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Schwarze Engel

Schwarze Engel

Titel: Schwarze Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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erinnern, den Wagen in diese Waschanlage gebracht zu haben?«
    »Wir waschen unsere Autos nicht selbst«, erklärte Sam Kincaid. »Und wir fahren damit auch nicht in die Waschanlage. Wenn ich einen Wagen gewaschen haben will, lasse ich ihn in einen unserer Betriebe bringen. Dann brauche ich nicht dafür zu bezahlen –«
    »Doch, ich erinnere mich«, unterbrach ihn seine Frau. »Das war ich. Ich war mit Stacey im Kino, im El Capitan. Wir parkten neben einer Baustelle – ein Gebäude, das ein neues Dach bekam. Als wir aus dem Kino kamen, war etwas auf dem Auto. Wie kleine Teerflecken, die der Wind daraufgeweht hatte. Es war ein weißer Wagen, und es fiel sehr stark auf. Als ich den Parkwächter bezahlte, fragte ich ihn nach einer Waschanlage. Er nannte mir eine.«
    Kincaid sah seine Frau an, als hätte sie gerade bei einer Wohltätigkeitsgala laut gerülpst.
    »Sie haben den Wagen also dort waschen lassen«, sagte Bosch.
    »Ja. Jetzt fällt es mir wieder ein.«
    Sie sah ihren Mann an und dann wieder Bosch.
    »Der Beleg ist vom zwölften Juni«, fuhr Bosch fort. »Wie lange nach Beginn der Schulferien Ihrer Tochter war das?«
    »Es war der erste Ferientag. So haben wir uns immer auf den Sommer eingestimmt. Wir gingen zusammen zum Mittagessen und dann ins Kino. Es war ein Film über diese zwei Männer, die eine Maus in ihrem Haus nicht finden können. Richtig nett … Die Maus hat sie alle an der Nase herumgeführt.«
    Ihr Blick ruhte auf der Erinnerung, und auf ihrer Tochter. Dann richtete er sich wieder auf Bosch.
    »Also keine Schule mehr«, sagte Bosch. »Könnte sie die Bücher am letzten Schultag im Volvo liegengelassen haben? Vielleicht auf dem Rücksitz?«
    Kate Kincaid nickte langsam.
    »Ja. Ich weiß noch, daß ich ihr irgendwann im Lauf des Sommers sagen mußte, sie solle die Bücher aus dem Auto holen. Sie rutschten beim Fahren immer herum. Stacey hat es aber nicht getan. Deshalb brachte ich die Bücher schließlich in ihr Zimmer.«
    Bosch beugte sich wieder vor und legte die andere Fotokopie vor sie hin.
    »Michael Harris arbeitete letzten Sommer bei Hollywood Wax and Shine. Das ist seine Stechkarte für die Woche, in der auch der zwölfte Juni liegt. Er hat an dem Tag, an dem Sie den Volvo dort waschen ließen, den ganzen Tag gearbeitet.«
    Sam Kincaid beugte sich wieder vor und betrachtete die Kopie.
    »Sie meinen, wir haben die ganze Zeit …« , begann Kincaid und verstummte. »Wollen Sie damit sagen, daß er – Harris – den Volvo innen ausgesaugt und bei dieser Gelegenheit das Buch meiner Stieftochter angefaßt hat? Um es beiseite zu legen oder so? Und dann brachte meine Frau das Buch in Staceys Zimmer. Und als sie entführt wurde …«
    »Fand die Polizei die Fingerabdrücke darauf«, sprach Bosch weiter. »Ja, das ist, was wir inzwischen denken.«
    »Warum kam das beim Prozeß nicht heraus? Warum –«
    »Weil es andere Beweise gab, die Harris mit dem Mord in Verbindung brachten«, sagte Edgar. »Das Mädchen – äh, Stacey – wurde keine zwei Blocks von Harris’ Wohnung gefunden. Das war ein zusätzliches belastendes Moment. Sein Anwalt hielt es taktisch für das beste, die Sache den Cops anzuhängen. Er wollte Zweifel an der Beweiskraft der Fingerabdrücke wecken, indem er Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Cops weckte. An der Wahrheit war er nicht interessiert.«
    »Genausowenig wie die Cops«, fuhr Bosch fort. »Sie hatten die Abdrücke, und als die Leiche in unmittelbarer Nähe von Harris’ Wohnung gefunden wurde, war der Fall für sie klar. Wie Sie sich sicher erinnern, war die ganze Sache von Anfang an emotional sehr stark aufgeladen. Das änderte sich an dem Punkt, an dem die Leiche gefunden wurde und alles auf Harris’ Täterschaft hindeutete. Aus der Suche nach einem kleinen Mädchen wurde plötzlich die Strafverfolgung eines bestimmten Verdächtigen. Zu einer Suche nach der Wahrheit kam es dazwischen allerdings nie.«
    Sam Kincaid schien aus allen Wolken zu fallen.
    »Die ganze Zeit«, sagte er. »Können Sie sich vorstellen, was für ein Haß sich in mir gegen diesen Mann aufgestaut hat? Dieser Haß, diese bodenlose, abgrundtiefe Verachtung, ist das einzige echte Gefühl, das ich in den letzten neun Monaten hatte …«
    »Das kann ich gut verstehen, Sir«, sagte Bosch. »Aber wir müssen noch einmal von vorne anfangen. Wir müssen den Fall neu aufrollen. Das war, was Howard Elias getan hat. Wir haben Grund zu der Annahme, daß er wußte, was ich Ihnen gerade gesagt habe.

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