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Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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sicher.«
    »Marius Grauweiler hat also seine eigene Nichte in der Geheimkammer versteckt«, sagte Manfred. »Weil sie ein ›Kind der Schande‹ war, ein Kind, das es nicht geben durfte. Bleibt nur die Frage, woran sie gestorben ist.«

    *

    Zuerst waren da nur ein Ziehen im Unterleib gewesen, ganz leicht, sie hatte gedacht, es wäre der Schmerz über Karls Tod. Doch dann war es plötzlich zwischen ihren Beinen feucht geworden, und sie hatte das Blut gesehen, das ihr die Schenkel hinunterlief. Da hatte sie gewusst, dass sie nicht nur ihren Mann verloren hatte, sondern auch ihr Kind. Der Pfarrer hatte sich einverstanden erklärt, das winzige Etwas mit zu Karl in den Sarg legen zu lassen, und so besuchte sie immer ihren Mann und ihr Kind, wenn sie zu Karls Grab ging, obwohl nur sein Name auf dem Stein stand.
    Anna Henk erhob sich und stellte den Teller in das Spülbecken. Warum dachte sie nur in letzter Zeit ständig an diese längst vergangenen Dinge? Warum ließen die Toten ihr keine Ruhe?
    Anna ließ Spülwasser ein. Der Herrgott hatte ihr alles genommen, was ihr lieb gewesen war. So sehr hatte sie sich ein Kind gewünscht, doch er hatte ihr dieses Glück verwehrt. Andere Frauen bekamen Kinder, die sie gar nicht wollten. Sie ließen sie heimlich wegmachen oder gaben sie nach der Geburt in fremde Hände. Das Mädchen damals, die kleine Freundin von Thomas, die war so eine gewesen. Anna hatte es in ihren Augen gesehen, in dem gehetzten Blick, den bleichen Wangen und der Art, wie sie die Hand auf den Bauch legte, wenn sie glaubte, niemand sehe es. Doch Anna hatte es bemerkt, und sie war sich sicher, dass das Mädchen es wusste, denn es schaute sie immer so merkwürdig an, so wissend, als teilten sie beide ein Geheimnis, das niemand sonst kannte. Einmal hatte sie sogar abends vor ihrer Tür gestanden, hatte etwas gestammelt, das Anna nicht verstanden hatte. Nur die Worte »Beileid« und »Karl« glaubte sie, erkannt zu haben. Anna hatte das Mädchen hereingebeten, es hatte so verängstigt ausgesehen, so voller Schmerz, doch es hatte sich unvermittelt abgewandt und war fortgelaufen. Vielleicht hatte Anna etwas Falsches gesagt, vielleicht hatte sie die Kleine verschreckt.
    Dann war das Mädchen plötzlich für ein paar Tage weggefahren, angeblich eine Brieffreundin besuchen, und als sie wiederkam, hatte sich ihr Blick geklärt. Sie war noch blasser gewesen als zuvor, eine Zeitlang zumindest, doch der gehetzte Ausdruck in ihren Augen war verschwunden.
    Anna zuckte erschrocken zurück. Das Spülwasser schwappte über den Rand des Beckens, ihre Schürze war schon ganz nass. Schluss jetzt, sagte sie sich. Sie sollte die Toten ruhen lassen. Sie hatten sicherlich längst ihren Frieden gefunden. Sie selbst sollte endlich auch ihren Frieden mit dem Vergangenen machen. Und sie wusste auch schon, wie. Es gab jemanden, der ihr helfen konnte, jemanden, der in der Nähe gewesen sein musste, als Karl verunglückte. Sie hatte ihn gesehen, wie er mit seinem Mofa den Wanderweg hinauffuhr, genau dorthin, wo das Feld lag. Er musste gesehen haben, was genau an jenem Nachmittag geschehen war; er würde sie von dem Bild erlösen, das sie in ihren Träumen verfolgte, dem Bild der beiden kämpfenden Männer, der ineinander verkeilten Arme, im Tod vereint.
    Anna band die Schürze ab und trocknete sich die Hände. Sie würde mit ihm sprechen, wie sie es schon vor Jahrzehnten hätte tun sollen. Sie würde es nicht länger aufschieben, sondern gleich tun, bevor sie der Mut verließ.

    *

    Katrin und Manfred starrten auf das Bild, das Petra Klamm ihnen gemailt hatte. Es war ein Foto, ein Schwarz-Weiß-Bild, das Porträt einer Frau mit einem wenige Wochen alten Baby. Die Frau war jung, wirkte kaum älter als zwanzig, und trug das Haar kinnlang, das Kind in ihren Armen hatte dunkle Haut und schaute seine Mutter mit großen Augen an. Angelika Grauweiler erwiderte den Blick mit einem innigen Lächeln.
    »Sie hat ihre Tochter geliebt«, sagte Katrin. »Schau nur, wie sie sie ansieht.«
    »Ja«, stimmte Manfred zu. »Und sie muss das Foto unzählige Male in den Händen gehalten haben. Die Ränder sind völlig abgegriffen.«
    »Die Entscheidung, das Kind bei ihrem Bruder zu verstecken, muss ihr ungeheuer schwergefallen sein. Bestimmt hat sie geglaubt, dass es nur für kurze Zeit sein würde.« Katrin registrierte verwundert, wie sehr sie diese Erkenntnis erleichterte.
    Manfred trat vom Schreibtisch weg. »Jedenfalls ist das der letzte Beweis, den wir

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