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Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Titel: Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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»Warum?«
    »Wenn du das nächste Mal auf die Idee kommst, mich auszurauben, möchte ich, dass du ihn dir ansiehst und daran denkst … wie gut es mit uns lief.«
    Es hatte als halbherziger Versuch begonnen, witzig zu sein, aber dadurch wirkte das Ende nur umso pathetischer. Frey spürte, wie er rot wurde. Verdammt, warum fiel es ihm so leicht, Gefühle auszudrücken, die er nicht hatte, während die echten ihm die Zunge lähmten?
    Sie lachte nicht. Ihr Gesicht war ernst, und sie wirkte irgendwie zerbrechlich. »In Ordnung«, sagte sie leise. Sie streifte ihren Handschuh ab und hielt ihm die linke Hand hin.
    Er nahm sie behutsam. Behandelte sie, als ob sie aus Porzellan wäre. Ihre Haut war kalt und trocken. »Vielleicht finde ich dich wieder, wenn all das vorbei ist«, sagte er.
    »Das wäre vielleicht keine so gute Idee«, erwiderte sie.
    »Hat mich noch nie aufgehalten«, gab er zurück. Den starken Mann zu markieren, linderte seine Nervosität ein wenig.
    Er steckte ihr den Ring an den kleinen Finger. Ihre Finger waren dünner als seine, und er passte nicht.
    »Der ist aber ziemlich groß, Darian«, bemerkte sie sanft.
    Er probierte den nächsten Finger, und er glitt perfekt darüber und blieb dort.
    Ihr Blick zuckte nach oben, begegnete seinem und hielt ihn lange Zeit fest.

    In seinem Kopf war nichts. Eine leergefegte Wildnis der Gedanken. Da waren nur noch sie, die Flächen und Kurven ihres Gesichts, die Intelligenz hinter diesen Augen. Solange diese Augen auf ihm ruhten, würde alles so bleiben, wie es war, so schön wie Reif. Ihre Hand lag noch immer in seiner, doch nun war sie warm: vielleicht aufgetaut durch seine Berührung.
    Er wollte nur, dass sie niemals aufhörte, ihn anzusehen.
    Doch dann rückte sie von ihm ab und senkte den Blick. Sie entzog ihm ihre Hand und steckte sie wieder in den Handschuh. »Ich muss gehen«, sagte sie. »Adieu, Kapitän Frey. Wir sehen uns bei Ihrer Rückkehr.«
    Sie wandte sich von ihm ab und machte sich auf den Rückweg zur Ketty Jay, ohne ihm noch einmal in die Augen zu schauen. Er blickte auf die Hafenanlagen hinaus und lauschte dem Knirschen ihrer Stiefel im Schnee, bis er es nicht mehr hören konnte.
    Er lief ein paar langsam verstreichende Stunden herum, bevor er zur Ketty Jay zurückkehrte. Er wollte ihr Zeit geben: Zeit, sich zu verwandeln, Zeit zu gehen. Erst als sie in der Luft und auf dem Weg nach Tarlock Cove waren, merkte er, dass der hohle Schmerz, der sich den ganzen Monat lang nicht gerührt hatte, wieder da war.
     
    Pinn erwachte mit einem explosiven Schnarchlaut und stellte fest, dass alles schief war.
    Er brauchte mehrere Sekunden, um sich zu orientieren und herauszufinden, wie herum die Welt sein sollte. Der Geruch von Tabakrauch, Grog und Schweiß hing in der Luft. Ein verstimmtes Klavier plinkerte und schepperte im Hintergrund. Er hörte Gelächter, wütende Stimmen und Flüche.

    Er lag mit dem Gesicht auf dem Tresen, eine Hängebacke wie ein Kissen unter sich ausgebreitet. Sein Kinn war nass von Sabber und verschüttetem Bier.
    Als er den Kopf hob, kam ihm dieser schwerer vor als sonst. Er rollte hierhin und dorthin; sein Hals schien ihn nicht richtig tragen zu können. Er bekam ihn mit einiger Anstrengung unter Kontrolle und zwinkerte sich den Schlaf aus den Augen.
    »Sie sehen ein bisschen mitgenommen aus, Sir«, strahlte der Barmann, »wenn ich das sagen darf.«
    Durfte er nicht, aber Pinn fehlte die Energie, etwas dagegen zu unternehmen. Er gelangte zu dem Schluss, dass er stattdessen einen Drink brauchte. Er erinnerte sich undeutlich, dass er ein paar Münzen vor sich auf den Tresen gelegt hatte, um seine nächsten Drinks zu bezahlen. Seine letzten beiden Münzen auf der Welt. Bevor er in Ohnmacht gefallen war, hatte er sie noch verdrossen angestarrt. Jetzt waren sie weg. Er konnte sich nicht einmal erinnern, was er damit bezahlt hatte.
    »Geben Sie mir einen aus, mein Freund?«, nuschelte er eher hoffnungs- als erwartungsvoll.
    Der Barmann, ein hoch gewachsener Schnurrbartträger von enervierend munterer Wesensart, grinste nur noch breiter. »Nicht nötig, nicht nötig! Halten Sie mal einen Moment still.« Er beugte sich über den Tresen und pflückte die fehlenden Münzen von Pinns Gesicht. »Hier, bitte. Das sollte reichen! Ein Rum und ein Bier, nicht wahr?«
    »Genau«, sagte Pinn. Der Barmann beschäftigte sich mit den Drinks.
    Pinn wischte sich mit dem Ärmel die Lippen ab und schaute mit trübem Blick in den Spiegel hinter dem Tresen.

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