Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
Vom Netzwerk:
Reichtümer in dem Tresorraum stehen gelassen hatte. Himmel, gut möglich sogar, dass etwas darin war, das den Wert des Falken völlig in den Schatten stellte und von dem ich mir locker eine kleinere Karibikinsel leisten könnte.
    Ich ließ die Fingerknöchel knacken – zumindest die intakten – und kniete mich vor den Koffer. Die Zahlenschlösser waren so ziemlich das Beste, was der Markt hergab. Gute Qualität und ziemlich unnachgiebig, weshalb es schwierig war, den Widerstand zu spüren, wenn man die richtige Ziffer eingestellt hatte. Schwierig, aber nicht unmöglich, und ich war wild entschlossen, es zu schaffen. Es dauerte keine zwei Minuten, da hatte ich die Zahlenkombination für das linke Schloss heraus. Fünf Sekunden später hatte ich mit dem Daumen rechts dieselbe Kombination eingestellt. Schnell schaute ich mich um, ob neugierige Blicke mich verfolgten, sah kurz hinauf zu der penetranten Kameralinse, atmete hörbar aus und ließ die Schlösser aufschnappen.
    Der Deckel sprang auf. Ich klappte ihn ganz nach oben, und in dem Moment hörte ich es zweimal elektrisch piepsen, als hätte der Koffer gerade eine SMS empfangen. Dreck , dachte ich. Womöglich hatte Graziella die Wahrheit gesagt, und der Koffer hatte ihr gerade eine Warnmeldung geschickt. Tja, was soll’s, nun war es eh zu spät ...
    Worauf ich gespannt in den Koffer spähte und es kaum erwarten konnte, einen Blick auf die Kostbarkeiten zu erhaschen, die ich schon einen ganzen Tag lang durch Venedig schleppte. Es dauerte exakt drei Sekunden, bis mir klar wurde, was ich da vor mir hatte.
    Was ich deshalb so genau wusste, weil die Anzeige der Digitaluhr mitten in dem mit Noppenschaumstoff ausgekleideten Koffer mir das freundlicherweise präzise mitteilte. Die Uhr hatte auf 10 gestanden, und nun war sie bei 7 . Sie blinkte und piepste. Ach ja, und sie war mit zwei kittfarbenen Päckchen Spachtelmasse verkabelt.
    6, 5 ...
    Der Koffer qualmte und fing an zu zischen wie ein Fertiggericht, das man zu lange in der Mikrowelle gelassen hatte. Ich stand da und starrte es mit offenem Mund hilflos an und wartete wie ein Vollidiot darauf, dass mein Gehirn endlich die Botschaft meines sich umdrehenden Magens und meiner hektisch pochenden Schläfen kapierte und eine Nachricht mit den Buchstaben B O M B E an jene Körperteile sandte, die sich noch in der Lage sahen zu reagieren.
    4 ...
    Entsetzt schlug ich den Kofferdeckel zu und sprang auf.
    3 ...
    Ich packte den Koffer und schleuderte ihn mit aller Kraft wie ein Rugbyspieler in den Tresorraum.
    2 ...
    Ich schlug die Panzertür zu, drehte das Metallrad nach rechts und brachte mich mit einem Sprung in Deckung.
    1 ...
    Nur war da nichts zum In-Deckung-Gehen. Bloß der Teppich und der Stuhl.
    Ich drückte mich flach auf den Boden, zog den Kopf ein, schlang die Arme darum und machte mich für eine endlos lange Sekunde auf das Schlimmste gefasst.
    Und dann startete im Tresorraum ein Kampfjet.

Zwölf
     
    Man hat ja keine Ahnung, wie sehr man am Leben hängt, bis einem eine tonnenschwere Stahltür um die Ohren fliegt und den Kopf nur um Haaresbreite verfehlt. Ich spürte den Luftzug, als sie vorbeiflog, und drückte mich so platt auf den Boden, dass mein Bauchnabel vermutlich einen Abdruck auf den Bodendielen hinterlassen hat.
    Der Panzertür folgte ein Schwall heißer Luft, die mir den Nacken versengte und mich beinahe vom Boden aufgewirbelt und zu einem Häufchen an der Wand zusammengefegt hätte. Es hagelte Trümmerstücke – Gipsbrocken und Metall und winzig kleine Fitzelchen Schmuck und teurer Kunstwerke. Ein dichter, ätzender Nebel aus Rauch und Staub verdunkelte den Raum. Er legte sich wie ein Mantel über meinen ganzen Körper und verstopfte mir beim ersten Atemzug Hals und Lungen. Ich schnappte nach Luft und öffnete mühsam die Augen, dann schaute ich mich vorsichtig blinzelnd um. Ich war halb blind von dem ganzen Dreck und Qualm, und das Blinzeln machte es nicht unbedingt besser.
    Ich hatte keine Ahnung, wie schlimm die Detonation gewesen war. Mir war sie ziemlich heftig vorgekommen, aber ich schien keine lebensgefährlichen Verletzungen davongetragen zu haben, und soweit ich sagen konnte, war der Palazzo auch noch nicht wankend in Schieflage geraten und drohte wie ein havarierter Frachter in den Untiefen der Lagune zu versinken. Vermutlich hatte der Tresorraum die Explosion etwas eingedämmt. Wobei er selbst sicher vollkommen zerstört worden war.
    Ich drehte den Kopf und sah, dass die Stahlkammer nur

Weitere Kostenlose Bücher