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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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vierzehn Tagen nicht mehr lebt. Sie kann also weder Böhler noch Hemmer ermordet haben.«
    »Trotzdem lag ihr Kuli in der Kirche.«
    »Wir wissen nicht, ob es wirklich ihr Kuli war.«
    »Nein, das wissen wir nicht«, gab Neundorf zu, »aber wir können es nicht ausschließen. Somit ergibt sich die Frage, wie er von hier nach Großaspach gekommen sein könnte. Wer könnte dafür verantwortlich sein? Der Mörder?«
    »Das klingt gut, ist aber reichlich spekulativ.«
    »Du hast Recht. Es sei denn, dieser angebliche Herbert Bauer ist nicht nur ein normaler Einbrecher.«
    »Sondern der Täter.«
    »Nicht unbedingt. Aber vielleicht ist er die Person, die uns zu ihm führen könnte. Immerhin hat er uns heute dreist belogen. Und das Notizbuch von der verstorbenen Frau Berg ist verschwunden.«
    Braig massierte seine Schläfen, versuchte, die Schmerzen und die Müdigkeit aus seinem Kopf zu vertreiben. Vor ihm lagen weitere Bögen mit
Bergs Transporte
, 1990 und 1991 datiert. Mit dem Oktober desselben Jahres hörten sie auf.
    »Wie lange arbeitete Frau Berg bei diesem Kurierdienst?«, fragte Neundorf.
    »Ich meine, zehn Jahre.«
    »Dann passt es. Anscheinend war sie vorher als selbstständige Unternehmerin tätig.«
    Sie stellten die Wohnung auf den Kopf, kämmten Zimmer auf Zimmer durch, ließen keine Schublade, keinen Schrank, keinen Hohlraum unbeachtet.
    »Mir reicht es«, sagte Braig, »das Notizbuch finden wir sowieso nicht mehr.«
    »Fragt sich nur, warum. Hat dir Frau Berg nicht erzählt, ihre Tochter sei ein besonders ordentlicher Mensch gewesen?«
    Er hielt die Hand vor den Mund, gähnte. »Behauptet das nicht jede Mutter von ihrem Kind?«
    Neundorf kam nicht mehr zu einer Antwort, weil ihr Handy piepte: »Ihr seid noch in der Wohnung?«, fragte Hutzenlaub.
    »Nicht mehr lange. Es hat wohl keinen Sinn, noch weiter zu suchen«, antwortete sie, »wir drehen uns nur noch im Kreis. Langsam kommen mir Zweifel, ob wir uns nicht auf einer völlig falschen Spur bewegen.«
    »He? Völlig falsche Spur?«
    Braig konnte Hutzenlaubs laute Worte deutlich hören, obwohl er fast einen halben Meter von seiner Kollegin entfernt an der Wand lehnte.
    »Wir haben die Fingerabdrücke!«, rief der Kriminaltechniker.
    »Fingerabdrücke?« Neundorf starrte auf ein anscheinend außerirdisches Ding in ihren Händen, so überrascht war sie.
    »Hemmer«, erklärte Hutzenlaub, »eindeutig Hemmer. Das ganze Notenheft ist voll mit seinen Abdrücken!«

19. Kapitel
    Es war Zeit. Höchste Zeit. Wer etwas erreichen, die Dinge, die falsch liefen, korrigieren, Entwicklungen, die nicht länger verantwortbar waren, in richtige Bahnen lenken, Verhaltensweisen, die unzählige Menschen ins Elend stürzten, verändern wollte, musste handeln. Jetzt handeln, nicht länger warten und immer nur untätig zusehen, wie das ewig gleiche Spiel ständig aufs Neue Kummer und Elend, Angst und Verdruss, Schmerz und Enttäuschung, Verbitterung und Depression, Frust und Tod verursachte – die Opfer, wie gewohnt, am Boden, die Täter, rücksichtslos, ohne Skrupel auf der Höhe ihres egoistischen Genusses. Wer das Problem wirklich bereinigen, die Angelegenheit endgültig klären wollte, musste zuschlagen, jetzt, auf der Stelle.
    Im Prinzip funktionierte es wie in der Medizin. Allein die Schmerzen zu betäuben, um einer Erkrankung nachhaltig zu begegnen, genügte nicht. Das Übel musste an der Wurzel gepackt und von Grund auf eliminiert werden, das war der einzig Erfolg versprechende Weg. Wie gut, dass es endlich eine Methode gab, ihn zu verwirklichen, ohne allzu viel dafür zu riskieren:
    Kaliumcyanid, ein Geschenk des Himmels. Wie nichts sagend der Name klang. Irgendeiner von unzähligen Fachausdrücken, selten benutzt, nur Fachleuten bekannt. Ein unauffälliges, weißes Pulver. Dem Aussehen nach so harmlos wie der Sand am Meer. Die Wirkung dagegen war bombastisch, unnachahmlich, im wahrsten Sinn des Wortes umwerfend. Eine kleine Fingerspitze voll genügte – und schon war der Anfang vom Ende gelegt. Welch herrliches Gefühl, über ausreichende Mengen des Zaubermittels zu verfügen und es im Dienst des gewaltigen Unternehmens einsetzen zu können. Kaliumcyanid, eine Gabe der Götter!
    Anfangs schien die Aufgabe zu groß, mit welchen Methoden auch immer, auf keinen Fall zu bewältigen. Zu viele Täter, zu viele unüberwindbare Hindernisse. Zu winzig, zu bedeutungslos die eigene Person. Zu mächtig, zu einflussreich die Gegner. Dann aber – nach dem ersten vorsichtig gewagten

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