Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
Vom Netzwerk:
heran, flüsterte es wieder, während sein Mund vor meinem schwebte, und seufzte. »Bitte.« Sein Atem strich heiß über meine Lippen, als könnte er mich beim Küssen verbrennen.
    Die Nähe seines Mundes bewirkte immerhin etwas: Ich dachte nicht mehr daran, ihm die Kehle rauszureißen. In dem Moment wurde mir klar, dass wir uns mit Sex oder mit Fleisch und Blut befriedigen konnten. Ein Hunger konnte in den anderen verwandelt werden, das wusste ich, doch bis zu diesem Moment, wo ich seine Lippen fast auf meinen schmeckte, hatte ich nicht begriffen, dass wir an einen Punkt kämen, wo die Befriedigung des einen oder des anderen Verlangens zwingend wurde. Obwohl ich etwas von Jean-Claudes Blutdurst in mir hatte, stillte ich ihn nie. Ich stillte auch Richards Hunger nach Fleisch nicht, obwohl der in mir vorhanden war. In mir waren so viele Gelüste, aber ich stillte keines außer der Ardeur. Die durfte ich befriedigen, und das tat ich auch. Doch in dem Augenblick, wo Nathaniel mich küsste, verstand ich, warum ich die Ardeur nicht besser beherrschen konnte. In dieses eine Verlangen flossen alle anderen ein: Jean-Claudes Faszination durch das Blut, das so dicht unter der Haut floss. Richards Hunger nach frischem, blutigem Fleisch. Ich hatte mir vorgemacht, ihre Gelüste nicht in mir zu tragen, zumindest nicht wirklich. Und doch war es so. Die Ardeur verschaffte mir eine Möglichkeit der Befriedigung, bei der ich keinem die Kehle ausreißen, mir nicht den Mund mit frischem Blut füllen musste.
    Nathaniel küsste mich. Er küsste mich, und ich ließ ihn, denn wenn ich mich zurückgezogen und es abgewehrt hätte, dann wären die anderen Gelüste zum Zuge gekommen, und am Ende läge er blutend und sterbend am Boden. Seine Lippen waren heiß an meiner Haut, doch ein Teil von mir wollte etwas Heißeres. Dieser Teil wusste, dass sein Blut wie eine heiße Flut in meinen Mund strömen würde.
    Plötzlich kam mir ein so plastisches Bild davon, dass ich erschrocken zurückfuhr, mich von dem warmen, festen Fleisch wegstieß.
    Ich fühlte, wie meine Zähne in Fleisch drangen, durch raues Haar, das mir erstickend am Gaumen klebte. Darunter spürte ich den Puls wie ein aufgeregtes Tier, das vor mir flüchten wollte, wie das Reh vor mir durch den Wald geflüchtet war. Das Reh konnte ich einholen, doch dieses süße, pochende Ding lag knapp außerhalb meiner Reichweite. Ich biss kräftiger hinein, scherte durch die Haut mit Zähnen, die dafür gemacht waren. Blut strömte mir in den Mund, heißes Blut, denn das Blut des Wildes rann wärmer als mein eigenes durch die Adern. Die Wärme half mir, es aufzuspüren, es zu erjagen. Die Wärme des Blutes zog mich an, hinterließ eine Fährte an jedem Blatt, jedem Grashalm, das es streifte, so üppig, dass sie mir das Wild verriet. Meine Zähne schlossen sich um die Kehle, rissen sie heraus. Das Blut spritzte über mich und das Laub, es klang wie Regen. Das Blut, das von der Jagd noch heiß war, schluckte ich als Erstes und dann das Fleisch, in dem noch ein Rest Leben zuckte. Es bewegte sich in meinem Schlund, als wehrte es sich gegen mein Schlucken, als kämpfte es auch jetzt noch ums Überleben.
    Als ich die Küche wieder wahrnahm, lag ich schreiend auf den Knien.
    Nathaniel wollte nach mir greifen, doch ich schlug seine Hände weg, weil ich mir selbst nicht traute. Ich schmeckte noch immer das Fleisch, das Blut, fühlte es durch Richards Schlund rinnen. Nicht aus Entsetzen schlug ich Nathaniel weg, sondern weil mir dieser Rausch gefiel. Weil ich darin schwelgte, wie das Blut auf mich herabregnete. Die Gegenwehr des Rehs hatte mich erregt, machte das Töten umso süßer. Immer wenn ich Richard berührt hatte, war da Zögern, Bedauern, Widerwille gegen sein Werwolfleben zu spüren gewesen, doch nicht jetzt in dieser Vision. Da war er der Wolf und hatte ein Reh gerissen, ihm das Leben genommen, ohne jedes Bedauern. Der Wolf hatte sich gesättigt, ohne dass der Mann in ihm dagegen aufbegehrte.
    Ich schottete mich gegen ihn ab, und da erst blickte er auf, hob die blutige Schnauze und schaute, als könnte er sehen, wie ich ihn beobachtete. Er leckte sich über die blutigen Lefzen, und das einzige Gefühl, das ich von ihm empfing, war Zufriedenheit. Das Fressen war gut, und es gab noch mehr, und er würde sich sattfressen.
    Offenbar konnte ich mich nicht von ihm losreißen, die Vision nicht beenden. Ich wollte nicht fühlen, wie er die Zähne in das Reh schlug. Ich wollte nicht beim nächsten Bissen

Weitere Kostenlose Bücher