Schwarz
man regelte alles hinter den Kulissen, aber die Angelegenheit hatte schon so viel Staub aufgewirbelt, dass zwei jüngere Kollegen geopfert werden mussten.
Alle, die Ukkola entgegenkamen, schauten ihn verwundert an, er lief mit großen Schritten den Flur entlang und starrte dabei mit gerunzelter Stirn auf den Boden. Grußlos ging er an seiner Sekretärin vorüber. In seinem Zimmer öffnete er das E-Mail-Fach, suchte Virtas letzte Nachricht und las, dass Leo Kara dem SIS über das UNODC einen vollständigen Bericht zu den Ereignissen von Voikkaa geliefert hatte. Dieser verdammte Exilfinne! Ukkola schüttelte den Kopf beim Lesen: Jetzt wurde sogar der Firmenname Etuvartio, unter dem man die Räume in Voikkaa gemietet hatte, mit Sibirtek in Zusammenhang gebracht.
Ukkola nahm ein Schwert aus der
Kanbun-shinto -Zeit
von derWand und fuhr damit wütend durch die Luft. Dann legte er die flache Seite der Klinge auf seine Hand und balancierte das siebzig Zentimeter lange Schwert auf dem Zeigefinger. Er steckte bis zum Hals in der Scheiße. Jetzt interessierten sich schon die Briten für Sibirtek, es war bloß eine Frage der Zeit, bis der SIS Sibirtek und das ganze Knäuel der finnischen Geheimnisse ans Tageslicht bringen würde. Nur ein Wunder konnte ihn noch retten. Irgendjemand würde die Verantwortung für die Verbrechen von Sibirtek übernehmen müssen, und dann brauchten die großen Chefs einen Sündenbock. Und außer ihm bot sich niemand an.
»Du wirkst aber abgespannt«, sagte Timo Neulamaa an der Tür. Der Leiter der KRP sah in seiner Uniform aus wie frisch gebügelt, das Gesicht eingeschlossen.
»Du solltest doch nach der Besprechung sofort zu mir kommen, ich habe Virta und Sund eben auf dem Flur gesehen. Hast du es vergessen? Zehrt die viele Arbeit an deinen Kräften?«, fragte Neulamaa.
Ukkola starrte den Polizeirat mit dem Schwert in der Hand an. »Die Ermittlungen zu Mettälä, Forslund und Kara sind praktisch abgeschlossen, und die Ergebnisse der Untersuchungen zu Fennica und Wartsala-Tech liegen in Kürze beim Staatsanwalt. Die Ereignisse von Voikkaa und Sibirtek werden untersucht. Ich habe die Sache im Griff.«
»Hast du genug Leute? Kannst du …«
»In ein paar Tagen sind wir zum Kern dieses Gesamtkomplexes vorgedrungen«, versprach Ukkola.
Der Polizeirat drehte sich um und wollte gehen, aber Ukkola hastete zu ihm hin und schloss die Tür vor seiner Nase. »Hast du schon eine Entscheidung in Bezug auf die Stelle des stellvertretenden Leiters getroffen? Es wäre gut, von der Ernennung im Voraus zu wissen, möglicherweise bringt jemand die Angelegenheit zur Sprache.«
Neulamaa schaute seinen Untergebenen ernst an. »Wer sollte das denn zur Sprache bringen, die Entscheidung liegt bei mir, und es weiß ja auch niemand davon, solange die Ernennung von Virve Kotila zur Polizeipräsidentin der Provinz nicht veröffentlicht ist. Das geschieht frühestens nächste Woche.«
Ukkola kostete es große Mühe, den Mund zu halten, als Neulamaadas Zimmer verließ. Er musste zugeben, dass der Polizeirat beim Pokern beachtliche Qualitäten bewies. Wenn er verriet, dass sich Neulamaas Sohn mit Kinderpornographie beschäftigte, geriete der Polizeirat in echte Bedrängnis. Trotzdem zögerte Neulamaa noch bei der Ernennung. Das bedeutete nichts Gutes. Die Nachricht, dass Virve Kotila Polizeipräsidentin einer Provinz wurde, sickerte in der nächsten Zeit garantiert aus dem Innenministerium durch, und danach würde im ganzen Polizeiapparat fieberhaft gerätselt werden, wen man wohl zum neuen Stellvertreter ernannte. Auf den Fluren des Hauptquartiers der KRP würde man die Namen vieler Polizisten flüstern, die mehr Erfahrungen und Verdienste hatten als er. Das könnte Neulamaa unter Druck setzen, so dass er schließlich jemand anders zum stellvertretenden Leiter berief.
Plötzlich wurde Ukkola klar, dass er den Griff des Schwertes, den
Tsuka
, immer noch in der Hand hielt. Er legte sein
Kanbun shinto
wieder auf die Wandhalterung und setzte sich hin. In den letzten Tagen hatte man ihn mehr gedemütigt als je zuvor, und angesichts der Ermittlungen zu Sibirtek und des zögerlichen Verhaltens von Neulamaa konnte es noch schlimmer kommen. Kati und Leo Kara hatten ihn in die Enge getrieben und erpresst wie einen Schuljungen. Um die Angelegenheiten von Katis Eltern wieder ins Lot zu bringen, hatte er zwei entwürdigende Telefongespräche führen müssen. Er war gezwungen gewesen, wie ein Novize zu erklären, was er getan hatte.
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