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Schwanengrab

Schwanengrab

Titel: Schwanengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schwarz
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mir letztes Mal nichts davon erzählt, dass du tatsächlich Tabletten in der Schule dabeihattest?«
    Neela blieb abrupt stehen und starrte mich an. »Woher weißt du das?«
    »Von Mike!«
    »Der Mike vom Friedhof?«, erwiderte sie und zog die Augenbrauen nach oben.
    »Ja!«
    »Mike? ... In welche Klasse geht der eigentlich?«
    »10a.«
    Sie schüttelte nachdenklich den Kopf. »Ich kenne keinen in der Klasse, der so heißt.«
    »Ich denke, es ist nur sein Login. Ich habe mich auch nicht mit meinem richtigen Namen registriert.«
    »Dann hast du ihn in der Zwischenzeit also noch nicht persönlich kennengelernt?« Sie musterte mich skeptisch.
    »Nein, ich kenne ihn nur aus dem Schulchat.«
    »Ach so, na dann ... vielen Dank an Mike!«, sagte sie schnippisch und ging weiter Richtung Café. »Und wenn du es ganz genau wissen willst ... Dieser Mike hat recht! Ja, ich hatte Tabletten dabei. Jedenfalls hat man sie in meiner Tasche gefunden. Nur habe ich sie da nicht reingetan. Irgendjemand hat das gemacht, und ich wurde gefilzt, weil dieser Jemand Herrn Kurz und der Krähe einen Tipp gegeben hat. Das Ganze war eine üble Falle. Und ich bin deshalb tatsächlich von der Schule geflogen. Seitdem gehe ich auf eine Privatschule für besondere Fälle, wie es die Schulleitung dort nennt. So, jetzt weißt du die ganze Wahrheit!« Neela sah mich kurz an. In ihrem Gesicht spiegelte sich eine Mischung aus Wut und Enttäuschung.
    »Ich war noch nie sehr beliebt auf der Schule«, gab Neela zu. »Na ja! Bin halt anders als die anderen Mädchen, und da bekommt man schon schräge Blicke. Aber das war mir eigentlich immer egal. Die Sache mit den Tabletten war dagegen richtig mies. Das war kriminell, aber keiner hat mir geglaubt.«
    »Nicht mal dein Dad?«, fragte ich skeptisch.
    Neela schüttelte den Kopf. »Und meine Mutter denkt heute noch, dass ich es war.«
    »Aber warum hast du mir denn nicht die ganze Wahrheit gesagt, als wir darüber gesprochen haben?«
    »Ich kannte dich doch gar nicht richtig. Außerdemweiß ich immer noch nicht, wie die Schachteln aus dem Schrank meines Vaters in meine Tasche gekommen sind. Aber denjenigen, der das gemacht hat, würde ich gern in die Finger kriegen.«
    »Das ist ja echt heftig.«
    »Heftig ist gar kein Ausdruck! Ich geb dir nur den Rat, vorsichtig zu sein. Du scheinst auf der Beliebtheitsskala auch nicht unbedingt ganz oben angesiedelt zu sein. Vielleicht stehst du auf irgendeiner Abschussliste. Dann wird man auch einen Weg finden, dich von der Schule zu ekeln oder dich sogar rauszuwerfen. Den anderen passiert nichts, aber du hast es dein Leben lang in deinem Zeugnis stehen. Bravo!«
    »Meinst du, ein Lehrer könnte dahinterstecken?«
    Neela zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Aber tu mir den Gefallen und sei in Zukunft nicht so gutgläubig wie gerade eben.«
    Kurz vor dem Café blieb Neela stehen. »Ich fahr jetzt nach Hause, wenn ich es überhaupt so bezeichnen kann«, sagte sie und plötzlich tat sie mir leid. Sie lebte in einem wunderschönen Haus, hatte alles, was sie wollte, und doch nichts. Wie ein Vogel in einem goldenen Käfig.
    »Sollen wir dich nach Hause bringen?«, bot ich an.
    »Nein, kein Problem! Ich nehme den Bus, der hält hier gleich um die Ecke. Wir sehen uns.« Sie hob die Hand und ging davon. Ihr dunkelviolettes Samtkleid reichte wie üblich bis zum Boden, darunter war sie barfuß, trotz der herbstlichen Temperaturen. Ich mochte Neela. Aber trotzdem blieb sie mir in gewisser Weise ein Rätsel.

Kapitel 25
    Mein Vater saß an einem Fensterplatz in der Sonne, seine Arme vor der Brust verschränkt, sein Kopf hing nach unten – er döste. Toll! Ich kämpfte mit verschlossenen Eisentüren und er bekam es nicht mal mit.
    »Hast du mir gerade eine SMS geschickt?«, fragte ich und rüttelte unsanft an seiner Schulter.
    »Häm? Äh ... Was?« Vor Schreck sprang er fast vom Stuhl. Er hatte so tief geschlafen, dass er einen Moment brauchte, um zu begreifen, wo er sich überhaupt befand. Kommt davon, wenn man nächtelang durcharbeitet, dachte ich.
    »Was habe ich?« Er fuhr sich benommen mit den Händen über sein Gesicht.
    »Eine SMS ... ob du mir eine geschickt hast?«
    »Nein, Sam. Ich bin wohl eingenickt. Wie war’s?«, fragte er matt und gähnte.
    Sollte ich es ihm erzählen? Dad, stell dir vor, ich war eingesperrt und Neela hat mich befreit?
    Lieber nicht. Zu kompliziert. Die Tür war wahrscheinlich wirklich von alleine zugefallen. Nur wer mir diese SMS geschickt

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