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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Riesenhotels das zu trinken, was die Portugiesen Kaffee nennen. Sie willigte ein, als ich ihr erklärte, daß ich in diesem Hotel vor sehr langer Zeit den ehrsamen Beruf eines Kochs erlernt hatte und einen Freund besaß, der mir vielleicht ein paar Wege ebnen könnte bei der Suche nach dem, was Mister Choi Lam in den letzten Stunden seines Aufenthalts hier getan hatte, mit wem er zusammengewesen war. Nur daraus würde man Schlüsse auf ein etwaiges Tatmotiv ziehen können und vielleicht auf den Täter.
    Â»Lassen Sie sich Zeit«, erlaubte mir Mrs. Choi, nachdem ich einen Tisch an der Balustrade für sie ausgesucht hatte, von dem aus sie einen kaum bezahlbaren Blick auf die Küste hatte. Ich versprach, nicht länger wegzubleiben, als es nötig war, um meinen alten Freund Sung Loh, den Chefkoch des Hotels, aufzuspüren.
    Ich traf ihn, als er gerade einem Lehrling erklärte, weshalb man die Leber, die man brät, nicht vorher salzt, sondern erst nachher, und mir fiel ein, daß ich, der ich die wohlschmeckende Kunst ja auch einmal erlernt hatte, inzwischen etwa wieder so ahnungslos war wie dieser Lehrjunge.
    Â»Hallo Toko«, begrüßte mich mein Freund, und als ich gerade loslegen wollte über den armen Mister Choi Lam, schnitt er mir kurzerhand das Wort ab und nahm mich beim Arm: »Komm, die Leber darf nicht verkommen!«
    In einer Nische der riesigen Küche war sein Reich, das er durch einen Bambusvorhang gegen die aufdringlichen Blicke von außen abschirmen konnte. Genau das tat er jetzt, bevor er die Leber auftischte, europäisch gebraten, auch nicht vorher versehentlich gesalzen, eine Pracht von Mahlzeit, zusammen mit roten und grünen Gemüsen, glasigen Zwiebeln und ganz leicht angerösteten Kartoffelscheiben.
    Â»Du hättest den Jungen ja mal von diesem Stück Herrlichkeit kosten lassen können«, hielt ich ihm vor, während ich mit Messer und Gabel hanierte, wie sich das für einen Chinesen gehört, der das Wagnis eingeht, europäisch zu speisen.
    Sung Loh ließ genußvoll die Leber auf der Zunge hin und her rollen, dann brachte er es fertig, zwischendurch zu sagen: »Wenn du unbedingt soziale Gerechtigkeit üben willst, bring ihm die Hälfte von deinem Stück. Was führt dich ins Spielerparadies, Senhor?«
    Ich piekte ein paar Möhrenstücke mit der Gabel auf, die leuchteten wie die Nationalfahne des Mutterlandes. Dann fragte ich Sung Loh, ob er jemanden im Mandarin Oriental kenne, der zuverlässige Auskünfte geben könnte.
    Sung Loh brauchte nicht lange nachzudenken. Das Mandarin , ein noch größerer und modernerer Kasten als das Lisboa , lag nur ein paar hundert Meter weiter die Amizade hinauf, und selbstverständlich hatte Sung Loh da nicht nur einen Vertrauten.
    Â»Küche oder Hotel?«
    Â»Beides«, gab ich vorsichtig zurück. Noch tastete ich gewissermaßen wie ein Blinder mit dem Stock nach der Bordsteinkante. Sung Loh nickte.
    Â»Läßt sich machen. Nach der Leber rufe ich Hung an, der ist so was wie Hausdetektiv dort. Und Amy hat die Küche unter sich. Sie leisten sich da den Luxus einer weiblichen Küchenchefin! Der Gott der Langnasen allein weiß, was daran der besondere Dreh ist!«
    Â»Kann sie auch die Leber so machen wie du?« erkundigte ich mich, um ihm zu schmeicheln. Er liebte das, und ich würde seine Hilfe nötig haben, wenigstens bis ich den ersten Haken gefunden hatte, an dem ich mich höher ziehen konnte.
    Â»Sie kocht gut«, gab er sachlich zurück. »Aber sie ist unnahbar.«
    Â»Unverheiratet?«
    Â»Ja. Will auch nicht. Selbst gegen einen Test hat sie was. Schäkert statt dessen mit anderen Weibern herum. Die Sorte, du verstehn, Mister?«
    Er grinste. Als ich den Mund frei hatte, vertraute ich ihm an: »Bruder, jeder Mensch hat seine Zicken. Ich kenne Männer, die wollen auch bloß mit Männern ... Hauptsache, sie erinnert sich an diesen oder jenen Gast!«
    Er winkte souverän ab: »Keine Sorge, das Weibsbild könnte eine Zeitung sein, wenn es einen Apparat gäbe, sie zu so dünnen Blättern zu quetschen. Um wen geht es eigentlich?«
    Ich erzählte es ihm, und er zog die Augenbrauen hoch, als er hörte, daß es sich um jemanden aus Shanghai handelte, und daß die leibhaftige Witwe des Opfers auf der Terrasse saß und das Panorama bewunderte.
    Einen Augenblick lang schweifte Sung Loh ab und machte

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