dieser Mann ein Studium erfolgreich hatte abschließen können.
Als Kluftinger schließlich zu Hause ankam, überlegte er sich bereits, als er die Tür aufschloss, eine passende Ausrede für seine Frau und bemerkte gar nicht, dass die schon im Hausgang auf ihn wartete.
»Wo warst du denn so lange?«, fragte Erika mit in die Hüften gestemmten Händen, was nicht zu ihrer besorgten Miene passen wollte.
»Warum?« Kluftinger stellte sich erst einmal dumm, um Zeit zu gewinnen. Sein Hirn hingegen arbeitete auf Hochtouren.
»Na, schau mal, wie spät es ist.«
Kluftinger blickte auf seine Armbanduhr und erschrak selbst ein bisschen. Es war bereits nach sieben, tatsächlich viel später, als er gedacht hatte. »Mir ham eine Leichensach reingekriegt«, sagte er entschuldigend und senkte den Kopf.
»Ach, und da haben sie euch auch gleich die Handys abgenommen?« Nachdem Erika überzeugt war, dass nichts passiert war , wie sie stets befürchtete, wenn etwas vom normalen Tagesablauf abwich, überwog nun ihre Verstimmtheit. »Und wie riechst du überhaupt?« Sie hob den Kopf und schnupperte demonstrativ in die Luft.
»Ich, wieso?« Er hob den Arm und roch unter seiner Achsel.
»Doch nicht da. Ich mein … mehr …« Sie kam näher und sog die Luft ein, während sie um ihn herumging.
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