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Schwarzer Neckar

Schwarzer Neckar

Titel: Schwarzer Neckar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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freien Tisch im nahen McDonalds gegenüber. Das Schnellrestaurant platzte aus allen Nähten. Am Nebentisch grölte eine Horde Kinder, die sich um die Spielzeuge in den Tüten stritten. Auch Handwerker, Schüler und ganze Familien waren auf die gleiche Idee gekommen und nahmen ihr Mittagessen dort ein. Treidler hatte sein Tablett mit dem Menu des Tages vollgeladen, während Melchior versuchte, die Balsamico-Soße möglichst gleichmäßig über dem Salat zu verteilen.
    »Wenn ich gewusst hätte, wohin Sie mich zum Essen schleppen, wäre mir der Hunger vergangen«, sagte sie.
    »Warum?«
    »Ich achte stets darauf, mich gesund zu ernähren.«
    »Dazu gehören Cheeseburger und Pommes bestimmt nicht, oder?«, erwiderte Treidler mit vollgestopften Backen.
    »Das«, Melchior machte eine abfällige Grimasse, »das ist Schrott, was Sie da in sich hineinstopfen. Nur minderwertige Kohlenhydrate und jede Menge Fett.«
    »Eigentlich habe ich mir das schon so gedacht.«
    »Was? Dass dieses Essen schlecht ist für Ihre Gesundheit?«
    »Nein.« Treidler schüttelte den Kopf. »Dass es vermutlich angenehmer ist, ohne Sie zum Essen zu gehen.«
    »Trotzdem sollten Sie mehr auf Ihre Ernährung achten«, gab sie ungerührt zurück.
    »Jetzt mal langsam, Frau Kollegin. Um neunzig Kilo am Leben zu erhalten, reicht dieser beschissene Salat mit winzigen Hähnchenstücken nun mal nicht aus.« Er stopfte sich den Rest seines Cheeseburgers auf einmal in den Mund und kaute betont genüsslich darauf herum.
    Melchior wandte sich dem Plastikbesteck zu, das in einer durchsichtigen Tüte steckte. Mit spitzen Fingern versuchte sie die Packung zu öffnen, was ihr erst einige Zeit später gelang. Schließlich stach sie die Gabel in die Plastikschüssel, als ob sie den Salat damit erdolchen wollte. Sie ergatterte eines der größeren Salatblätter, hielt es hoch und betrachtete es von allen Seiten. Mit jeder Drehung wirkte ihr Gesichtsausdruck unwilliger, bis sie die Gabel zurücksinken ließ und die Salatschüssel von sich wegschob.
    »Und? Keinen Hunger?«, fragte Treidler.
    »Auf das Zeugs hier? Bestimmt nicht. Wollen Sie vielleicht?«
    »Klar.« Er zog die Plastikschüssel zu sich und griff nach der Gabel, die noch im Salat steckte. Mit vier, fünf schnellen Bewegungen pickte er die Fleischstückchen heraus und stopfte sie auf einmal in den Mund. Er kaute und erklärte mit vollem Mund: »Ich habe mich wohl getäuscht. So schlecht schmeckt das nun auch wieder nicht. Vielleicht versuche ich das beim nächsten Mal.« Mit einem breiten Grinsen schob Treidler ihr die Plastikschüssel zurück.
    Melchior blickte ungläubig in die Salatschüssel. Kein einziges Stückchen Fleisch hatte Treidler zurückgelassen. Dafür fehlte weder eines der Salatblätter noch eine Tomate.
    »Ist ja gut, Melchior.« Treidler kaute weiter, während er sprach. »Wenn ich das nächste Mal mit Ihnen essen gehe …«, er machte eine kleine Pause, um zu schlucken, »… versuche ich mich zu benehmen. Ich verspreche es.« Er konnte sich ein spöttisches Lächeln nicht verkneifen, als er erneut in die Tüte mit den Pommes griff und eine Handvoll herauszog. »Allerdings nicht heute.«
    Nach der Rückfahrt machten sich die beiden Kommissare auf den Weg zur »Rumpelkammer«, wie Amstetter einen der Arbeitsräume der Kriminaltechnik gern bezeichnete. Immer wenn Treidler das überraschend kleine Zimmer betrat, wunderte er sich über die Unmengen von Apparaturen, die darin Platz fanden. An den Fenstern reihte sich ein Tisch an den anderen. Jeder schien für eine bestimmte Untersuchung reserviert zu sein. Meist lagerten darauf Schachteln, Zettel und Dutzende durchsichtiger Plastiktüten in allen Größen. Letztere oft mit undefinierbarem, ekelhaftem Inhalt, von dem er gar nicht wissen wollte, was es einmal gewesen sein könnte.
    Treidler hatte richtig vermutet. Auch Amstetter war soeben erst von seiner Mittagspause zurückgekehrt und gönnte sich noch einen Kaffee in der Pappbecher-Variante aus dem Automaten auf dem Flur. In seinem ehemals hellgrauen Arbeitskittel, der mittlerweile eine Reihe von Flecken in allen Formen und Farben aufwies, stand er vor einem der Tische. Im Gegensatz zu heute Morgen, als fast sein ganzer Kopf unter einer weißen Kapuze steckte, war jetzt sein jugendliches Gesicht vollständig zu sehen. Trotz seiner mehr als dreißig Lebensjahre zeigten sich keinerlei Falten. Lediglich wenn er nachdachte, durchzogen tiefe Furchen seine Stirn. Und das tat er offensichtlich, als

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