Schwarzbuch Wachtturmgesellschaft - der verborgene Januskopf (Will Cook und die Wachtturmgesellschaft) (German Edition)
untere nachrangige Ebene verweist.
Auf die Ebene eines „relativen“ Gehorsams, den der Zeuge nur dann und insoweit schuldet, als er nicht gegen „Gottes Gesetze“ verstößt. Und ob das so und wann das so ist, entscheidet die WTG für ihn.
Sie verlangt einen Gehorsam 204 , der gegenüber einem gottgläubigen Menschen nur dann legitimiert und gerechtfertigt werden könnte, wenn ihm eine tatsächliche, beweisbare und nachvollziehbare göttliche Führung zugrunde liegen würde. Aber genau dafür hat die Gesellschaft bis zum heutigen Tag jedoch keinerlei Beleg vorlegen können.
Um diesen Mangel abzudecken, greift die leitende Körperschaft gern auf rhetorische Kunstgriffe zurück. Sie stellt sich als neuzeitlichen Moses dar und vergleicht ihren Führungsanspruch mit dem des damaligen Führers des Volkes Israel. Und so wie Moses, der sein Volk dem biblischen Bericht zufolge erfolgreich aus der ägyptischen Sklaverei herausführen konnte, weil er unmittelbaren Rat von Gott erhielt, gibt auch die Wachtturmgesellschaft vor, dass sie über diesen göttlichen Zugang verfügt und ihr Volk, die mit ihr verbundenen Zeugen, in ähnlicher Weise durch die bevorstehende Drangsal der ganzen Welt leiten wird.
Die Organisation begründet diesen Führungsanspruch zumeist mit willkürlich ausgewählten, oft aus dem Kontext gerissenen Textstellen der Bibel und leitet daraus die bedingungslose Treueverpflichtung ihr selbst gegenüber ab.
„Da dem „treuen und verständigen Sklaven“ alle Güter des Meisters anvertraut worden sind, lasst uns mit dem richtigen geistigen Wahrnehmungsvermögen die Sache so ansehen, das, was immer der „treue Sklave“ tut, zu unserem Guten gereicht. Der Sklave erfüllt damit seine eigene Pflicht vor Jehova, indem er das Werk Jehovas tut. Daher ist der Wille des Sklaven der Wille Jehovas. Rebellion gegen den Sklaven ist Rebellion gegen Gott.“ 205
Der Wille des Sklaven als der Wille Gottes? Wieder kommt der schon unter Rutherford formulierte, allerdings nicht allzu offen vorgetragene Anspruch der Gesellschaft, selbst als Gott oder zumindest als gottgleich angesehen zu werden, zum Ausdruck.
Wie verträgt sich dieser Anspruch mit den Fehlern der Gesellschaft? Ist Gott der Allmächtige als geistiger Führer der Organisation über die Jahre gesehen durchgängig so fehlbar gewesen oder ist es nicht vielmehr so, dass die offenkundigen Schwächen der Wachtturmführung aus ihrem eigenen Ungehorsam gegenüber den biblischen Geboten resultieren?
Die WTG-Führung will ihren Führungsanspruch ungeachtet aller eigenen Fehler und Schwächen durchhalten. Sie besteht auf unbedingtem Gehorsam der mit ihr verbundenen Zeugen. Aber unbedingter Gehorsam aller mit der WTG verbundenen Zeugen bei gleichzeitigem Eingeständnis ihrer eigenen Unvollkommenheit – wie sollte das gehen?
Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, ihre Irrtümer nach eigenem Gutdünken zu korrigieren oder eben auch nicht. Kritisieren oder auch nur darauf aufmerksam machen lassen will sie sich keinesfalls. Ihre Zeugen sollen darauf warten, dass Jehova zu seiner Zeit die Dinge richtigstellt.
Soll also der allmächtige Gott wiederum die Verantwortung für das Falschhandeln und die Unterlassungen der WTG übernehmen? Werden selbst ihre offensichtlichen Irrtümer, wie beispielsweise ihre falsche Angabe zur ersten Zerstörung Jerusalems im Jahr 607 vor unserer Zeitrechnung, die von Historikern einvernehmlich auf das Jahr 586/587 datiert wird, nicht korrigiert, trifft die WTG dafür keine Verantwortung.
Jehova hat noch nicht gehandelt und die Zeugen müssen dieses Datum weiterhin widerspruchslos akzeptieren, wie alle daraus abgeleiteten Annahmen zu 1914 und anderen Menschen predigen, denen in den meisten Fällen diese Zusammenhänge nicht bewusst sind und die daher faktisch irregeführt werden.
Die WTG verfolgt einen Anspruch auf absolute Herrschaft bei gleichzeitigem Irrtumsvorbehalt. Und das Ganze ohne jede Machtkontrolle. Könnte man so etwas nicht auch Willkürherrschaft nennen?
Die janusköpfige Führung der Wachtturmgesellschaft hat sowohl eine Doppelbödigkeit zwischen den gesetzten Ansprüchen an die Mitverbundenen und dem eigenen Verhalten als auch eine Doppelstrategie im Umgang mit ihnen geschaffen. So verlangt sie von ihren Mitverbundenen etwas, was sie selbst nicht einzuhalten gedenkt. Irrtümer, Falschentscheidungen, Ungerechtigkeiten, Irreführungen und Fehlurteile der Führung hat es im Laufe ihrer Geschichte tatsächlich
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