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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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diesem Zusammenhang geäußert hatte. Die Zeit danach hatte zu viel Kraft, zu viele Nerven verbraucht, sie zu sehr belastet, ihr Gehirn aufs Äußerste strapaziert.
    Enttäuscht von sich selbst war sie wieder eingeschlafen, hatte den Journalisten in seinem Frust zurückgelassen. Sie wusste nicht, was er noch unternommen, wie lange er noch gezögert hatte, sich auf seinem harten Nachtlager niederzulassen, hörte nur sein immer stärker anschwellendes Schnarchen. Und plötzlich, mitten in seinen nervtötenden Versuchen, im Schlaf Luft zu finden, fielen ihr Verenas Worte wieder ein.
    »Ich habe zwei Kopien. Auf Diskette«, so etwa hatte sie es formuliert im Ammerschlag, an jenem Abend, an dem sie selbst schon vier, fünf Trollinger getrunken hatte, ehe Verena endlich aufgetaucht war, »eine habe ich weitergegeben, die andere liegt seit heute Morgen in einem Safe.«
    »In einem Safe«, hatte sie erzählt, »in einem Safe. Du erinnerst noch das Schatzsucherspiel, von dem ich Dir erzählte? Absolut sicher verwahrt.«
    Das waren ihre Worte, damals im Alkoholnebel des Ammerschlag, sie erinnerte sich jetzt ziemlich gut. »Eine habe ich weitergegeben.«
    Michaela König wusste, an wen: Waltraud Gänsmantel, die Bäuerin in Unterjesingen. Die hatte es nicht überlebt.
    »Die andere liegt seit heute Morgen in einem Safe.«
    Sie erinnerte sich an das Schatzsucherspiel, vermutete, wo sich dieser Safe befinden könnte. Das Schatzsucherspiel. Verena hatte ihr mehrfach voller Begeisterung davon erzählt.
    Michaela König atmete tief durch, sah auf ihre Uhr. Zwanzig nach Vier. Sie konnte ihre Entdeckung nicht länger für sich behalten, schlüpfte aus dem Bett. Einschlafen war bei dem nervenaufreibenden Lärm, den Weidmann veranstaltete, ohnehin nicht mehr möglich.
    Sie stakste barfuß durch das Zimmer, rüttelte den Journalisten an der Schulter. Er hatte einen festen Schlaf. Die Verbrecher hätten in Scharen ins Zimmer eindringen können, ohne dass er es bemerkt hätte.
    Weidmann schnappte mehrfach nach Luft, kam dann zu sich, starrte mit verschlafenen Augen zu ihr hoch.
    »Sie schnarchen«, sagte sie.
    Er runzelte die Stirn, blieb eine Zeitlang still. Dann schien der Groschen bei ihm gefallen. »Oh, das tut mir Leid.« Er gähnte, hielt sich die Hand vor den Mund. »War es so schlimm?«
    Sie nickte, setzte sich auf den Teppich vor seinem Nachtlager. Der fahle Lichtschein, der durch das Fenster fiel, ließ sie die Umrisse seines Gesichts erkennen.
    »Aber vielleicht hat Ihr Schnarchen auch sein Gutes.«
    Er lachte zaghaft. »So? Was ist denn so positiv daran?«
    »Mir ist eingefallen, wo Verena die Diskette versteckt hat.«
    Weidmann reagierte erst nach drei, vier Sekunden, dann aber umso heftiger. »Wie bitte?« Er schnellte aus seiner Decke, fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht, versuchte, die Müdigkeit abzuschütteln. »Sie wissen, wo die Diskette ist?«
    »Ja. Allerdings nicht auf den Punkt genau. Aber wir könnten sie finden.«
    Klaus Weidmann richtete sich auf, massierte sein Gesicht, um vollends wach zu werden, wickelte sich in eine der Decken. »Wo?«
    Sie erzählte ihm von ihrer Unterhaltung mit Verena Litsche, gab die Worte wieder, die ihr eingefallen waren.
    »Schatzsucherspiel? Was soll das sein?«
    »Sie hat mir oft davon erzählt. Ein Gag aus ihrer Studentenzeit, den sie mit ihrer Clique oft spielte. Zwei Leute versteckten die Hinweise auf den Ort, an dem sie am Abend ein gemeinsames Fest feierten oder sich alle treffen wollten. Die meisten waren den ganzen Mittag damit beschäftigt, die Hinweise zu finden. Je nach Erfolg trudelten die Leute dann ein: Die Ersten oft schon mittags um Drei, die Letzten kurz bevor es dunkel wurde. Ich glaube, sie waren total begeistert von diesem Spiel.«
    »Alles in Tübingen?«
    Michaela König schüttelte den Kopf. »Nein, so einfach machten sie es sich nicht. Der Bereich, in dem sie die Hinweise versteckten, war der gesamte Großraum Stuttgart. Alle Städte, die mit der Netzkarte des Verkehrsverbundes erreichbar sind. Sie suchten oft stundenlang.«
    »Aber doch nicht überall. Sie konnten doch nicht alles im Umkreis unter die Lupe nehmen. Irgendeinen genauen Hinweis auf das Versteck mussten sie haben.«
    »Sie nahmen nur Kirchen, klebten ihre Karten oder Papiere unter die Sitzflächen der Stühle oder Bänke. Ein absolut todsicheres Versteck. Verena erzählte, dass sie manchmal nach Monaten, wenn sie aus Zufall dieselbe Kirche für ihr Versteck gewählt hatten, auf alte

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