Schwarze Rosen
Schädel stammt von einem Kind? Er ist so klein.«
»Nein, Teresa. Er ist von einem Tier, einem Hund oder eher einer Katze, würde ich sagen.« Dann deutete er mit demKinn auf einen halb zugewucherten Pfad, der sich durch den Wald zog. »Gehen wir ein Stück da lang.«
Als sie die Überbleibsel der etruskischen Gräber erreichten, klingelte Ferraras Handy. Er sah auf das Display. Es war der Polizeipräsident.
»Ferrara!«, brüllte Adinolfi ihm ins Ohr und klang nicht froh.
»Ja?«
»In Rom ist man sehr besorgt wegen dieses neuen Verbrechens. Der Polizeichef tobt und verlangt sofortige Ergebnisse. Haben Sie gehört? Sofortige, Commissario!«
»Natürlich. Wir haben die Ermittlungen aufgenommen, ich bin noch vor Ort. Keine Sorge, wir werden keine Zeit verlieren.«
»Halten Sie mich über den Fortgang auf dem Laufenden. Wenn sich etwas von Belang ergibt, setzen Sie mich sofort in Kenntnis, damit ich den Chef informieren kann. Er möchte diesmal persönlich Bericht erstattet bekommen.«
»Leider wissen wir im Moment noch nichts. Sicher ist nur, dass die verkohlte Leiche weiblich ist«, sagte Ferrara.
»Das ist mir schon bekannt. Und sie war unbekleidet. Der Direktor der Gerichtsmedizin, Lassotti, hat mich vorhin angerufen. Ist Ihnen klar, was das bedeutet – die verkohlte Leiche einer nackten Frau in einer entwidmeten Kirche? Und wir wissen noch nicht einmal, um wen es sich handelt. Eine Drogensüchtige? Eine Prostituierte? Eine ehrbare Frau?«
»Ich werde Sie regelmäßig informieren«, sagte Ferrara, ohne darauf einzugehen. Er hatte es schon öfter mit nicht identifizierten Opfern zu tun gehabt, und in diesen Fällen hatten die Ermittlungen fast immer ins Prostituiertenmilieu oder zu illegalen Einwanderinnen geführt, die niemand vermisste. Auch diesmal wieder?
Er tröstete sich damit, dass ihm seine Vorgesetzten vielleicht nun endlich mal glauben würden. In der Vergangenheit waren seine Vermutungen über einen okkulten Hintergrund gewisser Delikte stets als haltlose Unterstellungen abgetan worden.
»Was ist, Chef?« Teresa war sein gedankenverlorener Ausdruck offenbar nicht entgangen. Mit der Hand am Pistolenknauf sah sie sich in alle Richtungen um.
»Nichts. Gehen wir zurück! Wir haben noch einen langen Tag vor uns, daran wirst du dich gewöhnen müssen.«
Sie lächelte ihn an, doch er bemerkte es gar nicht.
55
Die Spurensicherung war noch bei der Arbeit, wenn es auch nur noch ein paar letzte technische Verrichtungen zu erledigen gab.
Derweil hatten die Angestellten eines Bestattungsinstituts die Leiche in einen Sarg gelegt, um sie ins gerichtsmedizinische Institut zu bringen, und wurden gerade von Staatsanwalt Vinci instruiert.
Ferrara und Teresa Micalizi blieben in einiger Entfernung stehen und sahen zwei Experten zu, einem Mann und einer Frau, beide recht jung, die gerade Gips anrührten wie die Zahntechniker. Sie ließen Gipspulver in einen Behälter mit Wasser rieseln und rührten sorgfältig, bis die Mischung glatt war und die richtige Konsistenz hatte. Anschließend gossen sie den Brei akkurat in die markierten Fußabdrücke um die kleine Kirche herum. Die getrockneten Abgüsse wurden danach eingetütet, um mit ihrer Hilfe den Schuhtyp festzustellen und, wenn es Verdächtige gab, sie mit deren Schuhen zu vergleichen. Auch Vinci, der sich inzwischen zum Commissario und seiner Kollegin gesellt hatte, beobachtete den Vorgang. Er war in Trainingsanzug und Kapuzen-Sweatshirt und sah nicht nach Staatsanwalt aus.
»Heute kann ich schon wieder nicht in den Cascine laufen gehen«, beklagte er sich bei Ferrara. »Hoffentlich komme ich heute Nachmittag wenigstens zu meiner Tennispartie.« Mit ironischem Lächeln fügte er hinzu: »Seit Sie wieder da sind, Commissario, hat man keinen Augenblick mehr Ruhe.«
»Ich hatte heute auch eine Verabredung zu einem Ausflug, aber so ist unser Beruf nun einmal«, erwiderte Ferrara, dem dabei einfiel, dass er Massimo anrufen musste, um abzusagen. Sie würden eben an einem anderen Sonntag gemeinsam nach Forte dei Marmi fahren.
»Das war ein Scherz, Commissario. Manchmal muss man sich mit so was die Arbeit ein wenig erleichtern.«
Das nennt er einen Scherz? Ein schöner Scheißscherz, hätte Papa gesagt, dachte Teresa bei sich.
Vinci und Ferrara gingen zur Tatortbesprechung über und hielten sich dabei vor allem bei den Schmierereien an den Wänden auf, insbesondere bei der unmissverständlichen 666.
»Man muss herausfinden, ob in der Gegend satanistische
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