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Schwarz auf Rot

Schwarz auf Rot

Titel: Schwarz auf Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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Mercedes.
    »Oberinspektor Chen, für Sie nur das Beste aus uns e rem Stall.«
    Chen wirkte gedankenverloren, während er mit den Fingern auf die pralle Aktenmappe trommelte, die auf dem Sitz neben ihm lag.
    »Nur eine Frage, Chef«, sagte Yu. »Yangs Romanm a nuskript hätte doch eigentlich zusammen mit den übe r setzten chinesischen Gedichten in den Banksafe gehört. Warum hat sie es in ihrem Zimmer aufbewahrt?«
    »Sie war schlauer, als ihr guttat. Für jemanden wie sie war ein Banksafe nicht sicher genug«, antwortete Chen. »Sie hat ihn vermutlich nur gemietet, damit die Leute ihre Reichtümer dort vermuteten und nicht in ihrem Zimmer.«

23

    Die Ermittlungen im Fall Yin Lige waren erfol g reich abgeschlossen, davon hatte sich Chen persönlich übe r zeugt, und die Übersetzung der Projektentwurfs für die New World war abgegeben. Doch das Telefon in se i nem Apartment begann abermals in aller Frühe zu kli n geln wie ein falsch gestellter Wecker. Es war Gu.
    Während Chen ihm lauschte, fiel ihm eine Gedichtze i le ein: Was kommen muß, wird kommen.
    Diese Zeile stand auf einem traditionellen chines i schen Rollbild mit einer weißen Wildgans, die eine ora n gerote Sonne auf ihren Schwingen trug; eine hervorr a gende Tuschemalerei, die er vor Jahren zusammen mit einer Freundin in Peking betrachtet hatte. Sie hing in i h rem Zimmer in Muxudi.
    Diese Zeile kam ihm oft in den Sinn. An diesem Mo r gen aufgrund der Anfrage wegen eines mehrstöckigen Parkhauses, genauer wegen eines entsprechenden Grun d stücks, auf dem das Parkhaus in unmittelbarer Nähe der New World errichtet werden sollte. Gu hatte eine Reihe guter Gründe für den Antrag, den er an die Stadtregi e rung gerichtet hatte und von dem er Chen nun berichtete.
    »Die New World wird viele Besucher haben, und sie kommen nicht nur in Taxis, sondern auch im eigenen Wagen. Für die meisten unserer Kunden wird das eigene Auto bald eine Selbstverständlichkeit sein. Die Mitte l schicht ist nicht länger am Einkaufsbummel auf der Na n jing Lu interessiert. Und warum nicht? Weil es dort keine Stellplätze oder Parkhäuser gibt. Zumindest ist das einer der Hauptgründe. GM hat bereits einen mehrjährigen Vertrag mit der Shanghaier Stadtregierung über ein g i gantisches Automobil-Joint-venture unterschrieben. Bald wird man in Shanghai nicht nur die Autos von Volksw a gen antreffen, sondern genauso viele Buicks wie in New York. Die New World wird ein Meilenstein für dieses und das kommende Jahrhundert sein. Wir müssen das in unseren Planungen berücksichtigen, andernfalls wird das ganze Viertel im Verkehr ersticken.«
    »Das mag wohl sein«, erwiderte Chen.
    »Dieses Anliegen betrifft das gesamte Stadtbild, vor allem aus Sicht der Verkehrsbehörde. Ich halte es für unabdingbar, daß hier präventive Maßnahmen ergriffen werden.« Und dann fügte Gu noch hinzu: »Wenn ich mich recht entsinne, waren Sie einmal Direktor dieser Behörde.«
    »Nur vorübergehend. Ich habe kurzzeitig den Direktor vertreten.«
    »Ach, und wie hieß noch gleich Ihre Sekretärin? Me i ling oder so ähnlich. Die ist ja ganz vernarrt in Sie. ›Di e ser Tempel ist zu klein für einen Gott wie Oberinspektor Chen‹, hat sie zu mir gesagt, als Sie sie damals mit in den Dynasty Club brachten. In der Verkehrsbehörde hört man auf Ihr Wort.«
    Gu wollte also, daß er sein Anliegen bei der Städt i schen Verkehrsbehörde unterstützte, folgerte Chen.
    »Auf Meiling dürfen Sie nicht hören, Herr Gu«, an t wortete er. »Warum haben Sie denn die Parkplatzfrage nicht in Ihrer früheren Eingabe bei der Stadtregierung angesprochen?«
    »Ach wissen Sie, bei einem so großen Projekt, kann man ein solches Detail leicht übersehen.«
    Aber Gu hatte diese Notwendigkeit keineswegs übe r sehen, dessen war Chen sich sicher. Gu mußte seine fr ü here Beschäftigung bei der Verkehrsbehörde im Auge gehabt haben, als er ihm das hochdotierte Übersetzung s projekt anbot und ihm Weiße Wolke als kleine Sekretärin schickte. Und dann waren da noch die Klimaanlage, die nun neben seinem Bücherregal hing, der Heißwasserbo i ler, die Geschenke auf dem Nachttisch seiner Mutter im Krankenhaus und natürlich Baos Adresse.
    Man bekam eben nichts geschenkt. Er hätte es wissen müssen.
    Nachdem er den Projektentwurf übersetzt hatte, hielt Chen d iese Bitte in gewisser Weise für berechtigt. Die Visionen der New World hatten ihn nicht unbeeindruckt gelassen, und das nicht nur, weil er so großzügig für se i ne

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