Schwarzer Koks (German Edition)
gesagt?«
»Irgendeine Ahnung, wer da gesungen hat?«
»Wieso gesungen?«
»Also ich war das nicht, Mann«, sagte Elijah und verfiel in Patois. »Sind eben Yardies. Die bauen so Scheiß.«
»Tja, jetzt sind sie tot. Und das bist du auch, wenn du das verbockst.«
Amonite beendete die Verbindung. Elijah rieb sich die Schläfen. Es kam ihm gerade so vor, als dünste sein Kopf langsam in dem Riesentopf Kohl, für den seine verstorbene Mutter im ganzen Viertel bekannt war.
Patrice starrte ihn an. »Warum hast du das gesagt?«
»Mach dich locker, Mann.« Er versuchte sich an einem Zwinkern, hatte aber seine Probleme damit, die Bewegungen zu koordinieren. »Der Herr ist auf unserer Seite.«
»Was machen wir denn jetzt?«
»Wir holen die Jungs ab.« Elijah ließ das Mikrofon neben dem Funkgerät fallen. »Wir haben zu tun.«
Kapitel 27
Bogotá, Kolumbien
11. April 2011
»Aber handeln Sie da nicht einfach unverantwortlich?«, fragte Sylvia Lituni, die stark geschminkte Nachrichtensprecherin mit der Dauerwelle, den strahlend grünen Augen und dem passenden grünen Kostüm mit den wattierten Schultern im Stil der Achtziger-Jahre. Sie fixierte Lucia Carlisla mit Medusenblick; als sollte ihr Gegenüber zu Stein erstarren. Eine Fülle von Düften ging von ihr aus. Ein Kosmetiksalon hätte nicht besser duften können als das Studio von Caracol TV.
Lucia sah sich um; sie wäre lieber weiß Gott wo gewesen. Kameramann, Toningenieur, Nachrichtenchef – alle schienen den Atem anzuhalten.
»Plan Colombia«, begann sie, »ist ein Desaster. Die Begasung vernichtet die legalen wie die illegalen Feldfrüchte und sorgt für eine ökologische Katastrophe. Die Barrios quellen über vor arbeitslosen Bauern. Die Front 154 wird von Tag zu Tag stärker und massakriert mittlerweile ganze Dörfer. Aber weder Amerikaner noch Briten, von unserer eigenen Regierung ganz zu schweigen, machen Anstalten, ihre Strategie zu ändern. Ganz im Gegenteil. Ihre Rhetorik ist die von schießwütigen Haudraufs à la Rambo. Also ich nenne
das
unverantwortlich.«
»Aber wenn Sie Kokain legalisieren würden, würde es doch jeder nehmen«, sagte Sylvia. »Es käme zu einer nationalen Epidemie, die sich über die ganze Welt ausbreiten würde.«
»Ha! Die haben wir doch längst. Passen Sie auf, eine Legalisierung bedeutete das Ende unseres Bürgerkriegs. Kein Geld mehr für die Front, die Rebellen, die Kartelle.« Lucia legte eine dramatische Pause ein. »Oder den Staat, wenn wir schon dabei sind.«
Das Publikum im Studio schnappte hörbar nach Luft.
»Ich finde nicht, dass man die Front und den Staat in ein und denselben Topf werfen sollte.«
»Und genau da liegen Sie falsch.« Lucia lächelte, bis ihr klar wurde, dass sie zu selbstgefällig rüberkam. Sie griff nach einem Blatt Papier vor sich. »Ich habe hier einen Artikel der
New York Times
. In dem heißt es, und ich zitiere: ›Die Front 154 ist, laut einer hochrangigen Quelle in der kolumbianischen Regierung, durch implizites Einverständnis mit gewissen Elementen innerhalb der Behörden zu ihrer derzeitigen Macht gelangt‹.«
Sie nahm einen anderen Zettel zur Hand. »Und was ist damit? ›Die jüngste Politik des kolumbianischen Präsidenten des totalen Kriegs gegen die Front 154 wird von seinem eigenen Geheimdienst unterminiert.‹« Sie blickte auf. »Das stammt immerhin aus dem
Wall Street Journal
.« Sie lehnte sich in ihren Stuhl zurück. »Sehen wir es doch, wie es ist: Die Front 154 ist nicht einfach aus dem Nichts auf der Weltbühne erschienen. Unsere eigenen Nachforschungen in die Verbindungen zwischen der Agency for Security and Intelligence und der Front haben ergeben, dass–«
Sylvia schnitt Lucia mit einer Handbewegung das Wort ab. »Sir George Lloyd-Wanless«, sagte sie mit einer Geste auf den überaus elegant gekleideten Herrn auf ihrer anderen Seite, »als eben ernannter britischer Botschafter in unserem Land, wie sehen
Sie
das Vorgehen unserer Regierung gegen Drogen und bewaffnete Gruppen?«
Lucia stöhnte innerlich. Als wenn dieser britische Aristokrat mit seinem Plastikgesicht hier eine ehrliche Meinung vortragen würde. Sie warf Joanna, ihrer PR-Managerin, einen Blick zu. Die stand in einer Ecke des Fernsehstudios in ihrem adretten grauen Rock und der cremefarbenen Bluse, ein Klemmbrettchen vor der üppigen Brust. Wie so oft überschattete ihr hübsches kleines Gesicht eine gefurchte Stirn.
»So ganz neu bin ich nun auch wieder nicht«, sagte Sir George. »Ich nehme
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