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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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besonders hohe Meinung von ihr gebildet. Sie war im mittleren Alter und erstaunlich zufrieden mit sich selbst. So unaufrichtig höflich, wie er es mit Stewardessen assoziierte. In ihren Unterhaltungen mit den anderen Gästen hatte sie jedes Mal denselben Singsang-Tonfall zum Einsatz gebracht, als hätte sie es mit Kindern zu tun.
    »Ja«, sagte er. »Danke.«
    » Kein Problem.«
    Sie stellte die Kanne hin und räumte die alte ab.
    »Wir sind wohl zum Surfen da?«
    »Verzeihung?«
    Sie deutete mit dem Kopf auf seinen Laptop. »Ich glaube, man nennt es Silbersurfen. Schrecklicher Ausdruck, aber soviel ich weiß, hat die Stadtbibliothek im Moment großen Andrang.«
    »Ach so, ja.« Cartwright rang sich ein Lächeln ab und versuchte, nach dem Tattergreis zu klingen, für den sie ihn wohl hielt. Wenn sie von älteren Menschen so dachte, wollte er ihr Weltbild nicht durcheinanderbringen. »Kann mich nicht erinnern. Vielleicht hab ich es schon mal irgendwo gehört.«
    Sie erwiderte sein Lächeln. Er war eindeutig der bessere Schauspieler von ihnen beiden.
    Als sie an die Theke zurückgekehrt war, goss er sich eine frische Tasse Tee ein. Er schenkte sich ein, und die Energie verpuffte als Dampf und mit dem leisen Klirren des Deckels.
    Wärme stieg auf.
    Der Duft der Blätter.
    Alles war im Fluss.
    Doch als er die Kanne wieder abstellte, spürte er es wieder: einen stechenden Schmerz in der Seite, der eine Kettenreaktion quer durch den Bauch und die Brust nach sich zog. Es war unerträglich, doch er setzte alles daran, sich nichts anmerken zu lassen. Wer ihn beobachtete, sah nur einen alten Mann, der sich etwas zu trinken einschenkte. Niemand würde etwas von den Krebsgeschwüren ahnen, die in ihm wucherten, inzwischen zweifellos so viele, dass er schon halb voll davon war und sie ihm von innen an die Haut drückten wie üppig wachsende Blumen hinter Glas. Er roch geradezu die Pollen in seinem Schweiß.
    Cartwright trank einen Schluck Tee. Als er ihm die Kehle herunterrieselte, fühlte es sich wie ein heißer Schlauch an, und der Schmerz ließ langsam nach.
    Trotz des Unbehagens, das sie ihm bereiteten, nahm er seine Tumore als das, was sie waren: nur ein Stadium im Prozess seiner Verwandlung. Sein Körper veränderte sich. Neues Leben blühte in ihm auf. Es war eigentlich nichts Beängstigendes, dieser normale Vorgang des Sterbens. Es gab nur zwei Dinge, die ihm zu schaffen machten. Das Erste: was aus seiner Familie würde, wenn er nicht mehr war. Sie waren nicht so kompetent wie er. Sie verließen nur selten die Farm und waren daher nicht genügend mit der Außenwelt vertraut, um ohne ihn zurechtzukommen. Er wusste, dass er sie besser hätte vorbereiten sollen.
    Doch daran war jetzt nichts mehr zu ändern.
    Das Zweite, was er bedauerte, stand auf einem anderen Blatt.
    Auf der anderen Straßenseite öffnete sich die Tür zum Cottage. Cartwright trank seinen Tee und beobachtete interessiert die Frau, die herauskam. Sie war Mitte vierzig und sehr schön, mit einer üppigen braunen Mähne und einer schlanken Figur. Doch seit er sie vor einem Jahr das letzte Mal gesehen hatte, war sie beträchtlich gealtert. Inzwischen war sie ungesund dünn; durch ihr Kleid zeichneten sich ihre Hüftknochen ab. Auch ihr Gesicht war in Mitleidenschaft geraten, so dass sie viel älter aussah, als sie war.
    Am Ende wird alles gut, dachte er.
    Du wirst schon sehen.
    Sie sah es tatsächlich. Zumindest entdeckte sie den Brief, der vor ihrer Haustür lag. Er beobachtete, wie sie hinunterstarrte, sich dann danach bückte und ihn ein wenig zu hastig an sich nahm. Er wandte sich gerade rechtzeitig ab, bevor sie zum Café herüberschaute. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sie links und rechts die Straße absuchte, während zwischen ihnen Autos vorübersausten.
    Als er wieder einen Blick hinüber riskierte, war die Frau ins Haus zurückgegangen. Das war enttäuschend: Er hatte gehofft, ihr dabei zusehen zu können, wie sie den Umschlag öffnete. Sie sah so schrecklich traurig aus, und Cartwright machte Menschen gerne eine Freude. Er half ihnen gerne, etwas zu verstehen.
    Er wandte sich wieder dem Laptop zu, der offen auf dem Tisch vor ihm stand. Es war ein ramponiertes altes Ding, das die meisten Leute längst weggeschmissen und durch ein neues ersetzt hätten, doch für seine bescheidenen Zwecke reichte es allemal. Es war auch der einzige nützliche Gegenstand, den sie aus dem Debakel an der Brücke geborgen hatten – außerhalb ihrer Sichtweite, nachdem

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